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unterdrücken. Prinz Tsching vertritt lediglich die Kai serin und Prinz Tuan den Kaiser, der selbst machtlos und hilflos ist. Die Kaiserin und Prinz Tuan ver laffen sich auf Robert Hart. Die auswärtigen Gesand ten warten die Entscheidungen ihrer Regierungen ab. Loudon, 27. Sept. Die „Times" melden aus Shanghai vom 25. d. M.: Es sind Anzeichen vorhanden, daß die Mandschupartei mehr und mehr eine heraus fordernde Haltung einnimmt. In hiesigen chinesischen Zeitungen wird mitgeteilt, es seien Befehle ergangen, einen neuen Palast in Singanfu zu errichten. Depeschen aus chinesischer Quelle melden, Suchuanlin sei zum Vize könig von Kanton ernannt. Li-Hung-Tichang hat sich von Tientsin unter Eskorte russischer und japanischer Truppen nach Peking begeben. In Damen Schenko wird das letzthin von der chinesischen Presse verbreitete Gerücht bestätigt, daß Li-Hung-Tschang von der kaiser lichen Regierung einen geheimen Befehl erhalten habe, alle verfügbaren Truppen zu sammeln und die Haupt stadt wieder zu erobern. Es wird aber hinzugefügt, der Vizekönig halte diesen Befehl mit seiner Stellung als Friedensunterhändler unvereinbar. Berlin, 28. Sept. Wie das „Berl. Tgbl." erfährt, ist die englische Antwort auf die Note des Staatssekre tärs v. Bülow auch heute noch nicht eingetroffen. Der Zickzackkurs in China wird durch folgende, vom „Journal de Shanghai" gemeldete hochkomische, aber sehr bezeichnende Thatsache illustriert: Der Vizekönig in der Provinz, in der diese Stadt belegen ist, erhielt in einer einzigen Woche vier kaiserliche Edikte zugestclli. Das eine kündet ihm seine Verurteilung zum Tode we gen seiner verdächtigen Haltung von Europäern gegenüber an; das zweite verlieh ihm eine hohe Auszeichnung we gen seiner diplomatischen Geschicklichkeit; das dritte mel dete ihm die bevorstehende Ankunft des kaiserlichen Kom missärs und droht ihm Degradierung an, und das vierte versicherte ihn wiederum der Huld und des Vertrauens des Kaisers. Es geht daraus hervor, daß der Kaiser der Spielball zahlreicher einander widerstrebender Einflüsse ist, und daß seinen Entscheidungen keine große Trag weite beizumeffen ist. Krieg in Südafrika. Lissabon, 26. Sept. Eine nachträgliche authentische Meldung bezeichnet die Anzahl der Burenflüchtlinge in Lanrenco Marques auf zehntausend. London, 28. Sept. Wie ein Telegr.imm des Feldmarschalls Roberts aus Pretoria unter dem 27. d. M. meldet, haben die Engländer Heilbronn, Lindley und Reitz wieder besetzt. Eine Abteilung Buren hatte die Pinnars-Station angegriffen, ist aber heute zurück geschlagen worden. Pretoria, 28. Sept. Wie gemeldet wird, rüsten sich die Eingeborenen in den Distrikten Zoutpansberg und Pietersburg, um den Buren bei einem Vorrücken in diese Gebiete Widerstand zu leisten. Oertliches und Gächfisches. Naunhof, 29. September 1900. Naunhof. Auch der König!. Sächs. Mil.-Verein Kameradschaft hat unter seinen Mitgliedern eine Samm lung zum Besten der in Ostasien kämpfenden Deutschen veranstaltet, die über 40 Mk. einbrachte und ein erneu ter Beweis kameradschaftlicher Hilfsbereitschaft ist. Naunhof. Mit dem morgenden Tage verläßt einer unserer geachtetsten und beliebtesten Mitbürger unsere Stadt um nach seinem früheren Heim überzusiedeln. Herr Privatmann Freitag, welcher früher in Großzschocher wohnte und daselbst auch jetzt noch ein Grundstück besitzt, wird nach I5jährigem Fernsein die alte Heimat für immer beziehen. Für unsere Naunhofer Bürger bedeu tet der Wegzug des Herrn Freitag einen schmerzlichen Verlust, alle, die mit ihm verkehrten und sein Freundes- und Bekanntenkreis ist außerordentlich groß, schätzten in ihm nicht nur den recht angenehmen Gesellschafter, son dern auch seinen offenen Charakter. Auch der Stammtisch verliert