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Vieh, 4000 Schafe sowie viele Gewehre und Munition erbeutet. London, 24. Sept. Eine Depesche des Feldmar schalls Roberts aus Pretoria vom vom 24. d. Mts. besagt: General Pole Carew besetzte heute früh Komatipoort und erbeutete eine große Menge Eisen bahnwagen und Lokomotiven. Eine weitere Depesche des Feldmarschalls Roberts berichtet, daß am 23. d. Mts. ein Burenkommando unter Erasmus die Bahn station Elandsriver angriff, aber zurückgeschlagen wurde. In der Zwischenzeit nahm General Paget das Lager der Buren und erbeutete 2500 Stück Vieh und 6000 Schafe. London, 24. Sept. Aus Lourenco-Marques wird gemeldet: 1500 Buren und 14 Offiziere überschritten die portugiesische Grenze und wurden dort internirt. — Die deutsche Reichsregierung hat ein Aner bieten Chinas, ein Mandarin sollte dem Kaiser Wil helm das Bedauern der chinesischen Regierung an der Ermordung Kettelers aussprechen, mit der Erklärung zurückgewiesen, daß dazu die Zeit noch nicht gekommen sei. Sehr richtig! Die amerikanische Regierung hat ein Gesuch des chinesischen Gesandten in Washington, sie möge ihrem Gesandten in Peking Instruktionen zur Auf nahme von Friedensverhandlungen erteilen, abschlägig beschicken. Oertttches und Sächsisches. Naunhof, 25. September 1900. Naunhof. Der berühmte Billardspieler Kerkau, welcher vor einiger Zeit in verschiedenen Städten Deutschlands, auch in Leipzig mit seinem Spul Be wunderung erregte, dürfte in unserer Stadt sattelfeste Gegner finden, denn gestern Abend wurde im Ratskeller ein interessanter Wettstreit auf dem Billard beendet, der für die Vorzüglichkeit des Spiels der Teilnehmer ein glänzendes Zeugnis abgiebt. Die Herren Schloffer- mstr. Leipnitz und Restaurateur Feldmann einerseits spielten zusammen gegen Herrn Baumeistr. Oehmichen andererseits, der allein 800 Points aufbringen sollte, während die „vereinigten Gegner" deren 1000 erreichen mußten, um als Sieger zu gelten. Die selbst für gewandte Spieler ansehnliche Partie ist in drei Abenden beendigt worden, und zwar erreichte Herr Oehmichen seine 800 Points, als die Gegner bei 995 zusammen standen, ist also als Sieger aus der Partie hervorgegangen. Die verhältnismäßig sehr kurze Spielzeit zu den nahezu 1800 gespielten Points bedeutet eine ausge zeichnete Leistung jedes der Teilnehmer, die so leicht nicht zu übertreffen sein dürfte, denn es spielten an den drei Abenden die Herren Oehmichen 303, 303 und 144, Leipnitz 198, 171 und 127, Feldmann 191, 183, und 130 Points. Der von den Unterlegenen in diesem friedlichen Streite, der sicher auch für Naunhof und dessen weiteren Umkreis einen Rekord bedeutet, zu zahlende Kampfpreis besteht in einem gemeinsamen Rebhuhnessen mit Wein, das dem Sieger wie den Besiegten gleich wohl munden wird. -s Eine bemerkenswerte Neuerung hat beim Militär Platz gegriffen. Es betrifft dies die Namensbe- nennnng der Offiziere gleichen Ranges einfach nummerirt, um dem Offizier einen bestimmten Namen zu geben, z. B.: Leutnant von Schmeling I, von Schmeling II, von Schmeling HI, usw. Aus ästhetischen wie prakti- Aas Heyeimnis -es Waldes. Kriminalroman von KurtvBergheim. 18 Und der biedere, alte Herr bat so innig, eine Ablehn ung würde ilm so bitter gekränkt haben, sie vermochte es nicht über sich zu gewinnen, ihm das zuznfügen. Sie wil- ligte endlich ein. Mit einem Freudenruf schloß Bichmann sie in seine Arme. „Gottlob! Das hat schwer gehalten! Endlich neh men Sie, nein, nimmst Du Vernunft an. Denn von heute an nenne ich Dich Du, und Du sagst zu mir Vater." „Vater," wiederholte Helene, seine Hand an ihre Lip pen ziehend. „Ach, ich habe den, dem dieser Name gebührte, nie gekannt." „Armes, liebes Kind," versetzte er, ihre Wange strei chelnd, „na, ich hoffe, Du sollst den zweiten Vater noch recht lange behalten. Jetzt wollen wir aber die gute Ber tha von ihrer