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Ä Die Naunhofer Nachrichten erscheinen jeden DienStag, Donnerstag und Sonnabend Nachmittag 5 Uhr mit dem Datum des nachfolgenden Tages. Schluß der Anzeigenannahme : Vormittags 11 Uhr am Tage des Erscheinens Nr. 26 Freitag, den 1. März 1901 12. Jahrgang. Bezugspreis r Frei in's HauS durch Austräger Mk. 1.20 vierteljährlich. Frei in s Haus durch die Post Mk. 1.30 vierteljährlich. Ankündigungen r Für Inserenten der Amtshauptmann schaft Grimma 10 Pfg. die vierge spaltene Zeile, für Auswärtige 12 Pfg. Bei Wiederholungen Rabatt. Verlag und Druck: Günz är Eule, Naunhof. Redaktion: Hugo Rösch, Nauuhof? Mit zwei Beiblättern: Illustriertes Sonntagsblatt und Laudwirtschaftliche Beilage. Letztere «lle 14 Tage. Naunhofer Nachrichten. Orts blatt für Albrechtshain, Ammelshain, Belgershain, Beucha, Borsdorf, Erdmannshain, Eicha, Fuchshain, Grotzsteinberg, Klinga, Köhra, Kleinsteinberg, Lindhardt, Ponchen, Staudnitz, Threna und Umgegend Heffenttiche Sitzung des Stadtgemeinderates zu Naunhof Freitag den 1. März irNU Tagesordnung befindet sich am Ratsbrett. Der Preis für die Diätengewiihrnng. In der Chemnitzer „Allgem. Ztg." lesen wir: Jetzt wird der Preis für Bewilligung von Diäten von der Regierungspreffe ge nannt. Der Bundesrat will durch die Konser vativen einen Antrag herbeigeführt wissen, der im Anschluß an die Diätengewährung eine Abänderung der Geschäftsord nung des Reichstages bezweckt. Es soll namentlich die bis jetzt auf 199 festgesetzte Beschlußfähigkeitszahl des Plenums erheblich herabgesetzt werden; außerdem sollen Bestimmungen in der Geschäftsordnung aus genommen werden, welche eine Obstruktion, wie sie bei der Beratung der lex Heinze ge übt wurde, für die Zukunft unmöglich machen. Und endlich soll geplant sein, diese Aender« ungen der Verfassung, bezw. Geschäftsordnung des Reichstages noch vor Beginn der Verhandlungen über die Kornzoll erhöhung durchzuführen! Man sieht hier ganz deutlich, wohin die Reise geht. Die angeblich vom Bundesrate geforderten Gegenkonzessionen gehen auf eine höchst bedenkliche Einschränkung eines der wichtigsten parlamentarischen Ver teidigungsmittel aus. Wir haben für die Anwendung der parlamentarischen Ob struktion nie geschwärmt, aber unter Um ständen kann sie höchst segensreich wirken, wie es im Vorjahre thatsächlich der Fall war. Wenn es sich bewahrheiten sollte, daß der Bundesrat wirklich vor den Tarifdebatten den Diätenantrag mit den vorerwähnten Gegen forderungen erledigen will, so läge darin eine eindringliche Warnung für Alle, denen die Rechte der Volksvertretung am Herzen liegen. In diesem Falle müßte nämlich der Verdacht sich regen, daß es mit der so lange geheim gehaltenen Tarifvorlage thatsächlich auf eine Ueberrumpelung des Reichstages abgesehen wäre. Es würde den Anschein ge winnen, als wolle man erst ein Obstruktions verbot und ein neues Vergewaltigungsmittel gegen die Minderheit in die Verfassung und Geschäftsordnung des Reichstages hinein lancieren und dann die Annahme der Vor lagen im Galopptempo herbeiführen. Besuch des Bruders des chinesischen Kaisers beim deutschen Gesandten. Dieser denkwürdige Besuch fand am 10. Januar statt, nachdem der Prinz Tschun sich vorher hatte anmelden lassen. Einer Schilder ung des,Berl. Lokalanzeiger" entnehmen wir: In einer nagelneuen, doch keineswegs be sonders