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Bei Wiederholungen ent sprechender Rabatt. I n s e r a t en-N n n a h mc st e I l c n: In Schandau: Expedition Zaukenstrahc 134, in Hohnstein: bei Herrn Stadtkassircr Reinhard, in Dresden und Leipzig: die Annoncen-BureauS von Haascnstein L Vogler Jnvalidendank und Rudolf Mosse, in Frankfurt a. M.: G. L. Daube Co. und in Hamburg: Käroly L Liebmann. kl US» Schandau, Dienstag, de» 31. Deccmbcr 1895. M. ZgyrMNg. Des Menjahrsfestcs wegen erscheint die nächste Wummer erst Areitag Wachmi11ag. Neues Jahr, sei uns willkommen Nun auf deiner jungen Bal)u — Nicht mit Herzen die beklommen, Sehen alle wir dich nah'n — Nein, in hoffnnngsfrohem Sinnen Ist dir ziMwandt der Blick, Denn wir glanben zu gewinnen Ja in dir ein neues Glück! Wohl, so spende frisches Leben Du nunmehr für jedes Haus, Laß der Hoffnung Blüthen weben Sich für Jeoermaun zum Strauß — Pflanze gläubiges Vertrauen Machtvoll dn uns Allen ein, Daß wir mnthig aufwärts schauen Zu des Höchsten Himmelsschrein! Grüß' das Leid mit Trvstcslächeln, Segen schenk' der guten That, Und mit wildem Hauch umfächeln ! Mögst dn unsern Pilgerpfad — . Sei in deinem Lauf beschiedeu Uns auch, was von Goldeswerth: Unserm Vaterlande Frieden, Und Gedeihen unserm Herd! W. Hlouondorff Wenn nach alter Sitte am Sylvesterabend mit Sang und Klang das alte! bürgerlichen Wirkens sind voll erfüllt, ein dauernder Friede und eine feste, starke übcr- Jahr zu Grabe getragen und das junge, ncne Jahr räthselhaft und mit einem großen zeugte Friedenspolitik herrscht in Europa, und eine starke NegieAmg und ein festgefügtes Fragezeichen seinen Lauf beginnt, so pflegen entweder rosige Hoffnungen oder bange Befürchtungen die Herzen der Menschen niid Völker zn erfüllen. Will man aber nicht die in diesem Falle unberufene und zweifelhafte Nolle eines Propheten spielen, so muß mau sich mit kühlem Verstände sagen, daß in allen rosigen Hoffnungen und schwarzen Befürchtungen in Bezng ans das kommende neue Jahr sehr leicht die Uebertrcibnng und die Phantasie eine Wirkung hervvrbringcn, welche mit den Erfahrungen des wirklichen Lebens nnd Strebens im Staate und Berufe, iu der Familie und Gesellschaft nie und nimmer übereinstimmeu können. Darum gilt als bester Grundsatz für alle zukünftige Entwickelung nnd für alle Erwartungen im neneu Jahre: Weg mit aller Ueberschweug- lichkeit im Hoffen und fort mit allem Uebermaße im Fürchten! Stetig nnd Verhältnis;' mäßig langsam nach festen Gesehen der Natnr nnd Moral bewegt sich alle Entwickel ung vorwärts, und der jähe Umsturz zum Unheil oder der plötzliche Fortschritt znm Besseren sind große Ausnahmen von der Regel. Deshalb darf der pflichttreue Bürger auch mit Vertrauen in die Zukunft schauen, denn die obersten. Bedingungen friedlichen dentnng des nnu vollendeten grandiosen Werkes. In Leipzig aber wohnte der Kaiser in Gemeinschaft mit dem König Albert der Einweihung des neuen Neichsgcrichts- gebändcs bei, womit dieser bedeutsame Act seine rechte Weihe erhielt. Die wiederholten Besuche Kaiser Wilhelms beim Fürste» Bismarck iu Friedrichsruh wurden in allen patriotischen Kreisen mit tiefster Genngthnung begrüßt, fühlte man doch, daß diese Vorgänge die endliche Beseitigung der zwischen beiden, allen guten Deutschen gleich thenereu, Männern bestandenen unseligen Spannung bedeuteten. Fürst Bismarck selber beging am I. April seinen 80. Ge burtstag unter zahllosen Bekundungen herzlichster Theil- nahme nicht nur aus ganz Deutschland, sondern anch aus dem Auslnude. Das Jahr 1895 stellte für das deutsche Volk das erste Jubeljahr seiner nationalen Einigung dar, deshalb sind anch bis zur Stunde die großen Erinnernngstage ans der gewaltigen Zeit, welche Deutschland vor fünfnnd- zwanzig Jahren erlebte, in den weitesten Schichten unseres Volkes würdig und festlich begangen worden. Znm Mindesten bekundete diese von der Theilnahme aller Volks- kreise getragene Jubelfeier der welthistorischen Schlachten und sonstigen Ereignisse von 1870, daß im deutschen Volke der nationale Gedanke noch immer frisch nnd lebendig ist, mögen anch die