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DamUer G KEHten W;KN für Drchchin, Ammelshain, Ichershai», Aeueha, Dn-orf, Keha, MmaNshm, Juchshain 8nßMni, Mft, W«, Ackstsn. SieiisiMni. AHM, Pmßm. SnfttHii», kiubiij, Ann, WilfHii«, Zimchch M N»M>. Mtt einer illustrierten Sonntags - Veilsge. Dieses Blatt erscheint in Naunhof jeden Dienstag, Donnerstag und Sonnabend, Nachmittag 6 Uhr, mit dem Datum des nachfolgenden TageS und kostet monatlich 35 Pfg., vierteljährlich 1 Mark. Für Inserate wird die gewöhnliche einspaltige Zeile oder deren Raum mit 8 Pfennigen, für solche außerhalb der Amtshauptmannschaft Grimma, sowie für Anzeigen am Kopfe und im Reklameteile, mit 10 Pfennigen, berechnet, bet Wiederholungen tritt Preisermäßigung ein. Nr. 78. Der Gesandtenmord in Peking. So hat es sich denn als grauenvolle Wahrheit herausgestellt, was seit Wochen in unbestimmten Ge rüchten verlautet hatte, von amtlichen chinesischen Stellen aber immer bestritten worden war — der deutsche Ge sandte in Peking, Freiherr o. Ketteler ist ermordet, von fanatischen Boxerhaufen mit chinesischen Soldaten im Verein auf offener Straße gräßlich niedergemetzelt worden! Neben der tiefen, rein menschlichen Teilnahme an dem grausamen Geschick, von welchem der bisherige diplomatische Vertreter des deutschen Reiches in der chinesischen Hauptstadt nunmehr ereilt worden ist, macht sich eine zornige Entrüstung nicht nur in Deutschland, sondern auch überall im Auslände geltend, stellt doch die Ermordung eines Gesandten eine der schwersten Verletzungen des internationalen Völkerrechts dar, welche es überhaupt geben kann. Sogar bei unzivili sierten Stämmen erfreuen sich die Abgesandten eines fremden Volkes einer sie schützenden Ausnahmestellung, und im Verkehr zwischen halb- und ganzzivilisierten Staaten und Nationen ist der Schutz der gegenseitigen Gesandtschaften bei etwaigen Verwickelungen schon längst erst recht zum festen Grundsätze erhoben worden, und verhältnismäßig selten weiß die Geschichte von Ver letzungen des Gesandtenrechtes zu Kriegszeiten zu be richten. Und so ruft denn auch die erfolgte grausame Hinmordung des Freiherrn v. Ketteler durch die Pekinger Rebellenhorden in der ganzen gebildeten Welt größte Sensation, und zugleich innigste Teilnahme mit dem tragischen Schicksale dieses überaus sympathischen und hochbegabten diplomatischen Vertreters Deutschlands hervor, während daneben sich überall tiefste Empörung ob solcher Schändung des Völkerrechts äußert. Wag aber Deutschland jetzt in Peking in der Person seines Gesandten widerfahren ist, das kann dort noch jeden Tag, jede Stunde auch den diplomatischen Vertretern der übrigen Mächte begegnen, ja vielleicht sind auch sie inzwischen dem entfesselten Fanatismus der gelben Rasse zum Opfer gefallen, waren doch nach ferneren Nach richten die anderen Gesandten in Peking am 23. oder 25. Juni, also sechs bis acht Tage nach der schmäh- lichen Ermordung des Herrn v. Ketteler, im Hause der englischen Gesandtschaft von wütenden Soldaten- und Pöbelmassen üngeschloffen und schwer bedrängt. Es erweist sich daher immer mehr als eine ge bieterische Pflicht für sämtliche Mächte, geschlossener denn je gegen China aufzutretcn und gemeinsam Sühne für das an dem Vertreter Deutschlands begangene schwere Verbrechen zu heischen. Aus dieser Erkenntnis heraus erklärt daher denn auch z. B. der „Temps", das Organ des Pariser Auswärtigen Amtes, daS angesichts der tragischen Nachrichten aus Peking kein Zaudern mehr gestattet sei; die zivilisierte Welt sei es sich selbst schuldig, einen entscheidenden Streich zu führen, um das ver brecherische Attentat zu strafen. Es sei keine Zeit mehr zu Verhandlungen, jetzt müsse daS Pulver sprechen. Ebenso meint das angesehene „Journal des Debats", die einzige Aussicht, weitere tragische Vorkommnisse in China zu verhindern, liege in einem vollständigen Ein vernehmen der Mächte. In der That, dieser Weg ist der einzige, welcher unter den obwaltenden Verhältnissen von den auswärtigen Mächten mit