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heißt Dherna. Zwar ist ste nicht mehr so häufig, seit eine ordentliche Gerechtigkeits pflege eingefuhrt ist, aber man hat sie doch nicht ganz unterdrücken können» Der Dher» na, oder die Brahminenrache wird auf fol gende Art ausgcübt. Der Drahmine, der sich dieses Mittels bedient, seine Sache zu gewinnen, sehet sich vor die Thür desjeni gen, gegen welchen seine Rache gerichtet ist, als DH er na, das heißt, mit Gift, mit einem Dolche oder einem andern Mordwerk zeuge in der Hand, und drohet, diese gegen sich zu richten, wofern derjenige, den er be lagert halt, ihn zu quälen oder ihn gewalt sam zu vertreiben suchen würde» Der Drah- mine beobachtet das strengste Fasten, und die, selten verletzte, Etiquette verlangt, daß der arme Gefangene eben so faste. Man setzet von beiden Seiten diese sirenae LebensvrL- nung fort, bis der Drahmine Genugthuung erhalten hat; und da dieser gewöhnlich mit dem festesten Entschlusse zur Beharrlichkeit jenen Schritt thut, so ist der Erfolg ihm selten ungünstig. Der stärkere Magen siegt über den schwächeren und bewerft ihm, daß er Unrecht hatte. Würde aber der Gefangene dem Hunger langer widersteh u, als der Drahmine, und ihn im Dherna starben lassen, so harte er ein Verbrechen auf sich ge laden, wovon keine Sühne ihn befreien könnte. Der Drahmine muß also immer Recht behalten. Den Werbern dieser Caste ist es auch erlaubt, diese Rache zu üben, und obschon sie minder stark als die Manner sind, so benutzen sie doch diese Erlaubnis; mit Er folg; das Vergnügen sich zu rächen erhöhet ihre Kräfte. — In Bengalen ist der Dher na wenig in Gebrauch, obschon es sich zu weilen ereignet, daß sich Drahminen vor die Thüre der Hindus setzen, um eine milde Gabe zu erlangen, und dabei erklären, sie würden nicht fortgehen, bis ihr G such bewilligt wäre. Ihr Verlangen ist aber so mäßig, daß man es leicht bewilligt. Weit häufiger aber ist der Dherna in den Ländern üblich, die unter der Herrschaft der Visirs stehen. Es geschieht ost, daß Gläubiger ernen Freund unter den Drahminen bitten, ihnen zu Gefal len zu fasten, um ihnen die Bezahlung einer Schuld zu verschaffen. Die hartnäckigen Faster drohen dann dem Schuldner, nicht zu essen noch zu trinken, ehe die Federung be friedigt feyn würde. Hat der Schuldner Kredit oder Besitzungen, so ermangelt er nie, feine Verpflichtungen zu erfüllen. Eben so sonderbar und grausamer noch, als der Dherna, ist der Gebrauch, einen Koor zu errichten. D r Koor ist eine Art von großem runden Scheiterhaufen. Der jenige, der ihn errichtet h u, sitzl eme Kuh oder zuweilen eme alle Frau darauf, und verbrennt alles zusammen. Der Zweck dieses Verfahrens ist, die obrigkeitlichen Beamten zu schrecken, und sie abzuhalten, sich Ei Pres sungen zu erlauben. Man glaubt, daß ein solches Opfer eine schreckliche Sünde auf den jenigen lade, der Jemanden gezwungen hat, dazu feine Zuflucht zu nehmen. Ein Hindu, braucht nicht sehr gereizt zu werden, um die ses Hülfsmittel zu ergreifen. Zm Jahre 1788 errichteten drei Drahmmen in der Provinz Benares einen Koor, worauf sich ein altes Weib setzen ließ; und sie hatten nichts ande res zur Absicht, als die obrigkeitlichen Beam ten zu zwingen, die Abgaben gleich zu ver theilen, welche auf Grundstücke gelegt wa-