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seien darin einig, daß der Entsatz van Peking durch die Engländer unnötig verzögert werde. Es herrsche großer Unwille darüber. Nach einer Meldung der „Times" aus Shanghai vom 2. besagt eine Depesche de» Gouverneurs von Shantung, daß die fiemden Ge« sandten in Peking am 27. Juli noch sämtlich wohl behalten waren. Die Boxer und die chinesischen Truppen bekämpfen sich gegenseitig. Zu den auf Befehl Li- Ping-Hengs enthaupteten Personen gehört auch der frühere Gesandte Chinas in Petersburg Hin-Tsching- Tscheng. London, 5. August. Nach einem Telegramm des „Reut. Bur " aus Tientsin vom 1. d. Mts. haben die Chinesen die Dammaufschüttung des Kanals durch stochen und das Land zwischen Tientsin und Peking unter Wasser gesetzt. 30000 Boxer stehen 8 Meilen nördlich von Tientsin. Eine Schlacht steht nahe bevor. London, 5. August. Aus Shanghai wird vom 4. d. Mts. gemeldet: Die vorsichtig vorrückenden, das Terrain oufklärenden vereinigten Truppen stießen bereits am I. August sechs Kilometer westlich von Tientsin am rechten Peihoufer auf den stark verschanzten Feind, welcher nach Heranholung von Verstärkungen nach acht stündigem schwerem Kampfe delogiert wurde. Da andere chinesische Korps die Rückzugslinie abzuschneiden drohten und die Engländer nicht rechtzeitig einzugreifen bereit waren, mußte der Vormarsch momentan unterbrochen werden. Die Russen setzen die Operationen am linken Peihoufer fort. Die Japaner stießen angeblich auf starke verschanzte Feindesmassen. Der Vizeadmiral Bruce hält den Vormarsch für verfrüht und die Vor bereitungen für unzulänglich. — Weitere Meldungen datiert aus Peking vom 21. Juli, fordern eiligst Hilfe. Die Lage werde verzweifelt. Shanghai, 5. August. Die Nachricht von dem Selbstmorde Li-Hung-TschangS bestätigt sich nicht. Zum Bormarsch auf Peking. Wie die englischen Offiziere in Tientsin ihre militärffche Ausgabe auffassen, darüber läßt sich der „Berliner Lokal-Anz." folgender, maßen aus London berichten: „Noch am 25. Juli war die Mehrzahl der leitenden Offiziere in Tientsin der Ansicht, daß ein gemeinsamer Aufbruch der Entsatz, armee dank hauptsächlich der Unfertigkeit des britischen Kontingents vor Mitte August nicht möglich sein werde. Der ausführliche telegraphische Bericht, der diese Meldung enthält, übt an dem allgemeinen Verhalten der Heeres leitungen in Tientsin scharfe Kritik, es heißt darin: „Die Herren Offiziere lasten sich durch die Ereignisse in Peking die gute Laune nicht verderben. Allabendlich laden sie einander zu ausgesuchten Diners ein, die bei den lustigen Klängen Straußscher Walzer eingenommen werden. Freunde der in Peking Emgeschloffenen, die hierher kamen, um die Entsatzarmee auf ihrem Vormarsch zu begleiten, sind außer sich über die Bummelei, namentlich der englischen Offiziere. Der Präsident der Universität in Tientsin, Mr. Tenny, äußerte sich folgendermaßen: „Dieses Benehmen steht nicht im Einklang mit den angelsächsischen Traditionen; 20000 Soldaten liegen hier müßig, während 80 Meilen entfernt Frauen und Kinder in Lebensgefahr schweben." Tenny und andere Landeskundige behaupten, daß die Offiziere die Schwcrig- keiten des Vormarsches auf Peking ungeheuer über treiben und über zu peinlichen Vorbereitungen kostbare Zeit verschwenden." Daß die Hauptschuld an der Ver zögerung die Engländer trifft, bestätigen weitere Tele gramme. Irem-es Arot. Roman von WalterAllenstein. 