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337 schmieg«'», und gab die herrlichsten Grund sätze zur Setzkunst. Indessen blickt durch feinen Satz eine gewisse Ängstlichkeit durch, die seine allzuweit ausgebreiteten theoreti schen Kenntmsse veranlassen mussten. Sebastian Da ch. Unstreitig der Or pheus der Deutschenunsterblich durch sich, und unsterblich durch seine grossen Söhne. S chwerlich har die Welt jcmahls einen Baum gezeugt, der in solcher Schnelle so unver wesliche Früchte trug, wie dieser Zedcrnbaum. Sebastian B a ch war Genie im höchsten Grade; sein Grist ist so eigcnthümtich, so riestuförmig, dass Jahrhunderte crfodert Werden, bis er einmal erreicht wird. Er spielte das Clavier, den Flügel und das Cymval mit gleicher Schöpferkraft; und in der Orgel — wer gleicht ihm? wer war ihm je zu vergleichen? Seine Faust war gi gantisch. Er grrff z. D. eine Duodeze mit der linken Hand und colonrte mit den Mitt lern Fingern darzwischen. Er machte Laufe ans dem Pedal mit der äussersten Genauig keit; zog die Register so unmerklich durchein ander, dass der Hörer fast unter dem Wirbel seiner Zaubereien versank. Seine Faust war unermüdet und hielt tagclanges Orgelspiel ans. Er spielte das Clavier eben so stark wie die Orgel und umfasste alle Theile der Tonkunst. Der komische Stil war ihm so ge'aufig, wie der ernste. Er war Virtuos und Componist in gleichem Grade. Was Newton als Wellweiser, war Bach als Musiker. Schwerlich hat je ein Mann für die Orgel mit solchem Tlessinn, solchem Genie, solcher Kunstcinsichr geschrie ben , als Bach. Aber nur ein grosser Mei ster kann seine Stücke portragen; denn sie sind so schwer, daß kaum zwei bis drei Men schen in Deutschland leben, die sie fehlerfrei vertragen können. Eine Phantasie, eine Sonate, ein Concert oder fignrirter Choral für die Orgel von Dach gesetzt, — hat ge wöhnlich sechs Zeilen; zwei für daS obere Manual, zwei fürs untere und zwei für das Pedal. Dachs Clavier-Arbeiten habe» zwar die Grazie der heutigen nicht, sie ersetzen aber diesen Mangel durch Starke. Wie viel könnten unsere heutigen Clavierspieler von diesem unsterblichen Manne lernen, wenn es ihnen nicht mehr um den leichten Verfall der Modeiusckten, als um den wichtiger» grosser Kunstverständigen zu thun wäre! Die Dachl scheu Stücke sind nicht Uebersctzungen aus andern Instrumenten, sondern wahre Clavierstücke, er verstand die Natur des Instruments ganz; seine Satze stärken die Faust, und füllen das Ohr. Beide Hände sind in gleicher Beschäftigung, so daß nicht die linke erlahmt, wenn die rechte erstarkt. Auch hat er einen solchen Reichthum von Ideen, daß ihm niemand als sein eigner großer Sohn darin gleich kommt. Mit all diesen Vorzügen, verband Dach auch das seltenste Talent zur Unterweisung. Die grössten Orgel- und Flügelspieler durch ganz Deutschland haben.sich in feiner Schule ge bildet; und wenn Sachsen hierin noch bis diese Stunde einen merktichen Vorzug vor andern Provinzen hat : so muß es dies jenem großen Manne allein verdanken. (Die Fortsetzung näcbstcnS.) Historische M i s c e l l e n. Heinrich der Zweite, König von Casti- lien, während dessen Minderjährigkeit die