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Mchftl V NEritzeil ßrtsblatt für DreGsM, Dmesshain, Aelgershain, Amcha, Aorsdorf, Ma, Mmmchin, Ichsljm 8ttWki»dttS, Llin«, Ahr«, WWm, SlmftMnß. LiOplSi, Pimßm. Stistilspi», Elli«iliiitz, Arm, WilfGii». 3»ttchch uni SiWai MU einer illustrierten Sonntags - Beilage. Dieses Blatt erscheint in Naunhof jeden Dienstag, Donnerstag und Sonnabend, Nachmittag 6 Uhr, mit dem Datum de« nachfolgende» TageS und kostet monatlich 3b Pfg., vierteljährlich 1 Mark. Für Inserate wird die gewöhnliche einspaltige Zeile oder deren Raum mit 8 Pfennigen, für solche außerhalb der AmtShauptmannschast Grimma, sowie für Anzeigen am Kopfe und im Reklameteile, mit 10 Pfennigen, berechnet, bei Wiederholungen tritt Preisermäßigung ein- 11. Jahrgang. Freitag, den 9. November 1900. Nr. 132 Der Büßer von Canossa. Zum 850. Geburtstage Kaiser Heinrich s IV., geb. am 11. November 1050. Von vr. A. S. Pförtner. Nachdruck verboten. „Von der Parteien Haß und Gunst verwirrt, Schwankt sein Charakterbild in der Geschichte." So heißt es in Schiller's Prolog zu „Wallenstein" und so kann es auch betreffs des Kaisers Heinrich IV. heißen. Wechselnd wie das Schicksal der Leiche dieses Herrschers, welche bald vom Volke wie die eines Heiligen verehrt, bald von erbitterten Feinde geschändet wurde, ist auch das historische Urteil über Heinrich IV. Die einen preisen ihn als den milden, frommen und gerech ten Herrscher, die andern — und das ist die Mehrzahl — sind von flammendem Zorn erfüllt und häufen auf ihn die gemeinsten Verleumdungen, nur wenige suchen sich ein maßvolles Urteil zu bilden. Die Entwickelung der Dinge, welche immermehr zum Siege päpstlicher Anschauungen führte, brachte es mit sich, daß in der späteren mittelalterlichen Geschichtsschreibung die un günstige Auffassung Heinrich's als eines verworfenen Tyrannen, eines Feindes der Kirche überwog. Sieblieb auch herrschend, als infolge der Reformation die kirch lichen Fragen anders beurteilt wurden, die Person Heinrichs an sich entging trotzdem nicht hartem Tadel. Was aber auch Heinrich in seiner Jugend gefehlt haben mag, so bricht in seinem Charakter doch immer, trotz aller Bitterkeit, die er angesammelt haben mag, eine gute Gemütsanlage, eine versönliche Gesinnung durch. Indem er die Prinzipien, welche er seiner Stel lung gemäß verfechten mußte, seine königlichen und kaiser lichen Rechte festhielt, hat er sich den Dank der Nach welt reichlich verdient. Und so ist es recht und billig, daß wir uns heute, nach 850 Jahren noch, seiner dankbar und bewundernd erinnern. Heinrich IV. wurde am 11. November 1050 zu Goslar geboren. Er war noch nicht 6 Jahr alt, aber schon seit 3 Jahren deutscher König, als er seinem Vater Heinrich III., in der Regentschaft folgte. Sechs Jahre hindurch führte seine Mutter Agnes die Verwaltung des Reiches mit vieler Einsicht. Allein schon in den ersten Jahren zeigten sich die Wetterstürme, welche Heinrich's III. gewaltige Hand bis in seinenTod zurückgehalten. Agnes konnte der mächtigen Fürsten nicht Herr werden. Um sich unter ihnen Anhänger zu verschaffen, gab sie den Einflußreichsten unter ihnen verschiedene Teile des Reiches preis. Andere Große, unter ihnen der Erzbischof Anno von Köln, sahen sich durch den Bischof Heinrich von Augsburg, dem Ratgeber der Kaiserin, um ihren Ein fluß gebracht und zurückgesetzt; sie suchten daher die Neichsgewalt in ihre Hände zu bringen, lockten im Mai 1062 den jungen König bei Kaiserswert auf ein Schiff und entführten ihn trotz seines Widerstrebens nach Köln. Mit dieser Entführung des Oberhauptes, besten Erzieh ung Anno selbst iu die Hand nahm, begann natürlich die Verwirrung und Zwietracht im Reich, die noch da durch erhöht wurde, Faß Anno die königlichen Rechte gegenüber der Kirche und dem Papsttum zurücktreten hieß. Die Herrschsucht Anno's erregte aber allgemeine Unzufriedenheit, stellenweise sogar bittern Groll und der nicht weniger ehrgeizige Bischof Adalbert von Bremen erhielt dadurch Gelegenheit, auf den Charakter des jungen