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„Daily Mail" redet sogar von 50000 Mann — zeitig zusammengebracht werden können? Die Thatsachen geben die Antwort au diese Frage. Im Oktober schon erbat sich Lord Roberts Verstärkungen, und die von der Regierung versprochenen berittenen Truppen sind erst im März, also fünf Monate später, abgereist. Rundschau. — Die Sächsischen Konservativen wollen den Versuch machen, nach und nach ein Stamm von wirklichen Arbeitern in die zweite säch- siche Kammer zu bringen. Selbstverständlich könne es sich hierbei nur um Arbeiter handeln, die sich nicht der internationalen Sozial demokratie zugeschrieben haben, sondern deren konigStreue Gesinnung über jeden Zweifel erhaben sei. — Die Ortsgruppe Leipzig des Handeils- vertragsverems faßte nach einem Vortrag des Sekretärs Dr. Kuntze einstimmig folgende Resolution: „Die Persammlung erhebt Protest gegen alle Bestrebungen, die geeignet sind, die Erneuerung der Handelsverträge zu er» schweren oder unmöglich zu machen. Die Versammlung erklärt, daß die Handelspolitik des letzten Jahrzehnts, die Deutschland zu großer wirtschaftlicher Blüte gebracht hat, unbedingt festzuhalten ist. Die Interessen weiter Volksschichten würden durch eine Er höhung der Lebensmittelzölle schwer betroffen, während nur ein Teil der Landwirtschaft deraus einen Gewinn zu gewärtigen hätte. Die Versammlung erwartet daher von den verbündeten Regierungen und der Vertretung deutschen Volkes, daß sie nicht in einseitiger Begünstigung des Großgrundbesitzes die nationale Arbeit schädigen/' — Die Einstellung der neuen Seekadetten und Schiffsjunge« ist beendet. Aufs neue hat sich gezeigt, daß die Marine den jähr lichen Bedarf mit Leichtigkeit decken kann. Von den Meldungen kann immer nur die Hälfte berücksichtigt werden. Zur Einstellung als Seekadett hatten sich 470 Bewerber ge meldet, von denen 210 eingestellt wurden. Für das höhere Marinebaufach fanden von 74 Anmeldungen 25 Berücksichtigung. An Schiffsjungen wurden 830 eingestellt. Das Gros der 1900 eingestellten Schiffsjungen istjetzt in der Schiffsjungendivision zu Friedrichs- ort vereinigt und wird bi« zum Herbst in fanteristisch ausgebildet. Dann treten die Jungen als Matrosen zu den Schiffen zurück — Die aus Anlaß der Bonner Kaiser tage getroffenen polizeilichen Maßregeln in Köln und Umgegend sind ganz unerhört. Eine ganze Anzahl Arbeiter stand unter ständiger Kontrolle eigens hierfür bestimmter Kriminal beamten. Letztere machten Besuche in Woh nungen und Arbeitsstätten der Arbeiter, wobei sie diese verpflichteten, Köln nicht zu verlaffen, bis der Kaiserbesuch zu Ende sei. Falls es sich nicht um Ausländer handelt, wären diese Polizeimaßregeln rechtswidrig. China. In Houtschou ereignete sich eine Pulver explosion. In einem verlassenen chinesischen Hause fanden vier Mann von der 5. Kompagnie des 3. ostasiatischen Infanterie - Regiments offene, mit Pulver gefüllte Gefäße. Um den Inhalt zu untersuchen, zündeten die Soldaten Streichhölzer an, worauf die Explosion er folgte. Getödtet wurde Johann Schubert aus Wegeleben, schwer verwundet Friedrich Beck aus Rodungen, die beiden anderen trugen leichtere Brandwunden davon. Die Engländer nahmen bei Koiping, zwischen Taku und Schanhaikwan, 16 Ge schütze und 67 Wagen mit Munition. Die Chinesen boten dem befehligenden indischen Eingeborenen-Offizier zwei Wagenladungen Silber für den Fall, daß er die Geschütz^ nicht nehme und seinen Vorgesetzten nichts davon sage. Südafrika. Die in der letzten Zeit häufig eingetretene Erscheinung, daß größere und kleinere Buren