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Naunhofer Nachrichten Ortsblatt für Albrechtshain, Ammelshain, Belgershain, Beucha, Borsdorf, Erdmannshain, Eicha, Fuchshain, GroWeinberg, Klinga, Köhra, Kleinsteinberg, Lindhardt, Pomszen, Staudnitz, Threna und Umgegend. Mit zwei Beiblättern: Illustriertes Sonntags-latt und Landwirtschaftliche Beilage. Letztere «lle 14 Lage. Ankündigungen r Für Inserenten der Amtshauptmann- schast Grimma 10 Pfg. die vierge spaltene Zeile, für Auswärtige 12 Pfg. Bei Wiederholungen Rabatt. Verlag und Druck: Günz är Eule, Naunhof. Redaktion: Hugo Röfch, Naunhof. Bezugspreis t Frei in's Haus durch Austräger Mk. 1.20 vierteljährlich. Frei in's Haus durch die Post Mk. 1.30 vierteljährlich. Die Naunhofer Nachrichten erscheinen jeden Dienstag, Donnerstag und Sonnabend Nachmittag 5 Uhr mit dem Datum des nachfolgenden Tages. Schluß der Anzeigenannahme . Vormittags 11 Uhr am Tage des Erscheinens Nr. 10. Mittwoch, den 23. Januar 1901. 12. Jahrgang. Sparkasse Aaunhof. Expeditionszeit im Januar Montag, Dienstag und Donnerstag Vorm. 9—12, Nachm. 2—5 Uhr. Stadt. Aeamtenschut'e zu Nerchau. Anmeldungen für das am 15. April 1901 beginnende neue Schuljahr nehmen die Unterzeichneten entgegen. Das Institut ist eine für die Laufbahn eines Bureaubeamten in 2 jährigem Kursus vorbereitende Erziehungsanstalt. Prospekte zu Diensten. Das Bürgermeisteramt: Die Direktion: Kaulisch. v r. m. Hoppe. Die Krönungsfeier in Berlin. Die Feier des 200 jährigen Bestehens des Königreichs Preußen ist als ein aus schließlich höfisch-militärisches Fest in Berlin geplant und begangen worden. Au» '.diesem Grunde hatte sie auch für Nichtpreußen - und für das deutsche Volk in seiner Gesamtheit kein Interesse, und wir haben infolgedessen in unserem kleinen Lokalblatte keine Notiz davon genommen. Jetzt, nachdem sie vorbei ist und die Blätter seitengroße Berichte der Berliner Hoffestlichkeiten gebracht haben, werden Betrachtungen angestellt über die Frage: Wo blieb bei diesen Festlichkeiten das Volk? So schreibt u. a. die ganz gemäßigt liberale „Saalezeitung": Armee und Marine sind in hohem Maße geehrt worden, und immer war eö der eine Grundton, der diese Erlasse durch wehte, daß vor allem der Armee das Ver dienst an der Größe Preußen« zugemessen wurde, daß sich der König vor allem mit der Armee verbunden fühlt. Von dem Volke war so wenig die Rede, daß man sich fast ver sucht fühlen könnte zu der Annahme, als sei das Preußenjubiläum überhaupt nur als militärische Feier gedacht worden .... Es ist kein Wort des Dankes für das Volk gefallen, keine Anerkennung, kein Gnadenbeweis, wie er wohl allgemein erwartet wurde in der Ge stalt einer Amnestie, von der vor einigen Wochen verschiedentlich die Rede war. Viele, viele hundert Hoffnungen sind herbe enttäuscht worden; mancher Bedauernswerte, der weniger aus eigenem Verschulden als durch die Macht der Verhältnisse getrieben, um seine Freiheit kam, harrte vergebens, daß sich ihm die Thore de« Gefängnisses öffneten, manche Familie hoffte umsonst, den Ernährer zurückzuerhalten. Titel und Würden/Orden und Ehrenzeichen wurden in großen Mengen verteilt, — dem Volke war nichts beschicken, an das Volk dachte man nicht. Im Volke wird man eS nicht verstehen, diese Zurücksetzung hinter alles, was Uniformen und Orden trägt, und man wird sich die Frage vorlegen: „Hat denn das preußische Volk so gar nichts gethan zum Aufschwungs Preußens? Die Antwort hier auf aber wird anders ausfallen, als es an scheinend in Berlin der Fall gewesen ist; doch man ist bet uns ja an so manches gewöhnt worden und wird auch dieses neuerliche Ver gessen überwinden. Sachsens Staatsschulden. Tos Sächsische Finanzministerium hat dem Konsortium, welches in diesem Monat be gebenen 60 Millionen Mark 3proz. Rente büernommen hat und welches hiervon 40 Millionen Mark den 22. ds., zur Zeichnung auferlegt, die Zusage erteilt, daß weitere Säch sische Staatsanleihen bis zum 31. Ocktober er. nur im Einverständnis mit dem Konsor tium an den Markt gebracht werden dürfen. Hierzu schreiben die „Leipz. N. N": Ein schließlich der hier erwähnten nom. 60 Mlll. Mark als neue Post beträgt die Staatsschuld Sachsens gegenwärtg 941,32 Mill. Mark. Die