prunkvollen chinesischen Maultierkarre war der Prinz am äußeren Thoreingang vor gefahren, besten Flügel sich sofort für ihn öffneten, während die Wache im inneren Ge« sandtschaftshof ins Gewehr trat und präsen tierte. Er trug ein einfaches dunkelblaues chinesisches Seidengewand, das, der kalten Jahreszeit entsprechend, mit Pelz gefüttert, am Halse einen schmalen, nach außen um geschlagenen Zobelkragen stehen ließ. Den Kopf bedeckte der allgemein gebräuchliche chinesische Amtshut mit dem kleinen goldenen Prinzenknopf, roten Schnürentroddeln auf dem Deckel und im Nackenteil befestigter Pfauen feder. Sonst hatte dcr Prinz keinen beson deren Schmuck, keine Ehrenkette rc. angelegt. Es ist das erste Mal, daß ein so naher Blutsverwandter des regierenden Kaisers einem Gesandten einen Besuch macht. Bis vor wenigen Monaten noch würde jeder chinesische Würdenträger ein derartiges Zugeständnis und Brechen mit den bisher rigoros gewahrten alten Traditionen für ein Ding absoluter Unmöglichkeit erklärt haben! Auf welche Beweggründe der Besuch zurückzuführen ist, vermag man nicht zu sagen. Prinz Tschun soll dazu ausersehen sein, als Leiter der Ent schuldigungskommission nach Berlin zu gehen. Er hat sich also wahrscheinlich dem hiesigen Vertreter des deutschen Reiches persönlich präsentieren wollen. Die Aehnlichkeit der äußeren Erscheinung des Prinzen in Gesichtszügen, Figur und Größte mit dem Kaiser Kwangsü, ist geradezu frappant, so verschieden die beiden Brüder in Temperament und Geist auch sein mögen. Und doch kann man sich recht gut denken, daß der durch körperliche Leiden und Ueber- reizungen aller Art zu frühem Siechtum ge langte Kaiser im Alter von 19 Jahren mit ebenso lebhaftem Jnb reffe und ebenso wiffens- durstigen Augen in die Welt geschaut hat, wie jetzt sein Bruder. Verschiedene Aeußer- ungen des Prinzen deuteten auch darauf hin, daß er sehr gern mehr von der ihm bisher gänzlich verschlossen gewesenen Welt kennen lernen möchte, mithin durchaus nicht ungern nach dem fernen Lande der fremden Teufel gehen würde. Tie Persönlichkeit Kaiser Wilhelms inter- ressierte den Prinzen auf das lebhafteste, zu mal er ein Bild oder eine Büste des Kaisers bisher noch nie zu Gesicht bekommen hatte. Desto genauer sah er sich dieselbe jetzt an, erhob sich auch jedesmal, sobald des Kaisers Name fiel, zum Zeichen tiefer Ehrerbietung, von seinem Sitze. Selbstverständlich fiel der Prinz bei seinem Kommen verschiedenen Amateur-Photographen zum Opfer ; doch misten wir noch nicht, wie die Bilder ausgefallen sind. England und Portugal. Nach den letzten Meldungen aus Lissabon, so schreiben die Leipz N. Nachr., unterliegt es wohl keinem Zweifel mehr, daß feste Ab machungenzwischen England ».Portugal be stehen, die nicht nur den portugiesischen Kolonialbesitz betreffen, sondern die ganze staats rechtliche Stellung Portugals festlegen. Por tugal hat eine „Allianz" mit England ge schloffen, wie sie der Schwache mit dem Starken schließt. Dieses Bündnis bedeutet das Ende der Selbständigkeit Portugals und ist nichts anderes, als das englische Protektorat über dieses Königreich und seine Kolonien. Das seestrategisch so günstig ge legene Land, welches im Falle eines Welt krieges als unschätzbare Basis der folgenreichsten Operationen dienen kann, ist also nur noch ein englischer Vasallenstaat. Nun werden die Engländer den Hafen von