Pein erlösen, die vergeht gewiß vor Neu gierde und Angst, waS wir hier mit einander zu verhan- dein haben," fügte er wieder in einem scherzhaften Ton hinzu, öffnete die Thür und rief nach der Wirtschafterin. Bertha kam mit einer solchen Schnelligkeit herbei, daß die Vermutung nicht unbegründet war, sie habe sich in Hörweite aufgehalten. Mit schlecht verhehltem Unmut vernahm sie BichmannS Mitteilungen und brachte Helene mit süßsaurer Miene ihre Glückwünsche dar. Ihre Stirn entrunzelte sich auch nur wenig, als Bichmann ihr die Versicherung gab, ihre Stell ung im Hause werde durch die Adoption keine Veränder ung erleiden, und hinzufügte: „Ich habe bei dieser Gele genheit auch mein Testament gemacht und dafür gesorgt, daß Sie bequem leben können, wenn Sie auch hundert Jahre alt werden, Bertha; die Eisenbahngeschichte hat mir die Lehre gegeben, daß man sein Haus bei Zeiten bestellen muß. Und Ihr Neffe Albert soll gleich haben, um wa- er mich wieder gebeten hat, sagen Sie ihm aber auch, daß eS nun wirklich dar letzte Mal ist." So wenig befriedigt Bertha über die Wendung der schen Gründen ist hierin seit einiger Zeit eine Aender- ung eingetreten, indem in solchen Fällen dem Familien namen der Rufname des betreffenden Offiziers ange hängt wird, z. B.: Stülpnagel-Otto, von Hagen-Ernst usw. Auch in den militärischen Schriftstücken wird diese Bezeichnung geführt. s Der Verband deutscher Gewerbevereine hat auf seiner Generalversammlung zu Freiburg in Baden eine Resolution zu gunsten der Handwerkergenoffenschaften angenommen. Wo zur nötigen Geldbeschaffung für diese Genossenschaften die bestehenden Kreditquellen nicht ausreichen, erwartet der Verband, daß dem Hand werker von Staatswegen die gleiche Hilfe durch Vor schüsse aus Staatsmitteln gewährt werde, wie der Land wirtschaft. —- Ferner wurde es für notwendig erklärt, daß dem kleinen und mittleren Gewerbestand die Seg nungen einer Invaliden- und Altersversicherung zu teil werde. -ß Gegen Louis Kuhne, den Besitzer der bekannten Kur- und Lehranstalt für Naturheilkunde am Floßplatz in Leipzig, ist das Hauptverfahren wegen 300 bis 400 Fällen Kurpfuscherei eröffnet worden. Die Verhandlung, welche vor der Strafkammer III des Landgerichts statt finden wird, dürfte mehrere Tage in Anspruch nehmen und namentlich für Aerzte von großem Interesse sein. s Acht junge Damen, welche im Leipziger Gym- nasial-Kursus für Damen vorgebildet waren, wurden dem König!. Gymnasium zu Dresden-Neustadt zur Ablegung der Reifeprüfung freiwillig zugewiesen. Zwei von ihnen traten nach der schriftlichen Prüfung freiwillig zurück, die übrigen sechs unterzogen sich der mündlichen Prüfung. Allen konnte das Zeugnis der Reife zuerkannt werden, und zwar erhielten 3 die II, 2 IIb und I III a als Zensuren. Die Damen wandten sich meistens dem Stu dium der Medizin zu. -j- Eine „Zentral Obst- und Gemüseverwertungs genossenschaft" ist in Köln gegründet worden. Zweck der Gründung ist, die bisherigen Verdienste des Zwischen handels den Produzenten zuzuwenden, durch Thätigkeit und Einfluß der Genoffenschaft auf die Preisbildung im Obst- und Gemüsemarkt einzuwirken. -f- Die sächs. Landwirtschaft strebt die Schaffung einer selbständigen landwirtschaftl. Abteilung im Mini sterium des Innern an. Bis jetzt besteht eine gemein same Abteilung für Landwirtschaft, Handel und Gewerbe. Die Forderung wird begründet mit der Eigenart der sächsischen landwirtschaftlichen Verhältnisse, die trotz des vorhandenen besten Willens nicht eingehend und voll kommen genug behandelt werden könnten. -s Die Landesversicherungsanstalt Königreich Sachsen fällt in diesen Tagen eine wichtige Entscheidung hinsichtlich des 18 des Jnvalidenversicherungsgesetzes. Ein Arbeiter P. in M. litt an schlechter Verdauung, die auf sein mangelhaftes Gebiß zurückzuführen war. Der Arzt bekundete, daß, wenn sich der Patient kein