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oder der oberen Luftwege die Salzsäureabsonderung wie bei jeder Infektionskrankheit voraussichtlich herabgesetzt ist, dürfte der Schutz gegen die unter solchen Umstän den häufig massenhaft verschluckten Bacillen kein ge nügender sein. Die Gefahr, welche dann entsteht, ist eine zweifache. Es kann eine lokale diphtheritische Er krankung des Magens erfolgen und es kann zur Weiter verschleppung von Diphtheriebacillen in den Darm kommen. Damit ist unserer Hygiene eine neue Aufgabe erwachsen. Verschiedene Experimente haben den Nach weis erbracht, das; an Spielzeug, Kleidern und GebrauchS- gegeuständen angeirocknete Diphtheriebacilleu noch bis zu sechs Monaten lebensfähig sind. Man hat deshalb vorgeschlagen, alle Dinge, die mit Diphtheriepatienten in Berührung gekommen sind, zu desinfizieren, weil sie mit Mundschleim und Nasensekret der Kranken bespritzt oder beschmiert sein und so weitere Ansteckungen her beiführen könnten. In Zukunft muß man auch daran denken, daß nicht allein solchen Sekreten eine unheil volle Wirkung zukommt, sondern daß auch die Fäkalien gleichen Verdacht und deshalb gleiche Aufmerksamkeit be anspruchen." Zeitgemäße Betrachtungen. Nachdruck verboten. „VerschiedeneVorschläge." Ter Winter kommt so sacht heran, — und wer da ist ein weiser Mann — bestellt sein Haus bei Zeiten — und wird sich vorbe reiten. — Der Weise, ohne daß er prahlt — hat seine Kohlen schon bezahlt, — bezahlt auf Mark und Heller, — der Vorrat liegt im Keller! — Nun heizt man wieder allgemein — des Morgens wie des Abends ein, — iudeß das Kohlenfeuer — ist Heuer etwas teuer. — Und alle Welt klagt wie man weiß — sehr über'n hohen Kohlenpreis — drum müssen wir beim Heizen — der Kosten wegen geizen! — denn heutzutag muß Jeder mann — im Kleinen sparen, wo er kann, — und spart er au der Feu'rung, — dann mildert er die Teu'rung! — Wem recht viel Geld im Beutel klingt, wem kein Geschäft mehr Sorgen bringt, — der kann die teuren Preise — umgehn durch eine Reise, — er kann viel leicht nach Nizza ziehn, — wo Weihnacht selbst die Veilchen blühn, — das wird ihm, streng genommen, auch nicht viel teurer kommen! — Da sitzt er nun und schmunzelt noch — und sagt zur Frau: Ich werde doch mein Geld aus Heizungszwecken — nicht in den Ofen stecken! — Wer aber nicht solch Krösus ist, — daß er sein Geld mit Scheffeln mißt, — dem ruf ich zu: Er trage — vergnügt die kalten Tage. — Wenn du noch Junggeselle bist, — nimm dir ein Lieb, das feurig ist, — schnell wirst du für „sie" schwärmen — und billig dich erwärmen, — doch bist du schon ein Ehemann, — schass dir politische Gegner an, — du wirst Dich bald erhitzen — und dieses kann dir nützen! — Mitunter ist die Sammelwut - auch zu Erwärungszwecken gut, — drum mein' ich unverhohlen: — O sammle glüh'nde Kohlen! — Ja sammle sie, so weit's erlaubt, -- doch nimmer auf dcS Feindes Haupt, — das können sich die Meisten — bei solch ein Preis nicht leisten! — Wenn eine Maid von Temp'rament — entflammt und ganz vor Neugier brennt, — dann ruft das ganze Städtchen: -- Welch kapitales Mädchen. -- Wer alles nutzt — kommt auf mein Wort — viel leichter über'n Winter fo.t, — eü schlummern viele Gluten. — davon wir nichts vermuten! — So möge denn ein Jedermann — im Kleinen sparen, wo er kann, und Jias Geyeimuis des Waldes. Kriminatrvnian von Kurt v. Bergheim 56 „Aber ich nun; doch wissen, was ich unterschreibe," er widerte BcrGa ängstlich. „Ich sehe nicht ein, wozu. Du verstehst doch nichts da von," versehe der Nesse hochfahrend. „Oho, icb bin nicht so dumm, wie Du glaubst. Es ist wieder ein Wechsel den ich unterschreiben soll " „Na, wenn Du's weißt, dann ist's ja um