Lissabon und alle Kolonien als ihr Eigentum betrachten und nach Bedürfnis ausnutzen. In Portugal ist man mit dem Bündnis zufrieden, selbst die Radikalen sind es. In den letzten zehn Jahren ist ein Wandel vor sich gegangen, der eigentlich nicht überraschen kann. Die offene Vergewaltigung Portugals machte seiner Zeit großes Aufsehen, aber keine Macht sah sich veranlaßt, etwas für den Vergewaltigten zu thun. Nach diesen Erfahrungen am eigenen Leibe sah Portugal, wie Spanien von Amerika, die Burenrepubliken von England vergewaltigt werden konnten, ohne daß die anderen Groß mächte nur einen Finger rührten. Kein Wunder, daß Portugal sich England unter wirft, anstatt sich einfach zerquetschen zu lassen. So wird England, dank der Schwächlichkeit der Festlandspolitik, immer mächtiger. China. Aus Peking erhält der Berliner Lokal anzeiger folgenden Bericht über die Hin richtung der Verurteilten: Auf der selben Stelle, wo im Juli vergangenen Jahres dis Minister Tschifin und Hsutschengyn der Hinrichtung der fremdenfreundlichen Würden träger beiwohnten, fiel heute Nachmittag 3*/, Uhr ihr eigenes Haupt unter dem Richtschwert des Henkers. Zahlreiche Offiziere aller Trup penkontingente, hohe chinesische Würdenträger, sowie eine ungeheure Menschenmenge, die den Richtplatz umdrängte, wohnten der Hinrichtung bei. Als Vertreter des Grafen Waldersee fungierte Major Lauenstein, während die chinesische Regierung den jetzigen Justizminster als Delegierten entsandt hatte. Japanische Truppen eskortierten die beiden Delinquenten nach dem Richtplatz, wo ihnen das Todes urteil noch einmal vorgelesen wurde. Etwa zwanzig Schritte entfernt lagen zwei kleine Matten, davor stand der Scharfrichter. Tschifin wurde zuerst vorgeführt, und zwar von fünf Henkersknechten. Der in seinem Amtskleid stattlich aussehende, graubärtige alte Mann von hochgewachsener Figur war bereits ganz gebrochen. Er kniete sofort nieder, sein Hals wurde freigelegt, und eine Sekunde später rollte sein Haupt in den Sand. Hieraus be gab sich der Scharfrichter zur zweiten Matte, wohin Hsutschengyn gebracht worden war. Auch dieser hatte ein sehr vornehmes Aus sehen, schien aber auch schon halbtot zu sein, als er kam. Seine Augen waren geschloffen, und er machte den Eindruck, als ob er Opium genommen hätte, das ihm wahrscheinlich zu gesteckt worden war. Unmittelbar nach voll zogener Hinrichtung zog das Militär ab, während die Menge auf den Platz losstürmte. Die Henkersknechte nähten die Köpfe wieder an die Leiber an, die hierauf in bereitgestellte prachtvolle Särge gelegt und von den Ver wandten der Hingerichteten weggetragen wur den. Die Erecution hatte ersichtlich einen tiefen Eindruck sowohl auf die Mandarinen wie auf die versammelte Menge gemacht. Nach zuverlässigen Nachrichten aus S'ng- anfu, haben sich die Hauptschuldigen, nämlich die Prinzen Tu an und Tschuang, sowie Herzog Law und General Tungfuh- siang nach Ningsia, dreihundert englische Meilen nordwestlich von Singanfu und zehn Tagereisen jenseitsLantschuafu, geflüchtet. Daß diese Flucht mit Wissen und Hilfe des Hofes vorbereitet wurde, ist wohl ohne Zweifel, ein neuer Beweis, wie die bezopften Diplomaten den Gesandten ein Schnippchen nach dem andern schlagen. Südafrika. Vom südafrikanischen Kriegsschauplatz waren wieder einmal Schwindelnach richteneingetroffen: Botha sei umzingelt und frage nach den