Sächsische Regierung sieht nun in ihren Budgets einen „Etat der Ueberschüsse" und einen „Etat der Zuschüsse" vor. Nach dem Voranschläge für das Jahr 1900/1901 be tragen die Einnahmen im „Etat der Ueber- schüsse 216,5 Mill. Mark, die Ausgaben 124,3 Mill. Mark, so das sich ein Uebrr- schuß von 92,2 Mill. Mark ergiebt. Im „Etat der Zuschüsse" sind die Einnahmen mit 50,4 Mill. Mark, die Ausgaben mit 142,6 Mill. Mark eingesetzt, so daß ein Zuschuß von 92,2 Mill. Maik erforderlich ist; es ergiebt sich mithin für Ueberschuß und Zu schuß genau dieselbe Ziffer. Aus dem Staatsvermögen und aus den Staatsanstalten wird der Ueberschuß mit 50,1 Mill. Mark berechnet. Hiervon entfallen auf den Ueberschuß aus den Eisenbahnen 35,68 Mill. Mark. Dieser Betrag übersteigt noch um eine Kleinigkeit das Erfordernis für den gesammten Schuldendienst in Höhe von 35,25 Mill. Mark. Da die sächsischen StaatS- bahnen ein Anlagekapital von rund 867 Mill. Mark zu rapräsentiren, so ergiebt sich, daß einerseits der gesammten Staatsschuld in den Eisenbahnen ein werbende« Kapital in unge fähr gleicher Höhe gegenübersteht; und daß ferner der Ueberschuß aus den Bahnen für den gesammten Dienst der Staatsschulden hinreicht. Durch da« gesammte Staatsver mögen (Eisenbahnen, Forsten, Domänen usw.) und die daraus fließenden Einnahmen ist auch in Sachsen ebenso wie in Preußen der Schuldendienst überreichlich gedeckt. Aus englischem Munde. Eine Ergänzung zu dem bekannten Thema von den Grausamkeiten der Engländer giebt uns Michael Davitt im „Morning Leader", indem er einen Auszug aus einem Brief des Kaplan« der australischen Bushmen, Fr. Timoney, mitteilt: Da ging ein dämonisches Toben und Wüten an, wie ich es nie zuvor gesehen. Jedes Haus im Thale, zusammen etwa 20, wurde niedergebrannt. Weiber und Kinder drängten sich, laut schreiend, zusammen. Man erlaubte ihnen, ihr Hausgerät hinauszutragen, ehe da« Haus angezündet wurde. Die Frauen waren bewundernswert. Sie weinten nicht. Her ausfordernd standen sie da in einfachen,» schwarzen Kleidern mit den schneeweißen Hauben und Schürzen. Erst al» ich einige freund liche Worte an sie richtete, brachen sie in Thränen aus. — „Also Sie können eine solche Handlungsweise nichtgutheißen?" meinte eine. — „Ich verabscheue sie", erwiderte ich. — „Ich stehe", fuhr sie fort, „unter englischem Protektorat. Wir mieteten dieses Gehöft von einem Engländer, dem es gehört. Wir be sitzen nichts auf der Welt, als diese Ernte, die Eure Pferde zertreten haben. Gott sei uns gnädig! Wollen Sie versuchen, ob Sie mein Hau« vielleicht retten können?" — „Sofort", erwiderte ich, und ich hielt mein Versprechen, aber mein Bitten blieb erfolg los. Sie führte mich abseits und zeigte mir die Reste einer neuen weißen Schürze. „Diese", sagte sie, „zerriß ich, um einen von Ihren verwundeten Soldaten zu verbinden. Ich trug ihn in den Armen vom Schlacht feld und verband seinen Arm. Er lag auf meinem Bette, bis die Decken ganz von Blut getränkt waren. Und das", fuhr sie fort, in- kem sie mit der Hand auf das brennende Haus zeigte, „das ist mein Lohn, das thun die Australier. Es sind keine Soldaten, es find Mordbrenner und Plünderer." — Ich versuchte, sie zu widerlegen, aber das Gesicht war totenblaß und die Augen sprühten Feuer vor Wut. „Mein Knabe, der Otto," fuhr sie fort, „zählt erst zehn Jahre, aber ich hoffe, es zu erleben, daß er zu den Waffen greift, um das Leid der Mutter zu rächen!" Da« nächste Haus gehörte einem Manne, der am Donnerstag in der Nacht von der Schildwache erschossen war. „Mein Mann wurde vorigen Donnerstag in der Nacht von einem Ihrer Soldaten erschossen", sagte die Frau, „ich blieb mit diesen vier Kindern allein zurück. Gewiß wird das Blut meines Mannes das Verbrechen sühnen, welches er sich zu Schulden kommen ließ, indem er für das Vaterland kämpfte." Ihr Flehen war umsonst, ihr Haus wurde angezündet, und stolz, trockenen Auges, sah sie dem Feuer zu. Eine ideale Frau! Was soll ich Sie langweiten mit der Erzählung und Wiederholung der herzzer reißenden, schändlichen Auftritte, die an jenem Tage stattfanden? Wahrscheinlich waren eS nicht weniger als hundert Frauen und Kinder, die an einem Nachmittage all' ihrer Habe und ihres Obdachs