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man bisher die Flechte als ein Farben- Surrogat, und gerade als letzteres muß sie jetzt g ro ß e s In tc re sse erwecken. Schon Lurne'stellte Färbe-Versuche mit Flechten an, wie die Abhandlungen der Stockholmer Akademie der Wissenschaften beweisen. Andere folgten ihm nach. Neuer lich aber hat sich mit Versuchen dieser Art Niemand lebhafter und mit glücklicherm Er folg beschäftiget, als der schwedische Arzt IX Westring in Stockholm. Von 220 Flechten-Anen, die er nach und nach unter suchte, zogen besonders 72 seine Aufmerk samkeit an, weil sie in Schweden am häufig sten wachsen und also den reichlichsten Nutzen abwerfen können. Das Resultat seiner Un tersuchungen legt IX Westring in einem Journale nieder, unter dem Titel: Schwe dens vorzüglichste F ä r b e fl e ch t e n, treu nach der Natur abgebildet, nebst der chemischen Bearbeitung derselben, besonders in Rücksicht auf Färberei, begleitet mit Far ben tafeln, aus dem Schwedischen über setzt von F. D. D. Ulrich. Das erste Heft erschien 1305. Wir wollen Einiges daraus mittheilen, besonders insofern die Flechten, welche der Schwede beschreibt, auch in Sa ch sen ge sunden werden, und also zu glei chen Vorth eilen einladen. Eine einzige Flechte, welche in den Schee ren der Landschaft Dohus einheimisch ist, brachte den Bewohnern jcner Gegenden, wel che sie als Färbestoff nach England sandten, binnen 12 Jahren über 62,000 Thlr. ein, und von andern Arten lassen sich jährlich meh rere tausend Pfunde sammeln. Von der A d- lerflechte, die gleichfalls in den Scheeren der Landschaft Dohns wachst, werden jähr lich über looO Schiffspfunde ausgeführt. Zu Leith in Schottland leben über 200 Men schen bloß vom Zubereiten einer einzigen Flechte zum Nothfarben — Beispiele, die, dächte ich, wohl zum Ausstichen und Benutzen solcher reichhaltigen Färbcstoff, Behälter, als die Flechten sind, auch im VaterlanLe reizen sollten. Daß dieß mit Erfolg schon gesche hen sey und noch mehr geschehen könne, wird sich weiter unten zeigen. Die Zubereitung der Farben aus solchen Flechten ist äußerst einfach, und kann sowohl im Kleinen fürs Haus, als im Großen für Fabriken betrieben werden; vorzüglich nimmt Seide und Wolle dergleichen Farbestoffe an, die leicht in vielen Abstufungen sich lie fern, und in Glasbouteillen für kienie Be dürfnisse sich aufbewahren lassen. Auch ist keine vegetabilische Farbe so vortrefflich brauch bar zum Färben des Marmors und zu Ge- mählden auf Marmor, ais tie Flcchtenfarbe. Manche Flechten theilen ihre Färbcstoffe der Wolle und der Seide in bloßem Wasser binnen i — 2 Stunden mit, andere geben durch Zusätze von Salzen, Säuren u. s. w. sehr schöne und glanzende gebeizte, und durch Benutzung anderer Färbestoffe auch zusammengesetzte Farben. Daß aber derglei chen Farben ächt seien, hat Westring auf vielfache Art bestätigt gefunden. Am besten sammelt man Farbenflechten nach Negenwet- ter, wäscht und reinigt sie dann in kaltem Wasser, trocknet sie im Schatten bei gelin der Wärme und stößt oder mahlt sie zu Pul ver. Binnen 4 — 6 Jahren ersetzt die Na tur die Flechten wieder, wo man sie erntet.