so besser," lachte er einlentend, „was machst Du denn da noch für Umstande, Tantchen?" „Sechstausend Mark," buchstabierte sie. „Du hast ja erst vor ein paar Tagen Geld ausgenommen." „Ach, die paar tausend Mark," sagte er wegwerfend. „Ein paar Tausend und wieder ein paar Tausend!" leufzte sie. „Ja, aus nichts wird nichts. Erfindungen Ivie die mei- nigen so hinznstetlen,daß der Neid schweigen muß und die schwerfällige Menge den Glauben in die Hand bekommt, das kostet Geld. Jetzt fehlt aber nur noch eine Kleinigkeit, und der nene elektrische Motor ist fertig." „Ach, Albert, es sieht mir gar nicht danach aus. Menn ich in Deine Werkstatt komme . . ." „Ich werde künftig zuschließen, daß Du nicht hinein kannst. Man darf den Unverständigen nichts Unfertiges zeigen!" rief er wegwerfend, besann sich aber und sägte artiger hinzu: „Unterschreibe doch den Bettel." ^Einen Bettel nennst Du sechstausend Mark!"ftöhnte sie. „Wenn ich nur wußte, wo Du das Geld läßt." „Aber Ivie soll ich Dir denu das immer wieder aus- eiuandersetzen!" schrie er erbost. „Die Wncherzinseu, die ich zahlen muß, essen ja auch mit; hättest Du Deine Erb schaft auf einem Brett bekommen, Ivie wir es erwarteten, so wäre es ganz anders." „Und wenn es mit Dir so fortgeht, so bekomme ich überhaupt nichts mehr davon," antwortete sie. .Thut nichts,Tantchen," lachte er, „daun brauchst Du dadurch kommt er weiter — trotz Kohlenpreis! - Ernst Heiter. Vermischtes. Der Kindermord in Kamerun hat den dort wirkenden Basler Missionaren eine neue Aufgabe ge stellt. Unter den heidnischen Negern herrscht die schreck- lische Sitte, daß Säuglinge, die ihre Mutt r verlieren, mit derselben beerdigt werden. Man nimmt die Kinder und schleudert sie gegen die Wand des Grabes oder erschlägt sie mit einem Holzknüppel. Auch kommt es vor, daß man sie verhungern läßt oder lebendig mit eingräbt. Die Angehörigen eines solchen Kinoes sind dabei zwar nicht ohne Mitleid, aber sie glauben, daß der Säugling ohne seine Mutter nicht weiter leben könne, zumal da eine andere Frau sich nicht dazu her- giebt, das Kind zu ernähren. Es herrscht auch der Aberglaube, daß eine gestorbene Mutter ihr Kind bei sich haben wolle; bekäme sie es nicht, so hole sie sich aus ihrer Verwandtschaft ein anderes, das sic durch Zauberei töte. Kürzlich starb, wie Missionar Stolz aus Bombe am Mongofluß berichtet, in der Nähe seiner Station eine Frau. Schon während ihrer Krankheit teilten die Hausknaben den Missionsleuteu mit, daß im Fall ihres Todes auch ihr zwei Monate altes Knäb- lein mit beerdigt werden müßte. Sie baten den Mis sionar und seine Frau, das Kind doch bei sich anszu- nchmen. Natürlich gingen diese gern daraus ein. Kaum war die Mutter verschieden, so wurde das hilflose Kind chen gebracht und die Hausknaben sollten nun bei der Versorgung des Säuglings helfen Aber was geschah? Schon am zweiten Tage erklärten sie, daß sie nichts m hr für das Kind thun dürften, ihre Angehörigen hätten es ihnen aufs Strengste untersagt. Sie waren von ihrer Weigerung auch nicht abzubringen, sodaß der Missionar einen jungen Sklaven für den Dienst ge winnen mußte. Erst mit der Zeit, als das Kind sicht lich gedieh, wurden auch die jungen Burschen zur Pflege willig und bald hatte der Kleine ihre Liebe und Zu neigung gewonnen. Nach einiger Zeit kam noch ein 6 Wochen altes Mädchen ans Bakundu hinzu, das ebenfalls zur mutterlosen Waise geworden war. So sind die Missionsleute von Bombe ungesucht zu Plege- eltern schwarzer Kinder geworden. Sie werden bald ihr Haus voll haben. * Da jetzt viel mit Brikets gefeuert wird und diese wie kein anderes Feuerungsmaterial zur Selbst entzündung geneigt sind, so darf die nötige Vorsicht nicht