künstliches Gebiß einsetzen lasse, später Invalidität ein eintreten würde. Da die Krankenkaffe, der der Erkrankte angehört, sich weigerte, die Kosten des Gebisses zu tra gen, da ein solches nicht zu den „Heilmitteln", wie sie . das Krankenversicherungsgesetz vorsieht, gehört, wurde die Landesversicherungsanstalt darum angegangen. Der Patient berief sich auf den bekannten Z 18 des Jnva lidenversicherungsgesetzes, nach dem die Versicherungs anstalt ein „Heilverfahren" übernehmen kann, wenn Jn- valididät zu besorgen und die Heilung des Erkrankten möglich erscheint. Die Versicherungsanstalt bewilligte Tinge war, so erfreut zeigte sich Albert Gasper darüber. Er erklärte es für eine kapitale Idee des Alten, Helene zu adoptieren, und erwiderte, als Bertha ärgerlich fragte, was ihm denn daran so sehr gefiele, lachend: „Die Aus sicht, über kurz oder lang seine Erbschaft anzutreten." „Du ?" fragte sie mit weit aufgerissenen Augen. „Wieso denn?" „Ganz einfach, als Gatte seiner Tochter." „Du wolltest die alte Jungfer heiraten?" „Warum denn nicht ? Sie gefällt nur gar nicht übel, ich ließe mir zu demGelde noch eine schlechtereZngabegefallen." „Aber der Alte wird nicht wollen," wandre Bertha ein „Er wird schon müssen, wenn sie nur will, und das letztere laß meine Sorge sein," antwortete er mit einem selbstgefälligen Blick in den Spiegel. * In der Hauptstraße zu Schöneberg, in einem Garten hause, wie solche in den meisten Vorstädten Berlins eigens erbaut zu sein scheinen, um Damen der besseren Stände, die nur über bescheidene Mittel verfügen, die Möglichkeit zu gewähren, gegen einen mäßigen Mietspreis eine an gemessene Wohnung zu bekommen, hatte die verwitwete Frau Konsul Velbert mit ihrer Tochter Adelheid ihr Heim aufgeschlagen. Wer die nicht allzu hohen Zimmer mit den billigen Tapeten und der sonstigen sehr einfachen baulichen Aus stattung betrat, dem mußte, sofern er nur einigermaßen ein Auge für solche Dinge besaß, der Unterschied auffal len, welcherzwischen der letzteren und der sehr eleganten, wenn auch schon etwas verblichenen Einrichtung herrschte; ebensowenig wollte die Erscheinung der Damen selbst dazu recht paffen. Frau Konsul Velbert wie ihre Tochter waren groß und schlank, vornehm in Haltung und Bewegung, wie in der einfachen, aber gewählten Kleidung Die alte Dame, deren Haar ganz weiß unter der schwarzen Spitzenbarbe, die sie stets trug, hervorschimmerte, zeigte in dem ovalen Gesichte mit den regelmäßigen, fein geschnittenen Zügen die Einsetzung eines vollständigen Gebisses auf ihre Kosten. Diese Entscheidung weicht von der bisherigen Gepflogenheit der Versicherungsanstalten, nach der Heil mittel und sonstige Apparate nicht gewährt wurden, voll ständig ab. 1 - Die durchschnittliche tägliche Transportleistung der König!. Sächs. Staatsbahnev im Jahre 1899 stellte sich auf 178 333 Personen und 68 705 Tonnen Güter bei einer durchschnittlichen täglichen Einnahme von 104 011 Mark im Personen- und 199 796 Mark im Güterverkehrs. - j- Ein Radler mit der Baßgeige auf dem Rücken wurde am Montag in Plauen i. V. beobachtet. Das Straßenpublikum lachte natürlich herzlich über den un gewohnten Anblick. - ß Die Erdbeben im Vogtlande machen sich wieder bemerkbar. Nach längerer Zeit der Ruhe erschütterte am Mittwoch in Tirpersdorf ein gewaltiger Erdstoß nachm. 