Bedingungen der Ueber- gabe; Dewets Armee sei zersplittert und flüchte in einzelnen Trupps; Stejn habe eine Ansprache gehalten und u. a. gesagt, die Leute müßten jetzt für sich selber sorgen und sehen, wie sie nach dem Oranje-Freistaat sich durchschlügen. Jetzt kommt die Wahrheit an den Tag: Aus Kapstadt wird unter dem 25. ds. gemeldet: Dewets Rückzug über den Oranjefluß wird dementirt. Dewet vollzog eine Schwenkung südwärts und marschirt längs der Eisenbahn auf Krankuil im Philipstown- Distrikt. Kommandant Hertzog marschirt vom Prieska-Bezirk her mit 1100 Mann eilends ostwärts und strebt die Vereinigung mit De« Wet an. Dewet hat also wieder einmal einen glänzenden Erfolg insofern zu verzeichnen gehabt, als er die ganzen großartigen An strengungen der britischen Kolonnen, ihn zu umzingeln, vollständig zu Schanden machte, und ganz nach seinem Belieben wieder die südlich Route einschlug. Es dürfte in seiner Absicht liegen, die Vereinigung mit dem Kom mandanten Hertzog, der in Eilmärschen mit 1100 Mann und 4000 Pferden von dem südlichen Prieska-Bezirke aus nach Osten vor rückt, doch noch durchzusetzen und dann weiter nach Süden oder Südwesten zu operiren, falls er nicht durch die mehr als zehnfache eng lische Uermacht wieder Norden, nach dem Frei staat, abgedrängt wird. Aus Pretoria wird berichtet: General Botha ist mit 2000 Mann dem verfolgenden General French in der Richtung auf Koma« tipoort entkommen. — Wenn ausdrücklich kon- statirt wird, daß Botha mit einer geschloffenen Truppenmacht von 2000 Mann entkommen ist, so ist über die englische Meldung von der .Auflösung" der Burenarmee natürlich kein Wort mehr zu verlieren. Es heißt dann weiter: Botha trennte nach mehreren glücklichen Gefechten durch über, legens taktische Manöver die gegen ihn oper- irenden englischen Korps und zwang dieselben dadurch zum schleunigen Rückzüge, der French jedochnicht gelang. Er blieb zwischen Bothas und Lukas Meyers Kommando ein« gekeilt. Aus Lourenco-Marques wird gemeldet: Das portugiesische Transportschiff „Benguella" fährt Montag nach Lissabon mit 623 Buren- flüchtlingen, die sich den Portugiesen bei Komatipoort im letzten September ergeben haben. Unter den Flüchtlingen befinden sich General Pienaar und die Kommandanten de Villiers und Kock. Alle sind ledig. Mit den verheiratheten Männern, Frauen und Kindern wird das Transportschiff „Zaire" ungefähr am 6. März abfohren. Es ist in teressant, daß auf diese Weise festgestellt wird, daß sich höchstens 1000 Buren auf portu giesisches Gebiet geflüchtet haben können. Englische Blätter sprachen von 10—15 000 Flüchtlingen. Rundschau. — Ein Privatbericht über das Befinden der Kaiserin Friedrich besagt, die Fürstin sei äußerlich kaum wieder zu erkennen. Die Körperfülle ist geschwunden, Wangen und Augen sind tief eingesunken und das Haupt haar schneeweiß. Die Patientin muß, wenn sie ihr Schmerzenslager verläßt, selbst im Krankenstuhle sorgsam gestützt werden, da der Kräfteverfall bereits einen ernsten Grad er reicht hat. Selbst bei relativem Wohlbe finden wird von ihrer Umgebung stündlich das Schlimmste befürchtet. — Die dem Ministerium nahestende Turiner „ Stampa" widmet der Erneuerung der Han delsverträge einen Leitartikel und schließt mit der Hoffnung, daß es den italienischen Unter händlern gelingen werde, durch die Drohung mit Repressalien und durch Konzessionen für