Feinde nnd Neider unserer Einheit das Gegentheil behaupten. — Der Reichstag schloß seine am 5. Decembcr 1894 eröffnete dritte Session, die bis zum 24. Mai 1895 währte, in wenig befriedigender Weise ab. Die hauptsächlichsten Vorlagen wurden entweder abgelehnt, wie das heißumstrittene Gesetz zur Bekämpfung der Umstnrz- bestrebungeu, dann die Vorlagen über die Neichsfinanz- reform nnd über die Tabaksteuer, oder sie blieben uner ledigt, wie die Novellen zu deu Jnstizgesctzen nnd zur Gewerbeordnung, nnd der Gesetzentwurf über die Be kämpfung des unlauteren Wettbewerbs. Wie die am 3. Deeeinber begonnene vierte Session, welche abermals eine Fülle wichtiger gesetzgeberischer Aufgaben, darunter ganz besonders den Entwurf des bürgerlichen Gesetzbuches, für den Reichstag gebracht hat, enden wird, läßt sich noch nicht bestimmt benrtheilen. Von sonstigen Vorgängen allgemeineren Interesses seien noch die nachfolgenden rcgistrirt. Ans der Reihe der regierenden Bnndesfürsten wurde durch deu Tod ab- berufeii Fürst Woldemar von Lippe-Detmold. Im preußischen Ministerinm des Innern trat ein Wechsel ein, der bisherige Minister v. Köller demissivnirte, da seine Stellung infolge verschiedener Vorgänge unhaltbar ge worden war, zu seinem Nachfolger wurde der Regierungs präsident in Düsseldorf, Freiherr v. d. Necke, berufen. Auch im obersten Marine-Commando erfolgte ein Wechsel, der commandircnde Admiral v. d. Goltz trat ans Gesnud- heitsrücksichten zurück, seinen Posten nahm Admiral Knorr ein. Die herkömmlichen Kaisermauöver wurden diesmal in der Umgegend von Stettin abgehalten. Kaiser Wilhelm begrüßte hierbei als seine erlauchten Manövergäste die Könige von Sachsen und Württemberg und vor Allem deu Kaiser vvu Oesterreich, welche Zusammenkunft der Herrscher Deutschlands und Oesterreichs erneut Zeugnis; für den unerschütterlichen Fortbestand des Bündnisses zwischen Als wichtigster Vorgang ans cotwnialpolitischem Gebiete erscheint der im Posteil des GcuerVtgouvernenrsvonDentsch- Ostafrika eingelrclene Personaljwechsel. Der bisherige Gouverneur, Oberst v. Schele, ulurde wegen der vvu ihm begangenen mehrfachen bedenklichen Mißgriffe abbernfcn, ihn ersetzte der bewährte „Afrikawanu" Major v. Wissmann, nnter dessen Regime hoffentlich'endlich eine Periode der Bernhignng und stetigen gedeihl/üheu Entwickelung für die wichtigste deutsche Colonie einlrpten wird. Oesterreich-Ungarn, der ält '.re Bundesgenosse Deutsch lands, sah in beiden seiner Neichshälfteu CabinetSwcchsel während des Jahres 189.5 sich vollziehen. In Oesterreich ging das Coalitionsministcrinm l/es Fürsten Windischgraetz, dessen Bildung mit so großen Hoffnungen begrüßt worden war, im Juni „in die Brüche".)> Es hatten sich unüber- brückbare Gegensätze zwischen dem die Regierung stützenden Parlamentsparteien, speciell zwischen den dentschliberalen und dem conservativ-elericalen Hohenwart-Club, heran- gebildet, welche die Stellung des Cabinets Windischgraetz bedenklich erschütterten, wegen. der Wahlrefvrmfrage kam dasselbe dann vollends zu Fall. NÄH einem kurzen Regierungs- prvvisvrinm .des Geschäftsminlsteriums Kielmannsegge folgte das ncne Ministerinm deZ Grafen Baden!, des bis herigen Statthalters von Galizien nach, doch ist dessen bisherige Thütigkeit noch eine/zu kurze, um über den wirtlichen Charakter nnd über diiWeständigkeit des Cabinets Badcni schon ein definitives HtMil fällen zu können. Eine überaus aufregende Episod?>bildete die Wiener Bürgcrmeisterfrage. Bei der Nenwaht'VsH Wiener Stadt- vberhanptes setzten die Antisemiten, welche voran- gegangenen Gemeinderathswahlen die absolute Mchrheit erlangt hatten, ihren Candidatcn, denNeichsrathsabgeordneteK Vr. Lneger, selbstverständlich durch. l)e. Lueger fand aber nicht die'kaiserliche Bestätigung, und seine trotzdem erfolgte Wiederwahl zog die Auflösung des Wiener Gemeinderathes nach sich. Die „Lneger-Affaire" spielt aber seitdem im öffentlichen Leben Oesterreichs eine hervorragende Nolle nnd ihre Weiterentwickelnng ist noch keineswegs zu über sehen. In Ungarn mußte das Ministerium Wekcrle seinen in den kirchenpolitischen