einen regelmäßigen und von allenStammgästen gern gesehenen Besucher, dessen Unterhaltung man schmerzlich entbehren wird. Bei seiner Uebersiedelung aber folgt ihm der freundschaftliche Wunsch, daß ihn sein neues, altes Heim noch recht viele Jahre gesund und wohl aufnehmen möge. Naunhof. Vom 1. Oktober ab tritt der neue Winterfahrplan in Kraft, mit einigen kleinen Aenderungen haben wir denselben in der heutigen Beilage zum Ab druck gebracht. Naunhof. Im Berlage der Firma M. LR. Zocher in Dresden ist bereits jetzt die Winterausgabe 1900/1 deS „Blitz"-Fahrplanes für das Königreich Sachsen erschienen. Der „Blitz" ist wieder mit Eisenbahnkarte und Hoteltafeln versehen und das ausgeschnittene Register ermöglicht ein außerordentlich rasches Auffinden der Li nien und Stationen. Das Format des „Blitz" ist das selbe geblieben, sodaß er sich bequem in der Brusttasche unterbringen läßt. Der „Blitz"-Fahrplan ist zu haben in der Buchhandlung von Günz und Eule a Stck. 20 Pfg. - j- Der „Deutschen Tageszeitung" zufolge wird z. Zt. der Entwurf einer Umsatzsteuer für Großge- schäste im sächsische» Ministerium des Innern ausge arbeitet. Der Referent ist bereits bestellt worden. Im Finanzministerium wird eine Aenderung der Ein kommensteuerskala unter stärkerer Heranziehung der gro ßen Einkommen erwogen und vorbereitet. Ebenso be findet sich die Vermögenssteuer in dem Stadium vorbe reitender Erwägungen. Daß hierbei die größeren Ver mögen verhältnismäßig stärker herangezogen werden sollen, als die kleineren, entspricht dem Anträge der Abgeordneten vr. Mehnert und Georgie. - j- Bei dem starken Zuzug, der jedes Jahr am 1. Oktober nach den größeren Städten stattfindet, möchten wir auf eine Einrichtung Hinweisen, die sich in einigen Städten Deutschlands schon manches Jahr für die ein- wandernde männliche Jugend recht segensreich erwiesen hat. Es sind die Christliche» Vereine junger Männer; sie öffnen jedem jungen Mann ihre Pforten, gleichviel welchem Stand und welcher Altersklasse er angehört. In Sachsen bestehen gegenwärtig „Christliche Vereine junger Männer" in Dresden-A. Neumarkt 9, III., in Leipzig Johannisplatz 3 und in Zwickau Carolastr. 16. - s Am I. Oktober kann die elektrische Telegraphie im Königreiche Sachsen auf ihr fünfzigjähriges Bestehen zurückblicken. Welche Ausbreitung dieselbe in diesem Lande genommen hat, geht daraus hervor, daß nach Ablauf von 50 Jahren seit Legung des ersten, dem Privatverkehr dienenden Telegraphendrahtes ein Leitungs netz von 15000 Kilometern mit rund 900 Telegraphen stationen und jährlich über 1*/, Million Telegrammen vorhanden ist. - j- Errichtung von Freibanken. Das königliche Ministerium des Innern hat kürzlich eine Verordnung erlassen, in welcher den Kreishauptmannschaften anheim gegeben wird, den Amtshauptmannschaften und, soweit dies nötig ist, auch den Stadträten in Städten mit revidierter Städteordnung zu empfehlen, dahin zu wirken, daß in größeren Orten Freibänke errichtet werden und kleinere Orte sich zu diesem Zwecke thunlichst in Verbände zusammenschließen. Mit der Verordnung soll den Klagen abgeholfen werden, welche über die Verwertung von nichtbankwürdigem Fleisch in solchen Orten, wo Frei bänke nicht bestehen, laut geworden sind. Zur Erleichte rung der Durchführung der Absichten der Regierung ist gleichzeitig mit der Verordnung zur Aufstellung ent sprechender Ortsstatute ein Musterstatut herausgegeben worden. Auch unser Stadtgemeinderat hat sich mit die ser Angelegenheit bereits beschäftigt, indem er, wie wir in der Sonntag-Nr. amtlich berichteten, ein Statut der Freibank besprach. - j- Einsicht in das Grundbuch kann nach der Grundbuchordnung Jedem gewährt werden, der ein be rechtigtes Interesse daran darlegt. Das Kammergericht in Berlin hat ein solches berechtigtes Interesse