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*93 als habsüchtige Spekulanten. Von dort her erhielt Europa so viele Gegenstände, die un sre Sinne reihen, und desto häufiger gesucht werden, ie mehr sie bloß zum Luxus, und zu erkünstelten Bedürfnissen dienen. Aber abgesehn von Indiens Gewürzen, Edelsteinen, Seidenstoffen und Musselinen und allen seinen Schätzen, es haben die Be wohner des herrlichen Landes selbst Anspruch auf unsere Aufmerksamkeit und sorgfältige Beobachtung. Unsre Philosophen brauchen nicht mehr zu ihnen zu reisen, um Lehren der Weisheit zu holen; aber sie können dort auffallende Eigenheiten beobachten, die sie nirgends so finden, seltsame Gebrauche, son derbare Sitten; auch keine unwürdigen Ge genstände der Beobachtung. Jene Völker haben bei allen sonderbaren Gewohnheiten sehr schätzbare Eigenschaften. Der Indier ist der nüchternste, mäßigste, sanfteste, gast freieste Mensch. Die milde Luft, worin er lebt, die Reize seines Wohnplatzes haben freilich seine Seele verweichlicht, und seinen Muth entnervt, aber vielleicht verdankt er such seinem Klima die Sanftheit seiner Sit ten und seines Charakters, welche ihn so auffallend unterscheidet, selbst wenn man diese Eigenschaft seiner Mäßigkeit und derNa- tnr der Pflanzennahrung zuschrcibt; denn diese nüchterne Lebensweise ist eine unbezwcifclte Wirkung des Klima's. Ihm wächst der Reiß ohne Anbau; Kokosnüsse, Datteln, Feigen, reichen ihm köstliche Nahrung; Po- meranzenbäume, Palmen, Cckronenbäume, Zuckerrohr, bieten ihm dichte Schatten, er frischende Getränte, milde, gesunde und an- gcne hmcSpeise, und seineMäßigkeit kann selbst die Gewürze entbehren, die der Boden erzeugt, rmd welche die Bewohner nördlicher Gegen den zur Neitzung ihrer gefräßigem Eßlust brauchen. Er kann alle andre Völker, aber kaum mögen andre Völker ihn entbehren. Thierische Nahrung ist ihnen verhaßt, weil die Hitze das Fleisch sehr bald verderben würde, und eben so wenig braucht er, um Kleider zu seiner Bedeckung zu erhalten, die Thiere zu tödten, da unter dem warmen Himmel fast alle Bedeckung unnöthig ist. Ueber die sogenannten polnischen Pferde. Viele, die sonst in der Erdbeschreibung nicht unerfahren sind, irren sich in Ansehung der Gegenden, aus welchen die sogenannten polnischen Pferde zu uns kommen, eben so sehr, als in Ansehung der Art, wie diese Pferde dort gezogen werden. Da man sie auch immer jetzt noch polni sche Pferde nennt, so glauben nicht wenige, daß sie aus allen Gegenden des ehemaligen Königreichs Polen, und also auch aus dein Herzogthume Warschau Herkommen. Dieß ist ein Jrrthum. Im jetzigen Herzogthume Warschau ist der größte Theil der Pferde, derjenige nämlich, der den Dauern und Acker bau treibenden Bürgern gehört, von so klei nem, unansehnlichen Wüchse, wie die elen desten Bauerpserde im Wittenberger Kreise nur immer seyn können. An beiden Orten entstehet die Verkrüppelung ans einerlei Ur sache. Der polnische Dauer spannt nämlich die Füllen schon an, wenn sie noch im besten Wüchse sind. Viele müssen schon große La sten ziehen, ehe sie noch anderthalb Jahre al. sind. Große Kräfte können diese Pferde ebenfalls nicht haben, denn so wie der pol-