trupps, mit reichlichen Proviant- und Kriegs mitteln ausgerüstet, von den Engländern üb erru mpelt werden oder sich sonst ergeben, wiederholt sich in einer Weise, daß man daraus doch bei zahlreichen Elementen der Buren auf eine große Unlust zu weiterem Wider stande schließen darf. So wurden von Leut nant Reis und 20 Waldläufern südwestlich von Commusiedrift am Elefantenfluß Komman dant Schröder mit 41 Mann und einem Maximgeschütz gefangen genommen. Außerdem erbeuteten die Engländer eine große Anzahl Pferde und Maulesel und eine große Menge Munition. Sie hatten die Buren bei Tages anbruch umzingelt und heftiges Gewehrfeuer aus nächster Nähe auf sie abgegeben, sodaß jene gezwungen waren sich zu ergeben. Nach einem Telegramm aus Pretoria sollen Kitcheners Oberationen die Buren- truppcn im nordöstlichen Transvaal zersprengt haben. Es wird jedoch hinzu gefügt, daß die Gesammtstärke der noch kämpfenden Buren 12000 Mann beträgt. Der Feind entwickelt wieder lebhafte Thätig- keit im Oranje-Freistaat an der Hauptbahn linie bei Kroonstad. Tie Buren brachten zwei Züge bei Springfontein zum Entgleisen, und ca. fünfzig Buren überschritten die Bahn bei Standerton. 15 Meilen von Kronstad nahmen sie 25 Mann von der Prinz von Wales-Infanterie gefangen und setzten sie päter wieder in Freiheit. Zahlreiche Buren besetzten das Tiefland zwischen Machadodorp und der portugiesischen Grenze im Osten Transvaals, und starke Abteilungen halten )ie Hügel um den Goldwin-Flutz besetzt. Der Bahnverkehr nach Lourcnco Marques wurhe gestört. Dewet's Gefolge im Oranje-Fre»- taat verbleibt zerstreut und giedt den Pferden Rast, um sich zu erholen. Gerüchtweise verlautet, was schon längst vermutet wurde, daß nämlich die Heimreise )es Generals French nicht aus Gesund- jeitSrückfichten erfolgt sei, sondern die Aus- ührung eines den Buren geleisteten Eides st, welchen er ablegen mußte, nachdem er )en Buren in die Hände gefallen war. Der Vorfall soll sich vor drei Wochen zugetragen haben. Nach French verschwindet ein anderer, einst vielgefeierter „Held" aus Südafrika: GeneralmajorBaden-Powell kehrt nach England zurück, da er das Kommando der mit großem Tam-Tam angekündigten Polizei truppe in Südafrika niedergelegt hat. Wahr scheinlich ist er, ebenso wie seine Kameraden Buller und French, von den Buren gefangen genommeü und nur unter der Bedingung freigelaffen worden, daß er sich sofort nach Hause verfügt. Die Kitchener-Schützen unter Oberst Grenfil überfielen Vanrensburgs Lager bei Klip- dam, nördlich von Pietersburg. Sieben Buren wurden getödet und 37 gefangen genommen Außerdem wurden 8000 Pakete mit Munition, sämmtliche Wagen, Karren, Ochsen, Pferde und Maullhiere erbeutet. Von eineranderen Truppen- abteilung wird gemeldet, daß 3 Buren ge tödtet und 58 gefangen genommen worden seien. 57 hätten sich freiwillig ergeben. Auch ein Schnellfeuergeschütz sei erbeutet worden. Das „Reut. Bür." meldet aus Capstadt: In den letzten 48 Stunden sind 16 Personen an der Pest erkrankt; darunter sind 8 Europäer. Im ganzen sind bis jetzt 519 Pestsälle vor gekommen, davon 217 mit tödlltchem Ausgang. Aus Stadt und Laud. Naunhof, 30. April. 