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— Folgender Witz soll dieser Tag ein einem Trcsdnet! Lokal ausgcführt worden sein. Einer der dort bei einer acmüthlichcn Weiiikneipcrei bctheiligtcn Herren kaw in fröhlicher Lanne ans den Einfall, sich heimlich ein Glas Essig geben zn lassen. „Rnfen Sie mal den Wirth," wurde dann dem Kellner befohlen. Hnrtig eilte der Herr Gastwirt!) herbei, nm sich nach den Wünschen seiner Gäste zu erkundige». „Aber Herr Wirth, das soll Winkler Hascusprung sein) kosten Sie doch selbst einmal, wie sauer das Zeug ist!" Nichts ahnend setzt der Wirth das Glas an den Mund und nimmt einen festen Schluck. Zwar »ergeht sich sein Gesicht sofort iu Mitleid erregender Weise und man sieht, wie der edle Saft seinen Gaumen peinigt. Aber, daß es Essig gewesen ist, ahnt er doch nicht, nnd auf seinen Wein darf er doch nichts kommen lasse». Mit heroische»! Muth bringt er also seine Mienen wieder in Ordnung nnd meint dann mit dem Tone ge kränkter Unschuld: „Na, au dem Weiu ist doch nichts auszusetzen!" Der Frau eines Handwerksnieisters in Meißen ge schah das Unglück, als sie mit den Vvrbcrcituugsarbeitcn zum Stvllenbacken beschäftigt war, das; sie ihrem kleinen dreijährigen Mädchen die oberen Glieder des Mittel- nnd Zeigefingers der rechten Hand mit dem Wiegemesser fast gänzlich dnrchschnilt. Das Kind hatte sich unbemerkt an die Mutter heraugeschlichcn und wollte sich eine Maudel vvu dem Wiegebrett wegnehmcu, wobei cs mit dem Händ chen unter das Wiegemesser gcricth. Der Breniser der bayrischen Bahn, Schicker, in Leipzig, der in der Nacht znm Mittwoch auf seine Frau fünf Schüsse abgab, vvu denen drei in den Rücken gingen und einer den Oberarm streifte, soll dem Vernehmen nach die Vorsätzlichkeit der That bereits cingerännit haben. Die Frau, die bekauutlich bald ins Krankenhaus gebracht wurde, befindet sich bereits außer Lebensgefahr, so das; die schlimmsten Folgen der schrecklichen That von ihr glücklicher Weise abgcwcndet worden sind. — Ein jedenfalls sehr erwünschtes Weihnachtsgeschenk ist dein Portier eines Hotels in Leipzig zu Theil geworden. Derselbe hatte seinerzeit die Festnahme des lange ver geblich gesuchten Pvstdiebes Kreis veranlaßt, und' erhielt jetzt die darauf ausgesetzt gewesenen 1000 Mk. Belohnung ansgezahlt. — Die zahlreichen Gäste eines „bürgerlichen Speise- Halises" in der Windmühleustraße izu Leipzig schnalzten am Soiinabend im Vorgefühl eines Hochgenusses die Zungen, als sie hörten, daß ihnen am Sonntag Sauer braten mit Klößen servirt werden sollte. Sie sollten zn dem erhofften Genüsse indessen nicht kommen, denn bos hafter Weise consiscirten am Sonntag Vormittag Beamte der Fleischbeschau den „Sauerbraten", nnd bei der Unter suchung stellte sich hervus, daß derselbe nicht einem saftigen Rinde, sondern einem abgetriebenen Gaule cut- stamiute. Gegen K., den Besitzer dieses „bürgerlichen Speisehnuscs",' wurde Strafantrag wegen Nahrungsmittel- Verfälschung gestellt. Kürzlich wurde der Landbricfträger H. iu Eythra verhaftet, weil er iu seinem Amte über 700 Mk. unter schlagen hat. Bei der Durchsuchung der Wohnung des ungetreuen