Königs einzuwirken. Er ließ ihm in allem den Willen und verdarb durch seine übergroße Milde, was Anno durch seine Härte verdorben hatte. Heinrich schloß sich natürlich Adalbert an und wurde von diesem auf der Fürstenversammlung in Worms 1065 mit 14 Jahren für volljährig erklärt. Dagegen opponierten 1066 die Fürsten im Reichstag zu Trier und entrissen dem jungen Könige die Regierungsgewalt. In der sich nun stetig steigernden Verwirrung im Reiche ergab sich der zur Unthätigkeit verdammte junge König einem lüderlichen Lebenswandel. Die Fürsten zwangen ihn daher, die Tochter des Markgrafen von Susa, Bertha, zu heiraten und legten ihm sehr beengende Fesseln für sein öffentliches und privates Leben an. Mit dieser Lebenslage unzufrieden, grollte Heinrich den Fürsten und zog 1070 Bischof Adalbert an seinen Hof und in sein Vertrauen. Um seine Herrschaft über die Fürsten zu sichern, legte er vorzüglich in Sachsen und Thüringen viele feste Schlösser an, durch deren Besatz ungen er die Umwohner im Zaume halten konnte. Von den darüber erbitterten Fürsten und Bischöfen, besonders von Otto von Nordheim aufgereizt, empörten sich 1073 die Sachsen und der König wurde gezwungen, Unter handlungen anzuknüpfen und 1074 wurde im Frieden zu Gerstungen bestimmt, daß sämtliche Zwingburgen zer stört werden sollten, lieber diese Demütigung empört, entbot Heinrich gegen die Sachsen den Heerbann und schlug sie am 9. Juni 1075 bei Hohenburg a. d. Un strut. Durch seine Erfolge hatte Heinrich sich aber noch mehr Gegner gemacht. Auch zeigte er sich heftig, jäh zornig und rachsüchtig; er hielt an seinen Hoheitsrechten über geistliche und weltliche Fürsten fest. In Sachsen namentlich wurde er grimmig gehaßt. Da begann, sich besorgt um die Zukunft der Kirche unter einem so kräftigen Herrscher, 1075 Gregor VII., der Papst direkt in die deutschen Dinge einzumischen. Darüber empört, ließ Heinrich IV. am 24. Januar 1076 den Papst einfach für abgesetzt erklären Darauf hin aber sprach Gregor VII. den Bann am 22. Februar über ihn aus und entband die Völker des Gehorsams gegen ihn. Heinrich spottete anfangs darüber, aber im Sommer 1076 schon spürte er den wachsenden Anhang des Pap stes, auf dessen Seite sich auch die Fürsten schlugen. Von allen Mitteln entblößt, blieb Heinrich nichts üb rig, als seine Loslöjung vom Banne zu erwirken und er begab sich daher im Winter 1077, nur von seiner Gemahlin und seinem Sohne begleitet, bei bitterster Kälte nach Italien. Ohne alles Königliche Geleit über stiegen sie unter schrecklichen Mühsalen und Schwierig keiten, über Eis und Schnee, die Alpen. Er traf den Papst, auf seiner Reise nach Deutschland begriffen, in der Burg Canossa. Der König bat die Besitzerin dieser Burg, die Markgräfin von Toskana, um Vermittelung beim Papste zur Lösung seines Bannes. Ihren Bitten gab der Papst Gehör und erteilte Heinrich die Erlaub nis, sich zur Buße zu stellen. Da stand nun Heinrich, der deutsche König, in strenger Winterkälte drei Tage mit bloßen Füßen, im Büßerhemde, frierend und zähne klappernd, zwischen den Burgmauern, demütig des Pap stes Ausspruch erwartend. Erst am 4. Tage sprach ihn dieser vom Banne los, doch unter der harten Beding ung, daß er sich dem Gerichte eines Fürstenrates unter werfe und warte, ob dieses ihn Hinfort deri Krone würdig oder unwürdig finden werde. Heinrich geneh migte und beschwor alles, was der Papst verlangte. Kaum aber hatte er die Burg verlasten, als er auch neues Vertrauen zu sich selbst und neuen Mut zum Widerstand gegen den Papst gewann. Die deutschen Fürsten selbst gaben ihm dazu Ge legenheit. Denn da sie, trotz Heinrichs Befreiung vom Bann, unterdessen den Herzog Rudolf von Schwaben zum deutschen König gewählt hatten, gewann Heinrich schnell die Volksgunst wieder und sammelte bald ein ansehnliches Heer. Allerdings hatte ihn der Papst auf's neue in den Bann gethan, aber jetzt war die Zeit der Rache gekommen. Heinrich zog mit seinem mächtigen Herr über die Alpen 1081, verwüstete das Land der Markgräfin Mathilde, eroberte Florenz