1901. -ß Als Nachfeier des Geburtstages Sr. Maj. des Königs veranstaltete der hiesige Königl. Sächs. Militär-Verein Kameradschaft am vorigen Sonntag einen Ball. Bereits Nachmittags durchhallten Militärmärsche unsere Straßen, da der Verein seine Fahne aus der Wohnung ^>es Vorstehers nach dem Vereins lokal überführte, wobei die vom Verein neu- gegründete Gewehrabteilung zum ersten Male ar Aktivität trat. Hierbei wurden auch den Herren Fabrikbesitzer Wagner, als den Spendern der Gewehre, Ovationen dargebracht. Abends rillte sich der schön geschmückte Saal im „Stern" mit den Mitgliedern, deren Angehörigen und vielen Gästen, unter denen man auch die Vertreter der Stadt und andere Gönner des Vereins bemerkte. Der Vorsitzende des Vereins hielt eine .warmempfundene Ansprache, in welcher er unseres geliebten Königs gedachte und die in einem dreifachen Hoch für Se. Majestät ausklang, welches brausend durch den Saal hallte. Noch lange hielt der Danz die Mitglieder und Gäste zusammen. -st Die festliche Begrüßung des ersten H Uhr-Zuges, der hier eintrifft, dürfte um- änglicher werden, als man ursprünglich an nehmen könnte. An der Vorbesprechung im Ratskeller am Sonntag nahmen einige vierzig Herren teil, auch ist bereits, ohne jede Be mühung, eine ganz ansehnliche Summe ge zeichnet worden. In das Komitee wurden gewählt die Herren Bürgermeister Igel als Vertreter der Stadt, Buchdruckereibes. Günz (Gewerbeverein), vr. msä. Wolf (Ver schönerungsverein) und Bankdirektor Voigt, welch' letzterem überhaupt die Anregung zu dem ganzen Plan und die Sammlung von Geldbeiträgen zu danken ist, als Repräsentant der „Leipziger", die die Großstadt mit unserem freundlichen Villenstädtchen vertauscht -aben und hier seßhaft geworden sind. In der Hauptsache wurde beichloffen, den ein- ährenden Zug am Bahnhofe durch Rede, Musik und Böllerschüsse feierlich zu begrüßen und dann in geschloffener Reihe, unter Vor antritt der Musik, nach dem Ratskeller zu marschieren, wo ein Kommers mit Damen stattfindet. (Siehe Inserat). Die Einwohner schäft wird gebeten, durch Flaggenschmuck dazu beizutragen, daß unser Städtchen ein recht festliches Aussehen erhält. Zur Teilnahme am Zuge wie zu dem Kommers ist Jeder mann berechtigt. Ein Eintrittsgeld bei letzteren wird nicht erhoben, dagegen ist es wünschenwert, daß möglichst jeder Teilnehmer sich eins der Liederbücher kauft (20 Pfg.), die am Eingänge angeboten werden. Der Abend, an dem möglicherweise auch Ausflügler aus Leipzig teilnehmen, dürfte jedenfalls sehr animiert werden und den Charakter eines zwangslosen Volksfestes tragen, bei dem sich jeder wohl fühlt. Allgemeine Beteiligung ist deshalb erwünscht und zu empfehlen. f Die Witterungsaussichten für den Monat Mai stellen sich nach Falb wie folgt: Vom 1. bis 6. bedeutende Niederschläge bei anfangs hoher, später sinkender Temperatur, vom 7. bis 11. spärliche Niederschläge, vom 12. bis 17. vereinzelte Gewitter und Schnee fälle, vom 18. bis 25. Gewitter und Regen, der vom 26. bis 31. noch zunimmt. Der 3. Mat ist ein kritischer Tag III. Ordnung, verstärkt durch eine Mondfinsternis, der 18. aber ein kritischer, durch eine Sonnenfinsternis verstärkter Termin I. Ordnung. -st Der neue Fahrplan ist am Ende des radaktionellen Teils dieser Nummer abgedruckt. Wir machen alle Leser auf die Aenderungen in demselben gegenüber den bisherigen An- kunfts- und Abfahrzeiten aufmerksam. 1- Die Staatseisenbahnverwaltung wird auch zum diesjährigen Pfingstfeste keine billigen Sonderzüge einlegen. Ter Grund liegt darin, daß der Personenverkehr, der zu Pfingsten immer einen außergewöhnlichen Um fang annimmt, durch solche billige Züge nicht noch künstlich gesteigert werden soll. -st Vom 6. bis 8. Juni findet in Berlin ein JnternationalerFeuerwehr-Kongreß statt; an demselben können teilnehmen Mitglieder von Feuerwehren aller Nationen, sowie sonstige Interessenten des Feuerschutz- uno Rettungs wesens. Die dem Deutschen Reiche ange hörenden Kongreßteilnehmer zahlen einen Bei trag von 10 Mk. zu den Generalkoften des Kongresses und erhalten dafür das Kongreß- Protokoll, sowie ein Legitimationszeichen, das zum Zutritt zu allen Veranstaltungen und auch M Ausstellung berechtigt. Mit den in Frage ommenden Eisenbahn-Direktionen sind Ver handlungen wegen Ermäßigung der Fahr preise angebahut. Dresden. Die Stadtverordneten von Dresden haben bekanntlich, wie schon mitge- eiit, mit 31 gegen 23 Stimmen beschlossen, 'eine Schleppe in den Straßen mehr ^u dulden. Der Antragsteller St.