Beamten wurden auch 77 Briefe gefunden, die derselbe nicht abgeliefert hat. Ein recht betrübender Unglücksfall hat sich in Diethcusdvrf ereignet. Der cinnndzwanzigjährige Sohn des Spinners Kühnert daselbst wollte nm vorigen Sonntag eine erkrankte Katze erschießen; in dem Augenblick aber, in welcher er die mit Schrot geladene Pistole abdrücktc, lief sein siebenjähriges Brüderchen auf das Thier zu und ein Theil der Ladung verletzte das Kind schwer am Kopfe. Obwohl der unglückliche Vater sofort ärztliche Hilfe hinzu zog und das Kind iu das Cheiunitzer Krankenhaus über- gcsührt wurde, ist der verwundete Knabe doch am Montag feinen Verletzungen erlegen. Schwer heimaesncht vom Schicksal wird die in Freibcrgsdvrf, Fvrstweg 87 wohnende Familie des Hnndarbeilers Richler. Nachdem in derselben fortwährend Krankheit geherrscht, sind jetzt von den vorhandenen acht Kindern zwei an den Folgen der Diphtheritis verstorben. Vor einigen Tagen hat sich überdies der genannte Richter durch cmcu Fall eine schwere Verletzung am Knie zugc- zogcn, so daß er m>u Wochen lang darniederliegen muß. Die ohnehin in höchst dürftigen Verhältnissen lebende Familie ist dadurch iu bittere Noth geralheu. Der Gerichtsvollzieher Eichfeld iu Glauchau ist seit Montag voriger Woche verschwunden. Bücher und Kasse sind in Ordnung. Rian sagt, daß ein unverdienter Tadel ihn zu dem Schritte veranlaßt haben soll. Bedauerlich wäre es, wenn ei» Manu, der vierzig Jahre lang dem Staate treu gedient, in solcher Weise seinem Leben ein Ziel gesetzt Hütte. Letzthin pochte es in Hartenstein au der Stuben- thür eines nicht mit Glücksgütern, wohl aber mit Kindern sehr gesegneten Faniilienvaters, als gerade die elfköpfige Familie bei Tische sitzt und herein tritt ein Handwerks bursche, um sich bescheiden eine Gabe auszubitteu. Es wurde ihm eine kleine Münze gereicht nnd der Mann ent fernte sich. Aber »ach einer Weile kam er wieder nnd die Gabe vvrweisend, sagte er: „Sie müssen sich wohl geirrt haben — zehn Mark vvu einen, armen Familien vater, das ist dvch gewiß ein Jrrthnm." — Die Freude des Familienvaters, der dnrch den Verlust seines Geldes in große Verlegenheit gekommen wäre, kann man sich wohl denken. Der Fabrikarbeiter Schumann, welcher iui Jahr 1890 als siebzehnjähriger Bursche vvu Crimmitschau aus wanderte und fünf Jahre lang als französischer Soldat in der Fremdenlegion m Algier gedient hat, ist vor einigen Tagen gänzlich mittellos zn ieinen Eltern znrück- gelchrt. Schumanii, welcher sich als Heerespflichtiger bei der zuständigen Militärbehörde in Zwickau meldete, wurde dortselbst fcstgehalteu, später jedoch wieder eutlassen. Derselbe wird, wen» er brauchbar, wie üblich dem activeu Truppeutheil zur Einstellung überwiesen werde». Der steckbrieflich verfolgte Mörder Maiwald ist am Freitag Nachmittag in Bockwitz bei Liegnitz festgcnonlmen worden. Alle anderen Gerüchte, daß er im Lößnitzgrnnde, in Planen, Lcmbegast u. s. w. verhaftet worden sei, sind demnach in das Gebiet der Fabel zu verweisen. Da er nach seiner Flucht aus Moritzburg offenbar ohne Geld nuttel war, so stand zu erwarte», daß er bald »e»e Ver