und erschien zu Pfingsten vor Rom. Am Osterfest 1084 ließ er sich von dem neuen Papst Clemens III. zum römischen Kaiser krönen. Gregor VII.. hatte sich in die Engelsburg geflüchtet. Er starb am 25. Mai 1085. — Durch seinen Kampf mit Gregor VII., dem Papste, ist Heinrich IV. nm populärsten geworden. Wir über gehen daher seine übrige Lebenszeit und berichten nur' daß er am 7. August 1106 in Lüttich starb. Er besaß treffliche Gaben des Geistes und des Herzens. Heinrich IV. kämpfte für die Erhaltung der deutschen Königsmacht gegen die Unbotmäßigkeit der deutschen Fürsten und gegen die hierarchischen Tenden zen des Papsttums. Im Volke aber lebt er immer noch als der — große Büßer von Canossa! Deutsches Reich. — Der deutsche Handel mit dem Auslande hat in den letzten Jahren einen bedeutenden Aufschwung ge nommen. Einen ziffernmäßigen Nachweis für diese Be hauptung hat man bisher nicht gehabt, nun aber geben die „Nachrichten für Handel und Industrie", die im Reichsamt des Innern zusammengestellt werden, eine vergleichende Uebersicht über den auswärtigen Handel von Deutschland, England, Frankreich, Rußland, Italien, Oesterreich-Ungarn und die Vereinigten Staaten von Nord-Amerika für die Jahre 1894/99, aus denen her vorgeht, daß in der That der deutsche Handel in diesen füns Jahren eine stärkere Zunahme zeigt, als in irgend einem der anderen Länder. Der deutsche Spezialhandel ist, wenn man Einfuhr und Ausfuhr zusammenfaßt, seit dem Jahre 1894 von 6900 Millionen auf 9690 Millionen Mark gestiegen, d. h. um 40 Proz., wogegen die Zu nahme in Italien 38, in Amerika 33, in England 22, in Frankreich 17, in Oesterreich-Ungarn 16 Proz. be trug und in Rußland sogar eine Abnahme von 3 Proz. stattgefunden hat. — Die Berliner Kriminalpolizei schneidet in dem Prozeß gegen den Bankier Sternberg wegen Sittlich- keitsvcrbrechens sehr schlecht ab. Die dortige Presse be schäftigt sich natürlich mit den aufgedeckten Schäden, u. a. schreibt das Berl. Tagebl.: „Einer der höchsten Be amten unserer Kriminalpolizei, der Direktor v. Meer- scheid-Hülleffem, hat erwiesenermaßen zu dem Angeklag ten Sternberg in einem finanziellen Abhängigkeitsver hältnis der bedenklichsten Art gestanden. Er hat nicht nur eine hohe Hypothek von demselben auf ein Haus in — Rügen, sondern nach Sternbergs eigenem Zuge ständnis auch sonst wiederholt finanzielle Unterstützung erhalten, die Hypotheken-Verbindlichkeit hat bei der Ver haftung Sternbergs noch bestanden. Erst im Laufe des Prozesses ist diese Hypothek gelöscht worden. Daß „ge löscht" noch nicht ohne weiteres gleichbedeutend mit „zurückgezahlt" ist, liegt auf der Hand. Vielleicht wird die unvermeidliche gerichtliche Vernehmung v. Meer- scheid-Hülleffem's auch hierüber die erwünschte Aufklär ung bringen. Was sind das aber für haarsträubende Zustände, wenn einer der höchsten Beamten der Kriminal polizei eines schönen Augenblickes in die Lage kommt, der Schuldner eines mit Zuchthausstrafe bedrohten An geklagten zu sein ? Wie leicht hätte es passieren können, daß der finanziell abhängige Schuldner der Leiter der Untersuchung geworden. — Im Walhallatheater in Gera stürzte der Akro bat Georg Um lauft aus Wien, als er einen Saltomor tale ausführtc. Er brach die Wirbelsäule und war sofort tot. — Görlitz. Aus dem hiesigen Untersuchungsge fängnis ist der gefährliche Einbrecher Scheunert ent sprungen; er ist von Beruf Gärtner und war mit sei nem Bruder vom Dresdner Landgericht zu mehr als zehn Jahren Zuchthaus verurteilt worden. Am Mitt woch hatte er vor der Görlitzer Strafkammer wegen Einbruchs in die Kirche und das Pfarrhaus zu Kath- Hennersdorf eine Zusatzstrafe erhalten, sodaß ihm drei zehn Jahre Zuchthaus bevorstanden. Die Flucht ist dem gemeingefährlichen Menschen dadurch gelungen, daß er eine Reihe Handtücher, welche im Saale des Gefäng nisses durch einen Zufall in seinen Besitz gelangt sein müssen, zusammen geknüpft hat. Nach dieser Vorberei tung hat er am Fenster die Eisenstäbe zurückgebogen und hat sich an den Handtüchern mehrere Stockwerke tief