1 Uhr wieder den Erdboden; eine Richtung der Bewegung war nur in schwachem Maße von Süd nach Nord zu bemerken. Zehn Minuten später wiederholte sich die Erscheinung in verminderter Stärke. Der erste Stoß gehörte zu den heftigsten des laufenden Jahres. - j- Herbstanfang. Der Herbst hielt am Sonntag seinen Einzug. Am 23. September trat die Sonne in das Zeichen der Waage und macht Tag und Nacht gleich. Somit hat offiziell der Herbst die Herrschaft angetreten, die schönste Zeit des Jahres liegt hinter uns. Zwar hat der Sommer noch einmal im Herbstmonat einen etwas späten, aber sehr hitzigen Anlauf genommen, allein mit seiner Macht ist es nun doch vorüber; der Altweibersommer kann uns nicht mehr täuschen, so wenig wie die verblichenen Reize einer angejahrten Jungfrau. Mögen auch noch einige schöne Tage kommen ; „bunt sind schon die Wälder, gelb die Stoppelfelder." Auch die merkliche Abnahme des Tageslichtes mahnt, sehr zum Leidwesen der sparsamen Hausfrau, die mit stillem Grauen an die hohen Petroleumpreise denkt, daß die Tage, „von denen wir sagen, sie gefallen uns nicht", immer näher kommen. „Es kann ja nicht immer so bleiben, hier unter dem wechselnden Mond." Im Früh jahr steigert die Natur ihre Gestaltungsart im Blumen leben mit Kraft und Kunst; in den Gräsern entstehen Compositen, Marienblümchen und Löwenzahn, bis im Sommer sich diese Gestaltungsformen in Schmetterlings blütlern, Rosaceen, Glockenblütlern und anderen Formen bildungen sozusagen erschöpft hat, um dann im Herbst wieder zu den Compositen, Astern, Sonnenblumen, Disteln, und zu den maskierten und Kreuzblüten zurück zukehren, gleichsam, uns auf das allmählige Absterben der Natur vorzubereiten. Ueberall in der Natur keine gewaltsamen Sprünge, sondern ein volles Uebergehen von einer Form in die andere. Bald sprießt es wieder aus der fruchtbaren Erde, bald kommt wie junges Hoffen der Halm hervor. Leben geht und tausendfältig kehrt es wieder. Im wärmenden Strahl der Mittagssonne spielen die letzten Mücken, das Gewürm verkriecht sich, ' und ein Teil der munteren Vögel ist bereits fortgezogen. Sie haben es gut, sie entfliehen dem rauhen Winter, der schon mißmutig im Hintergründe wartet. Wir Menschen aber sind an den Ort gebunden und müssen hier aushalten. Seien wir klug und bereiten wir uns, so gut es geht, auf die Ankunft der rauhen Tage bei Zeiten vor. Leipzig. Die Gehaltsfrage der Leipziger Lehrer hatte im Frühjahr laufenden Jahres viel St.mb aufge- Spnren von großer Schönheit, und Adelheid hatte etwa- ungemein Anziehendes, obwohl auch sie nicht mehr in der ersten Jugendblüte prangte. Bei beiden Damen war eS unschwer erkennbar, daß allerlei trübe Lebenserfahrungen hinter ihnen lagen. Die dadurch zurückgelassenen Spuren traten aber recht un gleich in die Erscheinung und hatten den von der Natur so sehr ähnlich gebildeten Gesichtern ein recht verschiedenes Gepräge aufgedrückt. Die schönen Züge der Frau Konsul hatten einen kalten, hochmütigen und dabei verbissenen Ausdruck. Um den et was eingefallenen Mund lag ein Zug tiefer Bitterkeit, die dunklen Augen hatten einen stechenden Blick und konnten recht finster und drohend dareinschauen. Frau Velbert konnte sich nicht darüber zufrieden geben, daß das glän zende HauS, an dessen Spitze sie als gefeierte Herrin ge standen, beim plötzlichen Tode ihres Gatten jäh und zu sanunengebrochen war, und sie nur so viel gerettet hatte, uni mit ihrer Tochter in stiller Zurückgezogenheit ein Da sein führen zu können, das sie in ihrem Groll als ein kaum menschenwürdiges bezeichnete. Auch Adelheids Gesicht war schmal und von einer fei nen, durchsichtigen Blässe. Ein wehmütiges Lächeln spielte um ihren lieblichen, feingeschuitteuen Mund; in den dunk len Augen, die einen wirksamen Gegensatz zu dem goldig schimmernden Haar bildeten, schienen die reichlich ver gossenen Thräuen einen leichten Schleier zuruckgelaffen haben, lieber dem Antlitz, wie über der ganzen Gestalt schien ein Hauch sanfter Wehmut, stiller Entsagung aus- gegoffen zu sein. Es war am Nachmittag eines schönen, warmen Sep- tembertages. Mutter und Tochter saßen einander an einem Tische gegenüber, der mit Woll- und Seidenknäueln in den verschiedensten Farben bedeckt war. Ueber einen Rahmen gebeugt stickte Adelheid so eifrig, daß ihre Wangen sich mit einer hohen Röte bedeckt hatten, während die Frau Konsul, in einen bequemenArmstuhl zurückgelehnt,in einem Buche las. 69,18