breche» verüben wurde, glücklicherweise scheint bisher etwas derartiges nicht vorgckontmen zu sein. Es war nicht un« wahrscheinlich, daß er die Dresdner Gegend wieder ver lassen nnd sich nach Schlesien, seiner Heünalh, wenden würde. Ferner ist das Gerücht falsch, der in Moritzburg von Maiwald angcfallene nnd gestochene Districtsgendarm sei verstorben. Dieser Beamte sieht vielmehr seiner vollständigen Genesung entgegen. Zu der Beurtheiluug des Bahnwärters Wolf, der das Oederaner Eisenbahnnnglück verschuldete, schreibt der „Freiberger Anzeiger": „Wenn man sich diesen Uebel - thäter, der nun dnrch eine schwere aber gerechte Strafe seinen Theil der Schuld sühnen wird, und sein Vorleben näher ansicht, so wird man nicht unihin können, auch gegen die diesen Manu vorgesetzten Instanzen schwere Vorwürfe zn erheben. Wie konnte inan einen Menschen, der eine solche Menge von Disciplinarstrafen wegen Vergehen im Dienste ansznwciscn hat, nenn Jahre laug auf seinem verantwortnugsvvllen Posten an einer der verkehrreichsten Strecken unseres Landes belassen? Wie konnte man sich nur damit beguügeu, einen solchen unzuverlässigen Ange stellten nur mit ganz gcriugcu Geldstrafen (80,40 Pfennige!) zu belegen, anstatt ihn Um der allgemeinen Sicherheit willen zn snspendiren! Eine solche Nachsicht ist geradezu unbegreiflich nnd regt die Frage an, vb nicht unter solchen Umständen eine Anklage desselben Inhalts gegen diejenigen Beamten hätte erhoben werden können, welche auf die Beibehaltnng eines solchen Mannes auf diesem Posten rnaßgebenden Einfluß besaßen." Auf wunderbare Weise vom Tode errettet wurde am Donnerstag Nachmittag gegen 5 Uhr ein Streckenarbeiter, welcher uehst einem Arbeitskollegen, auf dein Nachhause wege »ach Oberwiesa begriffe», vo» dem »ach Chemnitz fahrende» Aunabergcr Perso»e»z»ge überfahre» wurde. Beide Arbeiter bcuutzten auf dem Heimwege die Geleise. Unterhalb des Schnltze'scheu Bahnwärterhanses in der Nähe der Flöhaüberbrückung bemerkten sie einen ihnen entgegen kommenden Zug, infolgedessen sic, nm auszuweichen, auf das Nebeugeleis übertraten. Im selben Augenblick kam aber der Annaberger Zug, dessen Nahen sie infolge des Getöses des ersteren Znges überhört hatten, herangcbraust. Während der eine Arbeiter, NamenS Zickmann, zu Bodeu geschleudert und ihm der linke Arm abgefahren wurde, kam der audere aus den Puffer der Lvcomotive zu sitze» »iid wurde von derselbe» so eine Strecke mitgenommen. Zwar auf's höchste erschrocken, aber sonst unverletzt, ver ließ der Streckenarbeiter, nachdem der Zug zum Stehen gekommen, seinen unfreiwilligen, gefährlichen Sitz. Sein unglücklicherer Kamerad wurde ins Chemnitzer Krankenhaus übergeführt. Nach einer Bekanntmachung des Polizeiamtes in Plauen i. V. giebt es in dieser Stadt 945 Militärbrief- tanbe», welche den Schutz des Gesetzes vom 28. Mai 1894 geuießeu. Die drei Saalbesitzer iu Netzschkau haben sich ge einigt, bei Vermeidung einer Conveutionalstrafe von 1000 Mark hinfort nicht mehr ihre Säle für socinldemo- kratische Parteizwecke zur Verfügung zu stellen. T a g e s g e s ch i ch t c. Deutsches Reich. Berlin, 20. Decembcr. Der