auch dann angenommen, wenn Derjenige, der das Grundbuch ein sehen will, insbesondere um sich über die hypothekarische Belastung zu unterrichten, mit dem Eigentümer des be treffenden Grundstücks in Geschäftsverbindung steht oder treten will uns auf Grund dieser Geschäftsverbindung Forderungen gegen den Grundstückseigentümer entweder schon hat oder voraussichtlich erlangen wird. In dem von dem Kammergericht entschiedenen Falle hatten so wohl das Amtsgericht wie das Landgericht es abgelehnt, die Einsicht in das Grundbuch zu gestatten. - s- Das Stollenbacken zu Weihnachten dürfte Heuer ziemlich teuer zu stehen kommen. In Folge der un günstigen Ernteergebnisse in den Produktionsländern sind die Preise der zum Backen nötigen Südfrüchte, als Rosinen, Sultaninen, Corinthen und Mandeln wesent lich gestiegen. Es ist, als wenn gegen das Wirtschafts geld unserer Hausfrauen jetzt eine allgemeine Verschwör ung bestünde. Sogar die Natur des sonnigen Südens hat uns im Stiche gelassen! - j- Milch kranker Tiere darf, auch wenn sie nicht zum unmittelbaren Genuß für Menschen bestimmt ist, sondern zur Butter verarbeitet werden soll, nicht einge führt werden, selbst wenn sich die Milch in gekochtem Zustande befindet. Gegen diese Entscheidung der Kreis hauptmannschaft Leipzig hatte ein Rittergutspächter beim Ministerium des Innern Beschwerde erhoben, die jedoch als unbegründet zurückgewiesen wurde. Grimma. Eine außergewöhnliche Auszeichnung empfingen die beiden Oberprimaner der hiesigen Fürsten schule Böhme und Pöschel, welche vor Sr. Majestät dem König im JubelfestaktuS Huldigungsgedichte vorge tragen haben. Se. Majestät bestimmte ihnen Aller, höchst ein Bildnis mit eigenhändiger Beischrift des Namens und Datums, das ihnen auf Anweisung des Hohen Ministeriums des Königlichen Hauses auch bereits durch den Rektor ausgehändigt worden ist. Leipzig. Ein „Verband der Aerzte Deutschlands zur Wahrung ihrer wirtschaftlichen Interessen ist hier gebildet worden. Vorsitzender des Verbandes, der haupt sächlich gegen die dem Aerztestande durch die Kranken kaffengesetzgebung erwachsenen und noch drohenden Ge fahren ankämpfen will, ist Dr. Hartmann-Leipzig. Leipzig. Nachdem ein 20jähriger, aus Wanzleben gebürtiger Hanckelsmann seinen in Halle lebenden Eltern mittelst schweren Diebstahls einen Geldbetrag von 500 Mark gestohlen, war er mit seiner Geliebten, einer 22 jährigen Arbeiterin, durchgebrannt. Er hatte sich zu nächst ein Pferd gekauft, um mit seiner Auserwählten einen Handel onzufangen. Als das Pärchen nach Leip zig kam, wurde es von der Kriminalpolizei verhaftet. Wurzen. Bei der Versteigerung der ausrangierten Dienstpferde auf dem Artillerie-Kasernenhofe wurden 5 Pferde zu einem Durchschnittspreise von je 220 Mk. verkauft. Wölkau bei Nossen. Die hiesige Gemeinde be absichtigt, an der Stelle, wo Prinz Albert verunglückte, eine Gedenktafel anbringen zu lassen Seitens der Ge meinde ist seiner Zeit infolge der im Orte herrschenden Aufregung eine öffentliche Teilnahme-Kundgebung unter blieben. In Dresden fand die Jahresversammlung der Vor stände deutscher Trinkerheilanstalten statt. Sie forderte Staatshilfe zur Errichtung von Heilstätten. Meißen. In einer der letztverfloffenen Nächte ist in einer hiesigen Restauration eine aus 10 Personen bestehende und den besseren Kreisen von Meißen und Umgegend angehörende Hazardspielergesellschaft von un serer Kriminalpolizei aufgehoben worden. Der Wirt des betreffenden Restaurants stand schon seit längerer Zeit in dem Verdacht, verbotenes Spiel bei sich zu dul den. Länger fortgesetzte Beobachtungen bestätigten diesen Verdacht und ergaben, daß das Spiel in der ersten Etage bei verschlossenen Thüren stattfand und dabei sehr erhebliche Summen umgesetzt worden. Die Spieler wurden mitten im Spiel überrascht