außer acht gelaßen werden. Dicht aufeinander gelagerte, etwa gar wie die Ziegel sauber in den Keller geschichtete Briketts brennen sicher binnen kurzem von selbst an. Der Druck der oberen Schichten auf die unteren, der Mangel von luftdurchlässigen Räumen zwischen den ein zelnen Torfkohlenziegeln verursacht diese unliebsame Er scheinung. Also: Man schütte die Briketts locker ge lagert in den Keller ein! Weiter: Man trenne die sogenannten „Klare", den „Staub", der sich namentlich bei den kleineren, viereckig geformten Briketts in N afscn zeigt, beim Einkellern von den eigentlichen Briketts. Dieses „Klare" wirkt wie der reine Zunder sobald es zwischen den größeren BriketüStücken eingekeilt steckt. Eigentliche Briketts und Brikettstanb siu) in verschiedenen Kellern unlerzubringen. Schließlich: Man werfe nicht die Briketts in Massen, nämlich lowrnweiie in die Keller. Ueberall, wo dies geschehen, sind sicher Brände entstanden. es auch gar nicht mehr. Verlaß Dich doch nur ans mich. Es dauert kein halbes Jahr mehr, dann fahren wir in unserer eigenen Egnipage und wohnen in einer Villa, wenn wir es nicht überhaupt vorziehen, nach Paris oder Lon don zu gehen." „Ach, Albert, das wäre wohl noch besser," sagte sie. „Ich mochte gern weit, recht weit von Hiersein." Er sah sie erstaunt an „Was sällt Di: denn mit einem Male ein?" fragte er „Tn hattest doch sonst Mnt genug." „Seit ich weiß, daß die Geschichte noch einmal von vorn anfangen kann, ist mir so Angst." „Ach, Unsinn," entgegnete er sorglos. „Dein Frennd Ausfeld hat Dir ;a anseinandergesetzt, daß die Nichtig keitsbeschwerde zurückgewiesen werden mnß." „Und wenn das doch nicht geschieht?" „Na, dann giebt es eine nene Verhandlung, bei der es ganz dasselbe Ergebnis hat, der Manger ist ja ein aus gemachter Schafskvpf." „Wenn aber ein anderer Verteidiger die Sache in die Hände bekommt!" „Tann bringt er ebensowenig etwas heraus! Schweig' endlich von der Geschichte, man könnte ja rasend dabei werden!" rief Gasper zornig. „Mach' mir den Kopf nicht weiter warm und unterschreib'." Er drückte ihr die Feder in die Hand. Sie warf sie voll sich. „Ich thu's nicht!" „Tante! Tante!" mahnte er, nur mühsam an sich hal tend. „Nur noch dies eine Mal." »Tas sagst Du immer. Ich will es aber nicht mehr." „Tu mußt!" rief er drohend. »Wer will mich zwingen?" „Ich!" schrie er mit rollenden Augen und packte sie am Arme. „Meinst Du, ich werde mich durch Dich auf mei nem Wege anfhalten lassen? Nun ich das eine Hindernis beseitigt habe, kenne ich keines mehr." „Albert, Du konntest mich, Deine Verwandte, Deine Wvhlthaterin . . * Münchener Appetit und Münchener Durst haben sich bei dem eben beendigten etwa vierzehntägigen Okto berfest wieder auf achtbarer Höhe gezeigt. Nach einer Umfrage der „M. N. N." betrug der Bierkonsum rund 22 000 Hektoliter oder 2 200 000 Liter ä 35 Psg., was einen Betrag von 770 000 Mark entspricht. Der Appetit war nicht minder rege. Es wurden verzehrt: 11 Ochsen im Gesamtgewicht von etwa 75 Zentnern, 8 Schweine, etwa 400 Spanferkel, über 10 000 Hühner und weit über V2 Million Stück Schweins- und Brat würste. Dazu kommt eine Legion gebratener Fische und so und so viel Zentner Käse und Obst. * Wermsdorf. Daß sich die Automobilen immer mehr einbürgern, tritt auch hier in der Erscheinung: denn der Besitzer dcs hiesigen „Lindenbaums" will vom 15. Dezember ab regelmäßige Fahrten nach Dahlen ausführcn. Der etwa 8000 Mark kostende Motorwagen faßt 8 Personen und legt die 8 Kilometer Entfernung in einer knappen halben Stunde zurück. Dadurch wird nun endlich ein einstweiliger Ersatz der fehlenden und schon längst gewünschten Bahnverbindung geschaffen. Die mit der Leipzig-Dresdner