Kaiser empfing mittags den aus Koustautüivpcl zurück- gekehrteu Generallieuteumtt v. d. Goltz zur Meldung. — Der Kaiser hat sein hinlänglich bekanntes Interesse an den maritimen Dinge» auch iu jüugster Zeit wieder durch Gespräche mit seiner Umgebung bekundet, welche, wie Berliner Meldungen besagen, die Entwickelung der deutschen Flotte nauientlich in Hinblick auf die Krisis im Orient betreffen. Ter Monarch soll hierbei sein Bedauern darüber ausgedrückt haben, daß die deutsche Flagge in de» orientalischen Gewässern ungenügend vertreten werden müßte. Im Anschlusse Hiera» wird darauf hingewieseu, daß der Kaiser die im neuen Marine-Etat enthaltenen Mehr- fvrdernugen, betr. folgende Positionen: Ei» Panzerschiff 1.Classe, Ersatz-„Friedrich derGroße"; zwei Kreuzer U. Classe XI. und dl., sowie eine» Kreuzer IV. Classe 6., als driugeud uothweudig bezeichnet habe. Hannover. Am Donnerstag wurde durch eine Gasexplosion, die entstand, weil ein Gaskochherd nicht geschlossen worden Ivar, ein Haus iu der Nicolaistrnße furchtbar deniolirt; auch die Nebenhäuser wurden erheb lich beschädigt. Das neunzehnjährige Dienstmädchen, deren Lampe die unmittelbare Ursache der Explosion gewesen, wurde durch Brandwunden lebensgefährlich verletzt; mehrere audere Personen sind verwundet. H a in b u r g. Postdirector Schiel aus Minden, welcher wegen bedeutender Unterschlagungen flüchtig geworden war, ist todt aus der Elbe gezogen worden. Auf der Frankfurt-Bebraer Bahn hat sich am Mitt woch Vormittag 8 Uhr zwischen den Stationen Wirt hei in und Gelnhausen ein Eisenbahnnnfall zugetrageu, der ui» so verhäugißvoller hätte werde» können, als er sich »litten ans derKiuzigbrücke ereignete. Der durchgehende Verbandsgülerzug Berlin - Hamburg - Frankfurt entgleiste nämlich durch Verschiebung der Achsen au einem Laugholz- wageu. Der Wagen stellte sich quer, und fünf weitere Wagen entgleisten, sich über einander thüriueud, die Brücke nebst Geländer demolireud. Ein Wunder ist es zu »eimeu, daß kein größerer Schaden entstand und der größte Theil des Znges nicht in den hoch angeschwolleneil Flnß stürzte; auch das Personal blieb znm Glück unversehrt. Zer trümmert wurden Güterwagen aus Breslau, Hannover, Hamburg, Köln, Torgau rc.' Der Materialschaden ist sehr erheblich. Am Mittwoch hatte sich vor dem Schwurgericht iu Erfurt der 45 Jahre atte Schlosser Sebastian Borsch aus Suhl wegen Münzverbrecheus (tz 149 des R. Str. B.) zu verantworten. Er hatte am 8. December 1895 in der Banke'schen Destillation in Erfurt ein falsches Zweimark stück in Zahlung gegeben. Dies bestand ans Zinn und Antimon, trug das Müuzzeicheil U., die Jahreszahl 1880 und das Bildnis; des Großherzogs von Baden. — Borsch gestand zu, das Falschstück augefertigt zu haben, nicht aber in der Absicht, es zu verausgaben, sondern um es zu einem Uhrketten-Medaillon umzngestnlten. Diese eigenthümliche Behauptung wurde durch die Beweisaufnahme direct widerlegt. Die Personalien ergaben, daß Borsch, welcher bald als Schlosser, bald als Techniker nnd dann wieder als Büchsenmacher anftrat, wegen Münzvergehens einmal und wegen Münzverbrecheus zweimal, nnd