Aussicht auf Erfolg betreten werden kann, und die furchtbare, ernste Wucht der Thatsachen und Vorgänge im fernen Osten wird hoffentlich alle bei den dortigen Ereignissen interessierten Regierungen zu fernerem gemeinsamen, ztelbewußten und energischen Handeln in China veranlassen. E nigermaßen erschwert wird freilich speziell ein Sühneverlangen wegen der Ermordung des Freiherrn v. Ketteler durch den Umstand, daß eS noch nicht völlig klargestellt ist, inwiefern die chinesische Regierung etwa direkt für dies Verbrechen verantwortlich zu machen ist; es scheint eben in Peking drunter und drüber zu gehen. Wie verlautet, Hal der frrmdenfeindliche Prinz Tuan die Regierungsgewalt an Freitag, den 6. Juli 1900. sich gerissen und den Kaiser und die Kaiserin-Witwe nach der einen Version gefangen genommen, während nach einer anderen Version die Kaiserin-Witwe aus Peking entflohen sein soll. Mindestens trägt aber die bisherige chinesische Regierung indirekt zweifellos die Schuld an dem grausamen Ende des deutschen Gesandten, sie hat durch ihre gesamte zweideutige Haltung gegen über den Fremden in den Boxerunruhen in breite» Massen des chinesischen Volkes allgemach die Vorstellung erweckt, daß jede Ausschreitung und Unthat an den „fremden Teufeln" erlaubt sei. Ob sich angesichts der Blutthat von Peking die seltsame und nur aus diplo matischen Erwägungen heraus erklärliche Fiktion der Mächte, als lägen sie lediglich mit den chinesischen Boxers im Kampfe, noch fernerhin aufrecht erhalten lassen wird, das möchte doch endlich zu bezweifeln sein, der Gesandlen- mord in Peking eröffnet auch ohne Kriegserklärung den Kriegszustand Europas mit dem offiziellen China. Deutsches Reich. — Gilt Fleischextrakt als Fleisch im Sinne des vom Reichstage angenommenen Fleischschaugesetzes? Nach dem Wortlaut des K 4 dieses Gesetzes, sowie nach den Ausführungen, welche die zugehörende Begründung und der Bericht über die Kommissionsverhandlungen im Reichstage enthält, steht es außer jedem Zweifel, daß Fleischextrakt nicht unter das Gesetz fällt, daß je doch der Bundesrat die Ermächtigung besitzt, erforder lichenfalls den Fleischextrakt nachträglich dem Gesetz zu unterstellen. In der Begründung zu dem K 4 ist aus drücklich bemerkt, daß bisher die Notwendigkeit einer gesundheitlichen Kontrolle des Fleischextrakts von der Zulassung zum Nahrungsmittelverkehr sich nicht fühlbar gemacht hat. — An der Konferenz im Reichsgesundheitsamte zur Beratung über dw Ausführungsbestimmungen des Fleischschaugesetzes nahmen außer den Delegierten Preußens Vertreter von Bayern, Sachsen und den Hansastädtcn teil. Viele Delegierte sind Tierärzte. Die Ausarbeitung der Bestimmungen wird längere Zeit beanspruchen. — Wilhelmshaven, 3. Juli. (W. T. B.) Im Hinblick auf den Ernst der Lage in Ostasien wird ein aus Freiwilligen der Armee bestehendes Expeditions korps in Stärke einer gemischten Brigade aufgestellt werden. — Se. Majestät der Kaiser hat seine Nord landsreise infolge der Lage in China verschoben. Der Kaiser hat offenbar unter dem Eindruck der Trauerkunde aus Peking die beschleunigte Bereit- machung der ersten Division des ersten Panzerge schwaders zur Abfahrt nach China anbefohlen. — Kaiser Wilhelm hat in Wilhelmshaven eine kraftvolle Rede über die Lage in China gehalten, die in ganz Deutschland, begeistert wiederklingen wird. Se. Maj. hielt dort an die Mannschaften der beiden See- batatllone die nachstehende Ansprache: „Mitten in den tiefsten Frieden hinein, für Mich leider nicht unerwartet, ist die Brandfackel des Krieges geschleudert worden. Ein Verbrechen, unerhört in seiner Frechheit, schauder erregend durch seine Grausamkeit, hat Meinen bewährten Vertreter getroffen und dahingerafft. Die Gesandten anderer Mächte schweben in Lebensgefahr, mit ihnen die Kameraden, die zu ihrem Schutze entsandt waren. Vielleicht haben sie schon heute den letzten Kampf gekämpft. Die deutsche Fahne ist beleidigt und dem deutschen Reiche Hohn gesprochen worden. Das verlangt exem plarische Bestrafung