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684 Kanne reines Brunnenwasser, löst darin ein Loth weißen Vitriol auf, und mischt nur noch ein halb Loth Myrrhenpulver hinzu. Mit dieser gelind kühlenden, heilenden, reinigen den, balsamischen Solution wird das Maul nebst den Spalten der Hufe, welche aber vorher allemal vom Kothe zu reinigen sind, täglich mehrmals ausgepinselt. Lesefrüchte, aus Reisebeschrei bungen. 2. Der Gebrauch des Kaffee's, dessen Ent deckung die Morgenländer einem arabischen Derwisch (um's Jahr 1258) zuschreiben, blieb über hundert Jahre nur auf das Va terland des Entdeckers eingeschränkt, und verbreitete sich sehr langsam in Aegypten, Syrien, Persien und Indien. Erst unter Solimann I ward er in Konstantinopel be kannt. Es wurden zwei große Kaffecbuden errichtet, die ungemeinen Zulauf hatten. Man brachte hier die Zeit mit erlaubten Spielen, mit Unterhaltungen- über Gcgen- stande der Wissenschaften oder der Künste zu, ohne je sich in politische Gespräche ein- zulassen. Obgleich weder der Koran noch die Ausleger desselben über ein, in früher» Zei ten unbekanntes, Getränk etwas verfügt hat ten, so tadelten deßungeachtet die Gefetzkun- digen den Genuß desselben, und wirkten ein Verbot des Mufti aus, weil, wie man sagte, das Gesetz jedes, in eine Kohle zu verwan delnde, Nahrungsmittel verbiete. Der De» fehl hatte keine Wirkung, da der Landesherr seine Zustimmung dazu mcht gegeben hatte. Es entstanden über fünfzig Kaffeehäuser, und unter Soiimann'e Negierung stieg ihre Zahl bis auf zweihundert. Aber sie arteten allmä- lig in Oerter schändlicher Ausschweifung aus. und Murad Hl verbot sie, so wie den Ge nuß des Kaffee's selbst. Dteß Verbot veranlaßte die Gesetzverstän digen, den Gegenstand ernstlich zu untersu* - chen, und die Entscheidung fiel dahin aus, daß der Genuß des Kaffee'S dem Koran nicht widerstreite, und der, in dem Verbote des Mufti angegebene, Grund keine Anwendung auf den Kaffee habe, weil man die Bohne bloß röste, ohne sie in Kohie zu verwandeln. Dieß Gutachten bewog den Sultan, sein Verbot zurückzunehmen: aber da die Kaffee häuser abermals die Versammlungsörter der Ausschweiflinge und unruhiger Soldaten ge worden, so ließ Murad IV sie zerstören, und verbot von neuem nicht nur den Kaffee, son dern auch Tabak und Opium. Unter Ibra him I wurden die Kaffeehäuser überall her- gestellt, ohne daß die Negierung sich sich da gegen setzte. Jetzt gibt'S keine Stadt, kein Dorf, kein Weiler, wo nicht ein Kaffeehaus ist; selbst auf den Landstraßen gibt es solche. Die meisten sind in der Form von Kiosken (türkische Garten-Pavillons) gebaut, in den angenehmsten Lagen , von großen Dau men beschattet. Hier bringen geschäftslose Leute ganze Stunden zu, und unterhalten sich mit Neuigk-iten. Romanciers und Mei- stersänger erzählen Mährchen und Geschich ten, deren Inhalt gewöhnlich Liebesabenteuer sind, welche sie durch eingennschte Verse und Sinn spräche verschönern. Die Türken lieben den Kaffee so sehr, daß in allen Ständen Männer, Frauen und Kmder überall und in allen Tagesstunden ihn genießen. Nur Moka-Kaffee ist in der Le-