zwar zuletzt vom Schwurgericht iu Essen am 15. Junt I8st1 mit viör Jahren Zuchthaus, vorbestraft war. — Auch heute bejahte» die Geschworene» die Schuldsrage bezüglich des Müuz- verbrcchcus, »»ter Verneinung der Frage nach Annahme mildernder Umstände. Der'Gcrichtshos hielt es in An betracht der Vorstrafen des Angeklagten für angemessen, ans acht Jahre Zuchthaus zu erkeumm. Gera. Der drciuudzwauzigjälirige Dienstknecht Otto Vollstedt aus Obcrpirk bei Plauen, der vom Schwurgericht zuni Tode vcrurthcilt worden war, weil er am 5. Mai seine Geliebte, die zwanzigjährige Minna Walther ans Leitlitz, ermordet nnd in einen Teich zwischen Zeulenroda und Leipzig geworfen hatte, wurde am Soiiuabeud früh vom Scharfrichter Reindl hingerichtet. Oesterreich. Das neue österreichische Ministerium Badem hat vom Abgeordueteuhause das Bndgetprvvisorium bis Ende März 1896 iu zweiter und dritter Lcsuug be willigt erhalten. Unter de» obwaltenden Umständen kann die Negierung hiermit ein ganz annehiubares parlanieu- tarisches Weihnachtsgeschenk verzeichnen. — Der ungarische Ministerpräsident Baron Bansfy wurde am Freitag vom Kaiser Franz Josef in der Wiener Hofburg in besonderer Audienz empfangen. Ein trauriges Lvcalereigniß hält die Bevölkerung von Wien seit zwei Tagen in Athem. Am Mittwoch Vor mittag wurden zwei Vrunncnarbeiter iiu Vorort Döbling durch den Einsturz eines Brnnuens sieben Meter tief ver schüttet. Die Nettungsarbeitcn sind ungemein gefährlich. Ein Seitcnstvllen mußte gegraben werden. Es gelang erst nm andern Abend, nach 86 Stunden, zn den Verschütteten zu stoße«. Einer war todt, der andere lebte noch. Nach dem der Kopf freigemacht worden, wurde der Manu mit Cvguac gelabt. Trotzdem die Arbeiten die ganze Nacht fortgesetzt wiirden, steckte er am Freitag Morgen noch im Erdreich. — In Wien versuchte am Douucrslag eine Frau Einkäufe mit einer falschen Füufguldeuuote zu bezahlen. Als die Fran arretirt wurde, stürmte aus der uuchersteheuden Menge, nm die Verhaftung zn verhindern, ein Manu, der uuu auch verhaftet wurde. Im Wachlzimincr vergifteten sich beide mit Cyaukali. Der Doppelselbstmord hängt offenbar mit der Banknotcnfälschuug zusammen. Italien. Neapel. Das Hanpt-Telcphonanit stand am 21. Deceiubcr in Flaiumcu. Die Feuerwehr arbeitete viele Stuudcu angestrengt. Einige Beamten werden ver mißt, sechs sind schwer verwandet. Man fürchtet, daß das Feuer viele Menschenopfer gefordert hat, da das Ge bäude sehr winkelig gebaut ist lind nur zwei schmale Aus gänge besitzt. Frankreich. Paris. Der russische Thronfolger Großfürst Georg weilt seit voriger Woche an der fraiizösischen Riviera. Ani Freitag Nachmittag 3 Uhr traf der Dampfer „Petersburg" mit dem hohen Krankeil an Bord auf der Rhede vvu Villefrauche-sur-Mer ein, offieicller Empfang fand nicht statt, offenbar im Hinblick auf deu leidenden Zustand des Großfürsten. Die in Villefrauche anwesenden russischen Fürstlichkeiten und der Bürgcrincister erwarteten den Dampfer am Quai, eine zahlreiche Menschenmenge wohnte der Ankunft des Dampfers bei. — Ein literarischer Scandal macht in Paris vie von sich reden. Vor Kurzem erschien