48 Paul Maidorn, der auch anwesend war, brachte zwar nichts heraus, aber er sah Hulda mit einem bestürzten und zugleich flehenden Blick an, der seine Empfindungen deutlich genug bekundete. Und Lisbeth sogar, in ihrem überschwänglichen Ungestüm und wie alle von schwerer Krankheit Genesenden noch überaus reizbar und sehr zur Empfindlichkeit geneigt, warf sich der Freundin weinend an die Brust und erklärte, sie würde gewiß einen Rückfall erleiden, wenn Hulda sie nun verlaste. So blieb Hulda denn und sie blieb gern, fühlte sie sich doch nicht mehr wie eine Fremde unter diesen einfachen, aber herzlichen Leuten, die sie mit ihrer Liebe förmlich verwöhnten, sondern als gehörte sie von jeher zur Familie. Zu Ende Juni war für Lisbeth eine Badereise in Ans« sicht genommen. Frau Maidorn, die ihre Tochter begleiten sollte, wollte, daß auch Hulda sich anschlöffe. „Auch Ihnen, liebe Hulda," sagte sie, „kann ein biß. chen Erholung, ein bißchen Nichtsthun in der frischen, ge- sunden Waldlust nicht schaden!" Aber Hulda wehrte entschieden ab. „WaS soll denn au» den beiden Herren werden?" wandte sie ein. „Pah," machte Frau Maidorn, „Vater und Paul essen irgendwo in der Kneipe. Wenn sie auch ein paar Pfund abnehmen bei der mageren WirtShauSkost, mein Gott, sie haben's ja dazu." Aber Hulda hielt «S für eine Pflicht der Dankbarkeit, sich nun, wo sich ihr eine Gelegenheit dazu bot, der Fa- inilie nützlich zu erweisen. „Nein," entgegnete sie, in den scherzhaften Ton der Zrau Maidorn einstimmend, „das kann ich nicht zugeben, »aS könnt' ick ja nie verantworten! Wenn Sie gestatten, tteibe ich und besorge Haus und Küche, so gut ich es eben sermag." Herr Maidorn schmunzelte, und Paul sah ganz ver klärt darein. Krieg 1« Südafrika. Ein Londoner Blatt hört von einem soeben aus Pretoria heimkehrenden Engländer, daß die Buren noch für zwei Jahre Proviant und Munition hätten. Auch sei ihr Entschluß, bis zum äußersten zu kämpfen, fester denn je, und könne von einem baldigen Ende des Krieges nicht entfernt die Rede sein. Ferner sagt der Gewährsmann, daß sowohl Kitchener wie Buller tief verstimmt seien. Mit Buller sei nichts anzufangen, er weigere sich einfach, marschieren zu lasten und habe sich in der empörendsten Weise dem Trünke ergeben. Die Regierung würde ihm von Herzen den Laufpaß geben, doch sie wage es nicht vor dem englischen Volke; selber sei er nicht zu bewegen, seinen Posten nieder zulegen. Oertliches und Sächsisches. Naunhof, den 7. August 1900. Naunhof. Nicht weniger als 3 Sammelstellen haben wir in unserer Stadt nun für die Unterstützung nach Ostasien. Der Erfolg der Sammlung für die Buren dürfte noch in frischer Erinnerung sein, um so mehr ist deshalb zu hoffen, daß für unsere eigenen Landsleute und Krieger, sowie deren Hinterlassene ein jeder Patriot, ein jeder menschlich Fühlende sein Scherf lein beiträgt, viele Wenig machen auch hier ein Viel. Gaben werden hierselbst entgegengenommen in der Natsexpedition, in der Geschäftsstelle der Naunhofer Nachrichten und beim Kaiser!. Postamte, sowie besten Agenturen und Posthilfsstellen auf den Ortschaften. Naunhof. Mit einem wohlgelungenen Picknick und Konzert trat gestern Abend der Verschönerungs verein zum ersten Male in dieser Saison mit einer offiziellen Festlichkeit in die Reihe der festgebenden Vereine, gleichsam damit den zahlreichen Sommer frischlern, wie seinen Mitgliedern und deren Ange hörigen eine originelle Anregung gebend, wie man ein Waldidyll, wie es der neue Picknickplatz darstellt, so recht auszunutzen imstande ist. Die Veranstaltung bot denn auch in der That, des eigenartig Reizvollen so vieles, daß allseitig der Wunsch laut wurde, in nächster Zeit möge der Verein öfter mit einer solchen oder ähnlichen Festlichkeit hervortreten. Der Besuch derselben war ein überaus zahlreicher, besond.rs unsere neuher gezogenen Bürger und zahlreiche Sommerfrischler waren vertreten, sodaß sich in des Waldes lauschiger Dämmerung ein echtes Waldfest entwickelte, das bei den Klängen des guten Konzertes, dem schäumenden Biere, dem sorg fältig verpackten und im Waldesgrün erst wieder ans Tageslicht kommenden Abendbrot eine animierte Stimmung schuf, die manchen gelungenen Scherz zeitigte. Bis zum Einbruch der völligen Dunkelheit verblieb