beraubt wurden. E« wurde ihnen befohlen, das schattige Thal zu verlassen und jenseits des Molopo in der baumlosen Ebene zu bleiben. Tie es besser wissen wollen, behaupten, daß auf diese Weise der Krieg bald ein Ende nehmen wird. Meiner Ansicht nach wird es denselben vielmehr in die Länge ziehen, und viele andere sind der selben Meinung. Die Türken würden vor einer derartigen Grausamkeit zurückschrecken. Selbst die Kaffern zünden die Häuser nicht an. Ich erzähle nicht, was ich nur vom Hörensagen weiß, ich erzähle hier, was ich selbst mit meinen eigenen Augen gesehen habe. Mein Urteil ist, daß die Buren in dem heutigen Kriege mehr Gnade, mehr Ehre und mehr Redlichkeit gezeigt haben, als viele unserer Truppen, die nicht unmittelbar unter dem Be fehle von Lord Roberts stehen. Der Krieg ist noch nicht zu Ende. Die Südafrikanische Republik mag auf einige Zeit verwüstet werden, erobern wird man sie nie. Die Königin von England. Nach Berichten aus London waren in letzter Zeit die Geisteskräfte der Königin völlig zusammengebrochen, die hochbetagte Frau war förmlich stumpfsinnig geworden. Man erwog bereits die Einsetzung einer Regentschaft unter dem Prinzen von Wales. Freitag Abend traten AtmungSbeschwerden ein. In der Nacht zum Sonnabend hat die Königin nur stundenweise geschlafen. Die Königin war bei Bewußtsein, doch sehr trüb sinnig. Die Umgebung merkte wiederholt, daß sie heimlich weinte. Es ist zwar kein Organ an sich erkrankt, aber die Rückwirkung des Kummers auf das körperliche Befinden und besonders das Herz war wegen der fort schreitenden natürlichen Kräfteverminderung sehr bemerkbar. Die Symptome, die die größte Besorgnis verursachen, sind die, die auf eine lokale Hemmung der Blutzirkulation im Ge hirn hindeuten. Ein Spezialist für Gehirn krankheiten weilt am Krankenlager. Von anderer Seite wird berichtet, daß der plötzliche Wechsel in dem Befinden der Königin auf einen Schlaganfall zurückzuführen ist. Eine Gesichtsseite und das Sprechvermögen sind dadurch in Mitleidenschaft gezogen. Auch dieNahrungsaufnahme ist mit großen Schwierig keiten verbunden. Der deutsche Kaiser traf am Sonntag in London ein und begab sich sofort nach Osborne. Rach einer Depesche vom Sonntag, 8 Uhr abends, liegt die Königin im Sterbe«. Südafrika. Auf die Drohung Kitcheners, jeden in seine Hände fallenden bewaffneten Buren sofort erschießen zu lassen, haben Boiha und Dewet an Lord Kitchener die Botschaft er gehen lassen, daß sie ihrerseits für jeden der art ermordeten Buren vier Engländer er schießen lassen würden. Da» Augenleiden des Präsidenten Krüger soll als grauer Star erkannt worden sein, weshalb eine Operation vorgenommen werden muß. Professor Snellen wird die selben heut oder morgen vornehmen. Rundschau. Ueber die beabsichtigte Neu-Unifor- mirung der Armee wird dem „Berl. Lokal anzeiger" noch folgendes mitgeteilt: Das grau braune Tuch, welches das bisherige blaue des Rockes ersetzen soll, wird auch für die Beinkleider verwendet; die gleiche Farbe hat auch der Stoff der Mütze. Die Koppel wird aus braunem Leder gefertigt, das Koppel schloß aus blankem Metall kommt in Fort fall und wird durch eine dunkelfarbig Schnalle ersetzt. Der Helm hat nicht mehr schwarzes, blankes Leder, sondern erhält eine ähnliche Farbe wie das Tuch. Da« besonders Cha rakteristische an der neuen Uniformirung ist die Ausschaltung jedweden blinkenden Gegen standes an der Bekleidung. Vom Kopf bis zu Fuß erscheint der Soldat fortan in nahe zu gleicher, möglichst unauffälliger Färbung. Von der bevorstehenden Aenderung in der Uniformirung der Truppen sind die Be- kleidungSämter bereits in Kenntnis gesetzt, um sich darüber auch mit den Lieferanten ins Einvernehmen zu setzen. Jndeß werden zunächst sämmtliche alten Vorräte aufgebraucht. Es wird übrigens bestimmt versichert, daß es sich bei den Versuchen mit der neuesten Uni formirung, die insbesondere bei den Stamm mannschaften der Jnfanterie-Schießschule an- gestellt werden, nicht um Bekleidungsstücke für die ostasiatischen Truppen, sondern um die Ausrüstung unserer einheimischen Landarmee handelt. — Das Einvernehmen mit den süd deutschen Häfen, das durch die Rundreise Bülows vollständig wieder hergestellt sein soll,