-V. Plötner »ezeichnete die Schleppe als Tuberkulosen- Maschine. St.-V. Heinze I wies darauf hin, )aS Dresden Fremdenstadt ist, und daß durch olche Bestimmungen, wie ein Schleppenverbot, )ie Stadt lächerlich gemacht werde. In mehr humoristischer Weise begründete Dr. Pilling, daß er für den Antrag Plötner sei. Der Kern der Sache sei der, daß durch das Schleppentragen Bakterien in die Wohnungen 'ommen und dort Schaden anrichten können. St.-V. Heßler bat, den Antrag, dessen Un- Ht« sdkss Irart-nyerz. Roman von ViktorRheinberg. 33 Lady Clark stieß einen Schrei aus, denn die Rose», die das junge Mädchen in Händen gehalten hatte, sielen plötzlich znr Erde, während Emilie totenbleich, mit weit aufgerisseuen Augei,, das Bild förmlich zu verschlingen schien. Im nächsten Moment schon lag da» Mädchen starr und leblos zu den Fußen der stol zen Frau. „Um Gotte» willen, sie ist ohnmächtig!" rief die Gräfin be stürzt. „Soll ich um Hilfe rufen?" fragte der anwesende Graf; doch die am Boden liegende Gestalt regte sich bereits und als die Gräfin sich niederbeugte, tönte es von den bleichen Lippen: „Ich bin nicht ohnmächtig; ein heftiger Schwindel hat mich nur erfaßt, ich bitte tausendmal um Entschuldigung, eS thut mir sehr, sehr leid!" Der Graf aber war eS, welcherste emporrichtete. „Sie können nichts dafür, ich sehe es ein," sprach die Gräfin mit merklicher Kälte „doch; ich habe einen unüberwindlichen Ab scheu vor Kranken!" „Aber ich bin nicht krank!" entgegnete da» Mädchen sanft. „Vielleicht hat die Hitze sie angegriffen, oder der Blumen- bnft," wandte Lord Clark ein. Emilie blickte mit thränenvollen Angen zu ihm empor; sie sehnte sich danach ihm sagen zu können, daß diese dunklen Augen- sterne, welche ihren ganzen Himmel anSmachten, es waren, die sie jeder Kraft beraubt; wenn schon der Anblick seines Bildes sie so tief bewegte, was dann, wenn er selbst eines Tages vor ihr stehen würde? Jetzt aber war nicht der geeignete Zeitpunkt, diese Frage zu erörtern. Der Graf hatte geläutet und eine Dienerin hob die Rosen vom Boden auf, während Lady Clark nicht ohne Gereiztheit sprach: „Wenn Sie sich gänzlich erholt haben, Fräulein, so wird es mich interessieren, Ihre Ansicht über dieses Bild zu verneh men !" Emilie mühte sich, die gewohnte Fassung wieder zu erlan gen und sprach nach einer Panse ohne sichtliche Anstrengung: «Ich glaube, wenn t» dort an jen^r Wand seinen Platz fände, so würden die Sonnenstrahlen es richtig belenchte», ohne es zu schädigen nnö man befolgte den Nat des jungen Mädchens. Nachdem Emile Mitchell das Gemach verlassen, sprach die Gräfin mit umwölkter Stirne zu ihrem Gemahl: „Ich hoffe, daß, nachdem ich mich so sehr an das Mädchen gewöhnt, eS mich nicht enttäuschen werde; Kranke sind mir verhaßt!" „Keine Gefahr, eö ist nur ein momentanes Unwohlsein ge wesen, die Sonnenstrahlen brannten sengend und sie war den selben lange Zeit ausgesetzt!" Es fiel beiden nicht im entferntesten ein, das plötzliche Uu- Wohlsein EmilieS mit dem Bildnisse ihres Sohnes in Zusam menhang zu bringen. Was hätten sie wohl gesagt, wenn sie die Wahrheit anch nur im