Volltext Seite (XML)
-6z die er mündlich gar nicht einig geworden wä re, wenn er daran gedacht hätte. Die sogenannten Punktationen selbst, welche sogleich bei dem Abschlusse eines Con trakts ausgesetzt, und vollzogen zu werden pflegen, können nachtheilig werden, wenn sie nicht Alles enthalten, was ein jeder Contra- hent zu seinem Vortheile bedungen haben möchte. Denn kein Contrahent ist verbun den, sich gefallen zu lassen, das in die so dann auszufertigende Urkunde wider seinen Willen irgend Etwas eingerückt werde, was nicht schon in der Punktation enthalten war. Beim Nachdenken über ein vorzunehmen des juridisches Geschäft, wird man auch von selbst auf den Gedanken kommen, daß, wenn zwei Personen einander Thatsachen abläug- nen, worauf zwischen ihnen Rechtsverhält nisse beruhen, der eine Interessent nothwen dig diejenige Thatsache zu beweisen haben müsse, welche der andere abläugnet. Die wichtige Frage ist nun, welchem Theile der Beweis obliege. Denn dieser wird wohl thun, womöglich, in dem Augenblicke, da die Thatsache sich ereignet, sich in den Be sitz eines hinlänglichen Beweis-Mittels zu setzen, welches nur entweder Brief und Sie gel, wie man zu sagen pflegt, oder, was schon nicht so zuverlässig ist, Zeugen, oder unter gewissen Umständen der Augenschein, seyn können. Denn wenn man in Ermangclung allen Beweises sich genöthiget siehet, der andern Panhet den Eyd zu deferiren, so hängt man lediglich von dem Gewissen, oft von der grö ßern oder geringer» Einsicht, und öfter als man glaube, von dem Gedächtnisse dersel ben ab. 964 Regel tstS, baß demjenigen der Beweiß einer Thatsache, es sey das Daseyn von ir gend Etwas zufälligen, oder eine Begeben heit obliegt, der sie behauptet. Diese Regel ist schon in den Gesetzen des Denkens ge gründet. Denn daß Etwas überhaupt nicht existirt, oder überhaupt nicht geschehen sey, läßt sich gar nicht anders beweißen, als da, durch, daß das Gegentheil einen Widerspruch enthielte, dessen Beweis wieder auf Thatsa- chen beruhen kann, wie ich z. D. bewiesen habe, daß ich an einem gewissen Tage nicht in Lissabon gewesen seyn kann, sobald ich be wiesen habe, daß ich an dem nämlichen Tage in St. Petersburg gewesen sey, weil es Wi derspruch ist, daß ein Mensch zu gleicher Zeit sich an verschiedenen Orten -befinden könne, und, da hier doch von dem Zütraume eines Tages die Rede ist, es alle jetzige Er fahrung, — vielleicht nicht die künftige — übersteigt, daß ein Mensch binnen dieses Zeitraums sich von dem einen Ende Europas bis an das andere begeben könnte. Ist von zwei Orten die Rede, die weniger von ein ander entfernt sind, so hängt der Grad der Beweiskraft für das sogenannte: aUdi, oder für die Behauptung, daß ich zu einer g - wissen Zeit darum nicht an einem gewissen Orte gewesen bin, weil ich an einem andern Orte gewesen sey, von mancherlei Umstän- den ab. Ich habe gesagt, es lasse sich, daß Etwas nicht existire, oder nicht geschehen siy, gar nicht beweisen, wenn nicht etwa das Gegen theil, daß eü nämlich existire, oder geschehen sey, einen Widerspruch unter Voraussetzung gewisser Thatsachen, die bewiesen werden können, enthält. Denn außerdem folgt nicht,