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Wer alles zu erdulden weiß, kann altes wagen. Wir haben nicht Eigenliebe genug, die Verachtung Andrer zu verachten. Es ist leichter Neues zu sagen, als schon Gesagtes zu vereinigen. Immer nur mäßig loben, beweiset viel Mittelmäßigkeit. Co tief erniedrigt K.:e^ tschast den Men schen, daß ste selbst steh rhm theuer macht. L. Die musikalische Begeisterung. Benda hatte die Composition der Oper: Romeo und Julie, übernommen; alles war ihm gelungen bis auf die einzige Arie: Meinen Romeo zu sehn, wozu er kei nen musikalischen Gedanken finden konnte. Vergebens ließ er einige Wochen darüber hingehn; er schrieb und strich und konnte nichts vollenden. Endlich fühlt er sich in einer schlaflosen Nacht von einer mächtigen Begeisterung durchdrungen; er eilt aus dem Dette, ans Clavier hin, spielt und gießt, vom Genius gedrängt, den Feucrstrom seiner Empfindungen nieder aufs Papier. Die Composition ist nun aus einmal da, und der gerührte Künstler hüpft entzückt und singend: Meinen Romeo zu sehn" im Zimmer umher. Seinen Pudel, der liebkosend ihm nachspringt/ hebt er aufs Knie, und ruft, die Arie ihm vorspielend: Pudel, hättest du Verstand, du würdest ausrufen: nun ist mein Herr unsterblich! Noch einen kompe- tentcrn TheUnehn<er seiner Freude wünschend, weckt er seinen Bedienten, der schlaftrun ken ihm zuhört; Benda glaubt Rührung an ihm zu bemerken, umarmt ihn, läßt sich 47 seinen Oberrock umwerfen, und eilt zu Got tern hin. Die Hausthür ist verschlossen; er klopft, pfeift, ruft. Nach einem Weil- men öffnet Gotter das Fenster, und Benda, ihn kaum erblickend, stimmt an: „Meinen Romeo zu sehn, worauf Gotter die Haus- thüre öffnet und ihn bittet, auf sein Zimmer zu kommen. „Nein, ruft Benda, nun geh ich zu Dette; aber morgen lauf ich den gan zen Tag umher und will es der ganzen Welt vorsingen" und er hielt Wort. B —L. Verschiedene Schätzung. Wie seltsam verschieden ist ost der Maas stab, den manche Menschen bei der Schätzung fremden Werthes brauchen l Der vorzügliche französische Geschichtschreiber, der Präsident Henault, wußte den großen Engländer Da vid Hume zu würdigen; aber sein Haushof meister kannte den Geschichtschreiber von Eng land und den Philosophen so wenig, als er je einen Engländer hatte essen sehen. Ein großer Mann, der da? sagte er. Es mag ftyn, aber ich weiß nicht, wie man einen Mann groß nennen kann, der seine Zuckerevbsen mit dem Mcsser ißt. Der seltene Edle. In böhmisch - Krumau lebt ein Mann, dessen Name in dem Andenken der Nachwett nicht untrrgehen ka'f. Er heißt Vincenz Häußler. Im December vorigen JahreS fiel eine Mutter mehrerer Kinder in die Mol dau. Keiner von den vielen Zuschauern hatte den Muth, sich in die reißende tiefe Fluth zu stürzen. Die Unglückliche schwamm