entferntesten geahnt? * * * Lady Clark las einen Brief, der ihr offenbare Befriedigung zu gewähren schien, dann legte sie denselben auf den Tisch und ihre beiden Lieblinge Castor und Pollux begannen mit dem Blatte ihr Spiet zu treiben. „Meine Tochter Cäcilie kehrt im Laufe dieser Woche zu rück," sprach die Gräfin, an Emilie gewendet; „ich sreue mich dessen; sie wird die Sorge nm meine Hunde Ihnen zum Teil abnehmen, wodurch uus mehr Zeit erübrigt für die Lektüre; doch, was ist Ihnen, Fräulein Michell, Ihre Hände zittern; wie kann die Rückkehr meiner Tochter sie im geringsten bewe gen? So gern» ich Sie habe, sind Sie mir doch zeitweise un verständlich!" In stnnnner, flehender Bitte richten die schöne,» Auge»» Emi lies auf der Gräfin; was hätte sie nicht darin»» gegeben, sagen zu dürfen: „Lady Cäcilie ist die Schwester meines Gatten, des halb wünsche ich so sehr ihre Liebe zn erringen," wußte sie doch, von welch' wesentlichem Belang die Neigung oder Abneigung gerade Cäcilies sein könne, da sie sich eines gewissen EinflnsseS auf die Gräfin ersrente. Der Tag der Ankunft brach an; Emilie las der Gräfin eben einen französischen Roman vor, als sie Wagengerassel aus dein Kiesweg vernahm, der zn den» Schlosse sührte. Mit den, ihr angeborenen Zartsin»» erhob sie sich svsort, dein» sie wollte das erste Wiedersehen zwischen Mutter und Tochter nicht stören. „Wo gehen Sie hin?" forschte die Gräfin empvrbtickend. „Ich dachte, Frau Gräfin würden eS vorzieh en, Lady Läci- lie allein zn empfangen." „Liebes Fräulein, bitte, gewöhnen Sie sich selbständiges Den ken ganz ab; Lady Cäcilie würde eS sich nicht einfalleu lassen, in »nein Zimmer zu stürzen, bevor sie die Reisetvilette nicht ge gen eine andere vertauscht." „DaS habe ich allerdings nicht bedacht," entgegnete Emilie denüitig. „Meine Tochter wird erst erscheinen, wenn sie sich nmgeklei- det, doch selbst dann branchen Sie nns nicht zn verlassen; wün schen wir allein zn sein, so werde ich nicht ermangeln, Ihne»» davon Mitteilung zu machen." Emilie konnte nicht anders, sie »nnßt« in aller Ruhe das Bnch anfnehmen, doch während sie mechanisch rveiterlaS, konnte sie nicht nmhin, sich darüber zu wundern, welch' sonderbares Be» hältuis hier zwischen Mutter uud Tochter zu herrschen schien, und nameuloses Bangen überkam sie; wenn die Gräfin der eige ne»» Tochter gegenüber die strenggezogenen Grenzen höfischer Etikette nicht zu durchbreche»» im stände war, wie mußten da erst die Anforderungen sein, die sie cm eine Schwiegertochter stelle» würde.. und nnn gar an eine ungeliebte Schwiegertochter. Eine Stnnde später vernahm man das Ranscheu eines seide« neu Gewandes, dem leises Pochen an der Thür solgte. „Herein!" rief die Gräfin in ihrer gewöhnlichen Ruhe, und die hohe, im posante Gestalt Lady Cäcilies trat in den Rahmen der Thür; sie eilte aus ihre Mutter zu und küßte ehrfurchtsvoll deren Hand. „Du siehst blühend aus, Cäcilie!" „Ich bin wohl, Mama, ich danke Dir." „Dies ist Fräulein Mitchell, meine Gesellschafterin; ich habe Dir bereits von ihr geschrieben." Emilie errötete, während die Angen der jungen Dame prü fend auf ihr ruhten und ein sympathisches Lächeln nm deren Lippen spielte. Bon nun an war Emilie nicht mehr die einzige Gefährtin der Gräfin; sie plauderten nun oftmals zusammen, Mntter und Tochter, von den Ereignissen des TageS, von bei» verschiedenen Bekannten, doch ein wärmeres Gespräch, das tief innerste Gedanken und Empfmdungen berührte, kam niemals in Gang; eines Tage» geschah eine» entfernten Verwandten des Grase»» Erwähnung, den Cäcilie in London getroffen. 86,»0