denn auch die ganze Teilnehmerschar auf dem Platz, um dann unter Vorantritt der Musik nach dem Rothen burger Erker zu pilgern, dort noch einen Schlummer schoppen zu genießen. -j- Prinz Georg hat für das ostasiatische Expeditions korps 300 Mk. einzahlen lasten. -j- Mitte August wird ein Teil des Ulanenregiments Nr. 18 in Trebsen, Altenhain, Seelingstädt, Neichen, Zöhda, Nitzschka, Ammelshain und Staudtnitz einquartiert werden. f Das Bezirkskommando Wurzen giebt bekannt, daß zur Verwendung nach China auch Unteroffiziere und Mannschaften des Beurlaubtenstandes sich melden Und es geschah, wie Hulda es gewollt Sie blieb in Ber lin und führte die Wirtschaft, während Frau Maidorn und Lisbeth das liebliche Ilmenau im grünen Thüringerwald aufsuchten. Hulda strengte alle ihre Kräfte an und bot ihre ganze Kochkunst auf, um den Herren die Abwesenheit der Haus- frau nicht allzu fühlbar werden zu lassen, und daß ihr dies in vollem Umfange gelang, bewies die fortdauernd gute Laune und das sichtbare Behagen, mit dem sich die Herren Maidorn, Vater sowohl wie Sohn, ihre hausmüt- terliche Fürsorge gefallen ließen. Ja, Herr Maidorn Va ter versicherte sogar, daß es ihm nie so gut geschmeckt habe, und sein Appetit strafte seine Worte keineswegs Lügen. Paul freilich langte nicht mehr ganz so kräftig zu, wie sonst, aber er hatte dafür eine ganz plausible Erklärung, die Hulda beruhigte. Die große Hitze, sagte er, sei schuld daran. Die Abende verlebte man in trauter Gemeinschaft. Herr Maidorn hatte sich von seinem Stammtisch auf vier Wochen beurlaubt, denn er hielt es für seine Pflicht, dem jungen Mädchen, die den Tag über für ihn die Hände regte, am Abend eine Erholung und Zerstreuung zu verschaffen, abgesehen davon, daß es auch nicht recht schicklich gewesen wäre, sie mit Paul allein zu lassen. Bei schönen» Wetter besuchte man irgend eins der großen Konzertlokale im Freien, an denen Berlin eine so große Auswahl bietet, und stellte sich gelegentlich kühle und regnerische Witter ung ein, blieb man zu Hause. Die beiden Männer gaben die andachtsvollsten Zuhörer ab, wenn Hulda an solchen Abenden musizierte, und fühlte sie sich dazu nicht aufge legt, so saß man gemütlich plaudernd beisammen, wäh rend die Herren ihre Cigarrenrauchten und das aus einer nahen Restauration geholte Bier tranken. „Wenn wir nun noch ab und zu einen kleinen Skat spielten," erklärte eines Abends Herr Maidorn aus ehr- lichstem Herzen heraus, „so fühlte ich mich so wohl wie in Abrahams Schoß, und mein Stammtisch könnte mir ein für allemal gestohlen werden. können. Dieselben sollen Kapitulationshandgeld, sowie Löhuungszuschuß empfangen. -j- Die „Rückfahrkarte", im früheren Eisenbahn deutsch „Retourbillet" genannt, kann in diesem Jahre ihr fünfzigjähriges Dienstjubiläum feiern. Die „vogtländischen Knollen", wie die Kar toffeln früher genannt wurden, sind vor 200 Jahren, im Juni 1700, von einem Zimmergesellen namens Rümmer in Unterwürschnitz eingeführt und im väter lichen Garten angebaut worden. Bis zu den schweren Teueruugsjahren (1771/72) fanden die Kartoffeln je doch wenig Anklang; erst da erkannte man den großen Wert derselben und nun breitete sich ihr Anbau rasch aus. Im Vogtland? (Amtsbauptmannschast Plauen, Auerbach und Oelsnitz) werdm jährlich mehr als 17 000 Hektar Ackerboden mit Kartoffeln bepflanzt und im Königreich Sachsen schwankt der Ertrag der Kar toffelfelder pro Jahr zwischen 11 und 16 Millionen Doppelzentner. Von dem Mörder, der den Sattlergehilfen Feige auf Altenbacher Flur ums Leben gebracht hat, findet sich wieder eine Spur. Er soll sich in der Halleschen Gegend herumtreiben. In letzter Zeil sind eine große Anzahl von Personen aus der näheren und weiteren Umgegend Döbelns mit ziemlich hohen Geldstrafen belegt worden, weil sie, trotz der Aufforderung ihrer Ortsbehörde, die Maße und Gewichte nicht zur Nachaichung gebracht haben. Döbeln. 