Linie in Dahlen ankom menden Besuchers unseres Ortes gelangen nun bequem und billig hierher, und die von Oschatz kommenden können der umständlichen (Umwegs)-Fahrt über Mügeln entbehren. * Bon der Volkszählung. Die 56 910 OOOStck. Formulare zur Volkszählung am 1. Dezember d. I. sind nun an der Zentralstelle in Berlin abgeliefert worden. Der Versand wird in den nächsten Tagen erfolgen. Die Formulare repräsentieren ein Gewicht von rund 250 000 Kilogramm oder 5000 Zentnern. Würde das ganze Material mittels eines Eisenbahnzuges befördert werden, so umfaßte dieser 25 Waggons mit 10 000 KZ Lade gewicht. Aus diesem „gewichtigen" Angaben erhellt, daß Millionen von Millionen handschriftlicher Angaben zur Ausfüllung der Formulare und zu den summari schen Aufrechnungen der Zahlenangaben erforderlich sind, eine Bienenarbeit, an der die Gewissenhaftigkeit der Zähler, wie der Fleiß der Beamten des Statistischen Bureaus zur Erreichung des volkswirtschaftlichen Zweckes gleich beteiligt ist. Diese Woche Sonnabend beginnt die Ziehung der Geraer Geld-Lotterie. Die Gewinne dieser allbewährten Geldlotterie werden bekannt lich ohne jeglichen Abzug ausbezahlt. Loose sind noch zu haben bei Günz L Eule Naunhof. Fahrplan ab 1. November 1900. Linie Leipzig-Döbeln-Dresden. Ab Bahnhof Naunhof: Nach Leipzig: Boi mittags 5,57, 7,06, 9,18, 11,05. Nachmittags 1,50, 3,36, 6,05, 8,41 10,42P. Nach Grimma-Döbeln-Dresden: Vormittags 6,50, , 8,24, 10,04 (bis Großbothen), 10,35P. Nachmittags 12,06 (bis Grimma) 1,04, 3,20, 5,48, 9,21, 11,22 (bis Grimma und am ersten Mittwoch jeden Monats bis Colditz). Die mit P bezeichneten Züge führen nur 1.—3. Wagenklasse, alle übrigen auch die 4. Klasse. Astronomischer Kalender. Mittwoch, den 14. November. 1900. Sonnenaufgang 7 Uhr 21 Min. Sonnenuntergang 4 Uhr 7 Min. Mondausgang Morgens. Monduntergang 12 Uhr 53 Min. „Erprobe lieber nicht, was ich zu thuir im staude bin," raunte er ihr zu. „Willst Du unterschreiben?" Sie zögerte noch immer. „Wem gebört das Geld, mir oder Dir?" raunte er ihr zu. „Hättest Du je einen Pfennig bekommen, wenn nicht ich gewesen wäre? Willst Du unterschreiben?" Er legte seine Hand um ihren Hals und drückte die andere auf ihren Mund. „Willst Du unterschreiben? Ich frage zum letzten Male!" „Ja . . ja!" stöhnte sie bebend. Er lockerte seinen Griff, gab ihr die Feder in dis Hand, nnd sie malte mühsam mit den zitternden Fingern die Buch staben ans das Papier. Sofort veränderte sich seine Haltung. Mit einer Freund lichkeit, der ein gutes Teil Spott beigenüscht war, sagte er : „Ich wußte es ja, Du bist meine gute Tante, die ibren Neffen nicht in der Patsche sitzen läßt." Sich noch näher zn ihr beugend, flüsterte er ihr ins Ohr: „Nimm Dich in acht, wir siud Genossen. Was mir geschieht, das geschieht auch Dir, also halte Deine Zunge im Zanm." Er nahm den Wechsel ans, steckte ihn ein nnd entfernte sich eilig, Bertha in einem an Verzweiflung grenzenden Zustande zurücklassend. Anstritte, wie der soeben erlebte, hatten während der letzten Monate sich schon oft abgespielt, obwohl noch kei ner sich zu einem solchen Grade der Erbitterung gesteigert hatte, wie der letzte. Trotz aller Verblendung für den geliebten Neffen konnte Bertha doch nicht länger im Unklaren darüber bleiben, daß es mit seinen Erfindungen einen Haken habe, und je lchnfiger er mit seinen Anforderungen kam, um desto ängst licher ward ihr um deu Mammon, für dessen Erlangung sie so viel geopfert hatte. Anfänglich hatte sie geglaubt, ihu damit Hinhalten zu können, daß sie ihn auf die Zeit vertröstete, wo ihr die Erbschaft ausgezahlt werde« würde, aber erhalte erklärt, darauf nicht warten zu können, nnd anderweitig Rat ge schafft. 69.18