von Pierre Lauo ein Buch, welches das intimste Leben der höchsten Ge sellschaftskreise unter dem zweiten Kaiserreiche schildert nnd Briefe veröffentlicht, welche von jetzt noch lebenden Personen, darunter vielen Damen, die eine große Nolle am Hofe Napoleons III. spielten, herrühren! Marquis v. Massa hat die gerichtliche Verfolgung des Buches ein- geleitet, und wurde Lauo durch eine» Pvlizei-Commissar veruomnien. Der Marquis vvu Massa erklärte nämlich, daß die veröffentlichten Briefe an ihn gerichtet mid daß sie während des Krieges von 1870 bis'1871 auf seinem Schlosse anfbewahrt gewesen seien, das; er aber nach seiner Rückke )r entdecken mußte, daß diese Briefe während der preußischen Occupatio» gestohlen worden seien, sei es durch Preußen oder durch einen untreuen Diener. Nach 25 Jahren kommen nun diese Briefe, die einen privaten Charakter hatten, in die Oeffentlichkeit. Auf diese Weise sehe» Damen der großen Welt, welche heute Großmütter find, ihr intimes Leben der Neugierde preisgegebeu, und ihre Name» finden sich in dem Buche neben den Namen der berüchtigten Lebedamen jener Zeit, wie Madame Musard und Cora Pearl. Aus diesem Grunde müsse er verlangen, daß der Verkauf des Buches, welches iu den betreffenden Kreisen Entrüstung hervorgerufeu haben, verboten werde. England. London. Die „Times" meldet aus New-Jork: Die Panik an der Fondsbörse ist fast ein finanzielles Unglück. Bis jetzt sind 4 Fallissements gemeldet. 400000 Actieu sind zn jedem Preise auf den Markt geworfen. Nicht nur Speculatiousfouds fielen, sondern viele der gesundesten Eisenbahnpnpiere verloren 10 Proceut. Nutzland. Petersburg. Zu dem nordanleri- kauisch - englischen Zwischenfalle bemerkt die „Nvwoje Wremja": Sollte cs zum Kriege zwischen den Vereinigten Staaten und England kommen, so würde letzteres mit äußeren und inneren Feinden kämpfen müssen, denn die Irländer dürften dem Kampfe kaum thatenlos zuschaueu. In der Türkei nnd im fernen Osten wird die Sache Englands nicht so günstig stehen, wie es den hentigm Wünschen Englands entspricht. Es würde für Groß britannien eine Stunde bitterer Abrechung für die Thateu der Vergangenheit fchlagen, weil die Engländer vergessen, das; Erfolge, die dnrch Hinterlist und Gewaltthaten erzielt wurden, niemals nachhaltig sind. — Die Deputation des preußischen Kaiser-Alexander- Grenadier - Regiments, welche sich dein Czaren ans Befehl Kaiser Wilhelms der neuen deutschen Feld ausrüstung vorgestellt hatte, reiste am Donnerstag wieder von Petersburg ab. Die Deputation hat sowohl am Petersburger Hvfe wie auch iu deu militärischen Kreise» der russische» Hauptstadt eine überaus ehrenvolle und auszeichueude Aufnahme gefunden, welche in ihrer Art ebenfalls von dem znr Zeit wieder bestehenden guten Ver hältnisse zwischen Deutschland und Rußland zeugt. Türkei. Konstantinopel. Nach Berichten, welche aus Kreta eiugegaugeu sind, scheint die Bewegung im District Apokoroua auch auf Kydvria und Sphakia überzugreifeu. Die bisherige Zahl der Aufständische» wird »»gesähr auf 500 geschätzt. Der Verlust der türkischen Truppen in den letzten Gefechten betrug uenu Todte und