11 Schulkunden wurden hier ermittelt, die in der Mulde einen eifrigen Fischdiebstahl verübten. Die Bürschchen hatten sich mit Gabeln bewaffnet und stachen damit in weniger t'efen Stellen der Mulde Aale auf: 21 Stück hiervon in der Länge von za. 40 om hatten sie bereits gefangen. Fischereiausstellung. Am 20. und 21. Oktober wird der sächsische Fischereiverein in Chemnitz wiederum eine Fischereiausstellung veranstalten. Ein fünfjähriger Knabe in Gohra bei Riesa trug einen Haufen Reisig zusammen, brannte es an und legte ein gleichalteriges Mädchen, mit dem er spielte, darauf. Das Kind erhielt so starke Brandwunden, daß es auf dem Transport nach dem Krankenhause starb. Das Kirchdorf Culitzsch blickt in diesem Jahre auf eine 600jährige Vergangenheit zurück. In Pirna wird eine Papierfabrik für 800 000 M. erbaut. In Lommatzsch hat ein gewaltiger Sturm viel Schaden angerichiet. Das Obst flog iu Menge von den Bäumen. Auch brach der Sturm viel Aeste von denselben. Ans den Feldern wurden die Kornpuppen vom Sturm umgriffen und in alle Winde gefegt. Eine unangenehme Verwechselung erreignete sich im städtischen Krankenhaus zu Neustadt a. H. Ein Dienst mädchen hatte sich eine Nähnadel so tief in die Hand gestoßen, daßd e Nadel mit Röntgenstrahlen gesucht werden mußte. Im Besitze der Photographie machte sich der Krankenhausarzt daran, dem Mädchen die Nadel aus der Hand zu schneiden. Mitten in der Arbeit erwachte das Mädchen aus der Narkose und rief erschrekt: „Ach Gott, Herr Doktor, Sie haben ja die falsche Hand!" Sofort chloroformierte der Arzt die Patientin vom neuem und schnitt nun aus der anderen Hand die Nadel. Da die Verwundung der „falschen" Hand schwer ist, soll der Prinzi- pal des Mädchens den Beschwerdeweg betreten haben. Mit dem Ende des lausenden Semesters schließt ein Zeitraum von 25 Jahren ab, seit die,königliche Hulda beeilte sich uatürlich, diesem indirekt ausgespro chenen Wunsch des Hausherrn Folge zu leisten, und ob- gleich Herr Maidorn seine Aeußerung zurückuehmett und nur im Scherz gethau haben wollte, ließ sie mit Bitten nicht nach, bis man ihr den Willen that und sie in der schwierigen Kunst des Skatspiesens unterrichtete. Und mit ihrem guten Willen und regem Eifer machte sie so tüch tige Forschritte, daß Herr Maidorn schon nach den ersten acht Tagen erklärte, sie spiele viel besser als Paul. Der allerdings legte eine merkwürdigeUngeschicklichkeit uudZer- streuung an den Tag und verpatzte die besten Spiele, so daß sein Vater sich zu den anzüglichsten Witzen veranlaßt sah. „Höre 'mal Du stehst doch hier nicht auf dem Gerüst ES genügt doch, wenn Du bei Tage mauerst!" Oder er schob die Schuld auf Hulda uud sagte scher zend zu ihr: „Na ja, er ist nicht gewöhnt, mit Damen zu spieleu, und da sieht er denn immer auf Ihre Finger an statt in seine Karten." Mitten aus diesem gemütlichen Stilleben schreckte Hailu, ein Brief aus Ilmenau sehr unsanft auf. Lisbeth Mai dorn teilte ihrer Freundin triumphierend mit, welche in teressanten und vornehmen Bekanntschaften sie bereits im Bade gemacht habe. „Rate einmal," hieß es in dem Schreiben, „wen wir gleich in der ersten Woche an der Gesellschaftstafel un seres Hotels kennen lernten? Aber Du wirst es nicht von selbst herausbriugen, wenn Du auch eiu ganzes Jahr da ran herumratest. Und so will ich's Dir lieber gleich la gen: Lieutenant von Wollfram Ivar eS, der Bruder Cla ras! Du kannst Dir denken, wie sehr ich mich freute. Du weißt, ich habe immer eiue Schwäche für Lieutenants ge habt uud habe eS immer bedauert, daß bei uuS so gar keine Offiziere verkehren. Herrn von Wollfram hätt' ich damals schon auf dein Eise gern kennen gelernt, aber Du und Clara . . na, Schwamm drüber! Sogar Mama, die eigentlich Lieutenants gar nicht leiden kann, ist nahe da ran, ihn nett zu finden. 70,IS