und Rache. Die Verhältnisse haben sich mit einer furchtbaren Geschindigkeit zu einem tiefen Ernste gestaltet und, seitdem Ich Euch unter die Waffen zur Mobilmachung berufen, noch ernster. Was ich hoffen konnte, mit Hilfe der Marine-Infanterie wieder herzustellen, wird jetzt eine schwere Aufgabe, die nur durch geschlossene Truppenkörper aller zivilisierten Staaten gelöst werden kann. Schon heute hat der Chef des 11. Jahrgang. Kreuzergeschwader Wich gebeten, die Entsendung einer Division in Erwägung zu nehmen. Ihr werdet einem Feinde gegenüberstehen, der nicht minder todesmutig ist, wie Ihr. Von europäischen Offizieren ausgebildet, haben die Chinesen die europäischen Waffen brauchen gelernt. Gott sei dank haben Eure Kameraden von der Marine-Infanterie und meiner Marine, wo sie mit Ihnen zusammengekommen sind, den alten deutschen Waffcnruf bekräftigt und bewährt und mit Ruhm und Sieg sich verteidigt und ihre Aufgaben gelöst. So send. Ich Euch nun hinaus, um das Unrecht zu rächen, und Ich werde nicht eher ruhen, als bis die deutschen Fahnen vereint mit denen der anderen Mächte siegreich über den chinesischen wehen und, auf den Mauern Pekings aufgepflanzt, den Chinesen den Frieden diktieren. Ihr habt gute Kameradschaft zu halten mit ällen Truppen, mit denen Ihr dort zusammenkommt. Russen, Engländer, Franzosen, wer es auch sei, sie alle fechten für die eine Sache, für die Zivilisation. Wir denken auch noch an etwas Höheres, an unsere Religion und die Verteidigung unserer Brüder da draußen, welche zum Teil mit ihrem Leben für unsern Heiland einge- treten sind. Denkt auch an unsre Waffenehre, denkt an diejenigen, die vor Euch gefochten haben, und zieht hinaus mit dem alten brandenburgischen Fahnenspruch: „Vertrau auf Gott, Dich tapfer wehr', daraus besteht Dein ganze Ehr'! Denn wer's auf Gott herzhastig wagt, wird nimmer aus der Welt gejagt." Die Fahnen, welche hier über Euch wehen, gehen zum ersten Mal ins Feuer, daß Ihr Mir dieselben rein und fleckenlos , und ohne Makel zurückbringt! Mein Dank und mein Interesse, Meine Gebete und Meine Fürsorge werden Euch nicht verlaffen, mit ihnen werde Ich Euch begleiten." Ausland. Belgien. Vor dem Geschworenengericht zu Brüssel begann am Montag dcr Prozeß gegen den Attentäter Sipido. Derselbe bekannte bei seinem Verhör, der Urheber des Mordanschlages gegen den Prinzen von Wales vom 4. April zu sein, er wiederholte auch ohne Zögern die schon bekannten Beweggründe der That. Krieg in China. Petersburg, 3. Juli. Die telegraphische Bcr- bindung mit Kalgan (Provinz Petjchili) ist unterbrochen. Wien, 3. Juli. Es verlautet in diplomatischen Kreisen, daß Kaiser Wilhelm bei den Mächten die Jnwtwüve zur Einleitung einer energischen Aktion in China ergriffen hat. Die Zahl der Deutschen in China, welche in den VeUragshäfen wohnen, betrug im Jahre 1899 nach dem „Ostasiatischen Lloyd" 1134, die Zahl der Frcmden überhaupt 17193. , Eine unglaublich klingende Nachricht kommt aus Nanking, wo die französischen Priester die Meldung erhalten haben, daß seit dem 27. Juni in Peking Massenhinrichtungen von Fremden begonnen haben. Diese Nachricht soll durch Läufer von den französischen Priestern aus Peking selbst eingeg'Ugen sein, die den den Tode Geweihten das Sterbesakrament verabreichten. Oertliches und Sächsisches. Naunhof, den 5. Juli 1900. Naunhof. Für die Heimats- und Altertumsaus stellung sind die Anmeldungen erfreulicherweise recht zahlreich eingegangen. Bereits gegen 300 Nummern, unter denen sich sehr wertvolle Stücke befinden, sind vorgemerkt. Fast sämtliche Gegenstände stammen aus Privathand, sie sind teils als wirkliche Altertümer von größerem wissenschaftlichem Werte, teils sind sie eng- heimatlichen Ursprunges, sicher jedoch ist, daß nach den bisherigen Umfragen das Material noch lange nicht erschöpft ist. Dieser Umstand sowohl als die erfreuliche Thatsache, daß der Rahmen der Veranstaltung ein wesentlich größerer ist, als er erwartet wurde, sowie die Rücksicht darauf, daß die vielen Feste der nächsten