Volltext Seite (XML)
l54 Türkische Arabesken. Deli Husein Pascha, Statthalter von Dalmatien, war einer der geschicktesten, kraft vollsten und entschlossensten Feldherrn, die je Osmannische Krieger zum Kampfe führten. Seine seltnen Talente, sein aufgeweckter Geist, die Gewandtheit und das Annehmliche seines Umgangs, sein treffender Witz und noch so manche andre reitzende Gabe, womit sein guter Genius ihn ausgeschmückt hatte, gewannen ihm das Wohlwollen Sultans Mu rad IV., der ihn zum Silahtar *) erhob. Die Geschichtschreiber des Osmanmschen Reichs erzählen verschiedene Züge von ihm, dle des Aufsammelns nicht umverth sind. Hier einige davon. Husejn mußte einst, entweder für ein eignes Vergehn, oder für die Tücke gehäßi- gcr Verläumdung, in dem Gefängnisse der sieben Thürme büßen. Auf kurze Zeit nur ward er dahin verbannt; aber man ließ ihn weit länger, als sein Urtheil es heischte, darin schmachten. Endlich erinnert der Sultan sich seiner wieder, und läßt ihn nach Hofe entbieten. Husejn erscheint, jedoch, die Sitte des Hofbrauchs arglich verletzend, mit langverwachsenem Haupthaar und Barte. Was für ein Teufel, fährt Murad ihn an, hat Dich in einen Pfaffen verwandelt? Wie kannst Du es wagen, mit so verwilder tem Haupte vor mein Antlitz zu treten? „Wahrlich, versetzt Husejn, ich müßte der narrischte Kerl auf Erden seyn, wollt' ich auf ein Haupt Sorgfalt wenden, von dem ich keinen Augenblick gewiß weiß, ob es mir zugehört. Verzeihet daher meinem un ziemlichen Aufzuge, lind seyd versichert, daß, sobald Ihr mir vergeben habt, und der Son- nenblick Eurer Gnade mich wieder bescheint, ich keinen Augpnblick säumen werde, mein Haupt so zu schniegeln, wie gute Sitte und Anstand es vom Hofmanne heischen." Diese Rede, so wie der Freimuth, wo mit sie gesprochen wurde, gefiel dem Sultan so wohl, daß er seinem ehemaligen Günstling bald wieder gewogen ward, ihn zu seinem Vertrauten und Gesellschafter erkohr und zeit lebens überschwengliche Huld ihn finden ließ. Aber wie alles Irdische den Wechsellau nen des strenggebietendsn Verhängnisses un terworfen ist, so auch Husejns Geschick. Mit Murads kräftig wirkendem Leben schied sein freundlicher Stern. Muhammed IV., Murads zweiter Nach folger (sein Vorgänger Ibrahim ward bald ein Opfer seiner geilen Lüste,) wurde von ci- Der Silahtar A g a hat den vornehmsten Rang unter den Türkischen Hofdicncrn. Sein Amt besteht darin, dem Sultan bei öffentlichen Feierlichkeiten das Schwert vorzutragen und ihm bei Tafel vvrzuschneidcn. Unter ihm steht das sämtliche Hofamrspersonale. Sein Auschn ist so bedeutend, daß die Größten des Reichs sich ihm nie anders, als mit der aufmerksamsten Ehrerbietigkeit nahen und ihn in ihren Reden und Zuschriften mit den herablassendsten Schmei cheleien überhäufen. Ist der Silahtar noch so geschickt, sich in der Gunst des Sultans fest;«- seßcn, so darf er keck darauf rechnen , daß seine Wünsche und Befehle von den Wessirs, Pa schen u- s. w. denen deS Sultans gleich geachtet und gefürchtet werden.