und vermochten unter diesen Umständen auch nicht in Abrede zu stellen, schon seit längerer Zeit an bestimmten Abenden der Woche regelmäßig Hazard gespielt zu haben. Ein in der Bank befindlicher größerer Geldbetrag wurde mit Beschlag belegt. Die Jahrhunderte alte Zwickauer Kramer-Innung hat sich aufgelöst. Drei sehr wertvolle Urkundenbücher aus den Jahren 1587 und 1672 sollen dem Staatsarchiv einverleibt werden. Werdau. Ein Konsortium von Grundstücksbesitzern und Kapitalisten von hier und Umgegend will auf hie siger Flur Bohrversuche auf Kohlen unternehmen. In Annaberg hat am 23. und 24. September der Sächsische Landesverein des evangelischen Bundes sein Jahresfest unter großer Beteiligung der Annaberger Einwohnerschaft abgehalten. In Lauter wurden zwei im Verdachte der Falsch münzerei stehende Personen verhaftet, Bei einem von der Schützengesellschaft in Stolpen veranstalteten Scheibenschießen wurde der Tagearbeiter Fichte, der als Zieler dabei beschäftigt war, von einem Schützen erschossen. Der Tod trat sofort ein. Den Schützen trifft keine Schuld. Kirchberg. Eine Anzahl hiesiger Tuchsabrikanten sahen sich infolge der geringen Aufträge veranlaßt, die Arbeitszeit früh und abends um je eine Stunde zu kürzen. Die Erinnerung an den noch ungesühnten Weste- witzer Doppelmord wird durch folgende Notiz aus Roß wein wieder rege: Der Verdacht, der Mörder zu sein, richtet sich jetzt gegen einen Eisenbahnarbeiter, der bis vor kurzem in der Rochlitzer Gegend beschäftigt, jedoch zur Zeit des Mordes bei Eisenbahnarbeiten in Westewitz thätig war und gegenwärtig wegen eines Einbruchsdieb stahls in Untersuchung ist. Es sollen bei ihm in einer Haussuchung unter anderem auch die beiden Rasiermesser des Beyer seu. gefunden worden sein, die nach dem Doppelmorde verschwunden waren. Sachsens Militärvereinsbund hat die Wiederauf nahme des wegen der Konsumvereinsangelegenheit s. Zt. aus dem Bunde getretenen Militärvereins zu Schedewitz beschlossen, dagegen die Wiederaufnahme des Militär vereins zu Saupersdorf abgelehnt. In Bischofswerda sind während des Jahrmarktes mehreren Mädchen von unbekannten Personen die Zöpfe abgeschnitten worden. Eingesandt. Ein doppelter musikalischer Genuß steht den Besuchern des am Sonntag, den 30. September im Gasthof zum goldenen Stern von Herrn Musikdirektor Bergmann veranstalteten Extra-Konzerts bevor. Nicht nur, daß der allgemein beliebte und tüchtige Dirigent der Naunhofer Jägerkapelle ein Programm zufammengestellt hat, welches selbst den verwöhntesten Musikfreund der Großstadt zum Besuche des Konzertes verlocken könnte, so ist es ihm in letzter Minute noch möglich geworden, das rühmlichst bekannte Mando linen-Guitarre-Quartett Armanini, Kammermusiker S. K H- des Herzogs v. Edinburg kurz vor deren Abreise nach Leipzig und Paris zur Mitwirkung zu gewinnen. Genanntes Quartett, welches des SommerS über schon mehrere Jahre zur Erholung in Naunhof weilt, ist in den größten Städten Europas als vorzüglich bekannt und ist schon zu wiederholten Malen bereit gewesen, unS Naun- höfern und der Umgebung einen Kunstgenuß zu verschaffen, den sonst nur die größten Etablissements Deutschlands für teures Geld bieten. Wir sind überzeugt, daß sich Niemand die Gelegenheit eines genußreichen Abends entgehen lasten wird. Tanzlustigen ist Gelegenheit geboten, sich nach dem Konzert noch bis 1 Uhr unter den Klängen der Naunhofer Jägerkapelle zu drehen. Der Wirt deS goldnen Sterns, Herr Karl Albani, wird für daS leibliche Wohl mit seiner altbewährten Küche und Keller Sorge tragen. Die liebenswürdige Sternwirtin und gefällige Nichten unterstützen ihn darin.k. >V. Astronomischer Kalender Sonntag, den 3V. September WOV. Sonnenaufgang 6 Uhr — Min. Sonnenuntergang 5 Uhr 39 Min. Mondaufgang l2 Uhr 51 Mm. Monduntergang 8 Uhr 65 Mn,