Fragen vereinigten Gegnern nach tapferem Widerstande das Feld räumen, aber seinen Platz nahm das gleichfalls liberale Cabinet Banffy ein und letzteres mußte sogar deu Nest der kirchenpolitischen Gesetze im Parlamente durchsetzen. Das der ungarischen Kirchen- politik feindliche Auftreten des Wiener Nuntius Agliardi hatte einen nicht unbedenklichen Zwischenfall zwischen Wien nnd Pest zur Folge, dem der in die Angelegenheit verwickelte Minister des Auswärtigen Graf Kalnot'y znm Opfer siel. Der nm das mitteleuropäische Bünduiß hoch verdiente Staatsmann winde dnrch den Polen Grafen Gvlnchowski ersetzt. Einen schmerzlichen Verlust hatte das österreichisch - ungarische Heer zn verzeichnen, sein Generalissimus, Erzherzog Albrecht, der berühmte Sieger von Cnstvzza, verschied im Februar zu Arco. (Schlup folgt), mächtiges Staatsgebände schirmt deu Staat und die Gesellschaft,vor innerer Umwälzung, wen» auch manche Elemente der Zersetzung jahraus jahrciu ihr Unwesen treiben. Es ist nun wahr, und cs muß deshalb auch ausgesprochen werden, daß^eiue große Unznsricdenheit mit der wirthschaftlichen und socialen Eutwickelnng der Dinge in weiten Kreise» herrscht, aber auch i» dieser Hinsicht »ins; man sich vor Uebertreibnngeu hüten nnd ans eine natürliche Besserling und auf die Auffindling gangbarer Wege zur Lösung der vorhandenen Probleme hoffen. Unser Vaterland htst in früheren Perioden seiner stets schwierigen Entwickelung in wirthschaftlicher Hiusichx viel größere Nothstände glücklich überwunden, Nvthstände, gegenüber welchen die Calamitäten, über welche mau jetzt klagt, als ein wahres Kinderspiel erscheinen. Deshalb darf anch mit Zuversicht erwartet werden, daß mit Geduld und Ausdauer und mit einer gewissen Ein- nnd Um kehr anch die wirthschaftlichen Schäden und socialen Gebrechen der Gegenwart geheilt werden können. Daß in dieser Hinsicht in naher Znknnft gnte Fortschritte erzielt werden möchten, bleibt unser bester NenjahrSwnnsch! Politische Jahresrundschau. Das Jahr 1895 kann wohl als ein Wendepunkt zum Besseren in den wirthschaftlichen Verhältnissen Europas betrachtet werden. Denn in fast allen maßgebenden Staaten unseres Welttheilcs vollzog sich während des jetzt zurückgelegten Zeitabschnittes ein merklicher Aufschwung auf wirthschaftspolitischem Gebiete nach einer längeren Periode des Darniederliegens der allermeisten Erwerbs zweige und mit Genngthnung kann festgestellt werden, das; auch Deutschland eine Dauer versprechende Wiederbelebung seines geschäftlichen nnd erwerblichen Treibens verzeichnen darf. Der Fvrthestand des Friedeuszustandcs, in welchen Europa zu Beginn des Jahres hineintrat, und der schon seit einer geraumen Reihe von Jahren erfreulicher Weise augedanert hatte, ist selbstverständlich nicht ohne Einfluß auf die günstigeren wirthschaftlichen Cvnjnnctnren geblieben, obwohl gerade in dem abgelaufenen Jahre der politische Horizont Europas nicht unwesentlich getrübt wurde. Die Unruhen nnd Krisen im türkischen Orient waren in der That nicht unbedenklicher Natur, aber der von allen Mächten bethätigten aufrichtigen Friedensliebe nnd dem hierdurch bedingten einträchtigen Znsammenarbeiten der europäischen Diplomatie ist es doch gelungen, die unrnhige Bewegung in der Türkei in ihren Grenzen zn halten und eine bedrohliche Entwickelung derselben nach außen zu verhüten. Allerdings ist dafür gerade znm Jahres ausgange nach einer anderen Seite hin eine kritische An gelegenheit von internationaler Bedeutung anfgetancht, der zwischen Nordamerika und England wegen der Venezuela - nischen Frage spielende Conflictsfall; einstiveilen jedoch darf man der Zuversicht leben, daß der amerikanisch-englische Streit noch gütlich bcigelegt werden wird. Wenden wir uns nach diesem flüchtigen allgemeinen politischen nnd wirthschaftlichen Ueberblicke zunächst zn dem Bilde, welches Deutschland während des Jahres 1895 darbot, so bleibt der Blick vor Allem an der erlauchten Person Kaiser Wilhelms II. haften. Rastlos hat der er habene Schirmherr des Reiches wiederum dnrch eine ganze Reihe von Handlnngen nnd Knndgebnngen sein ernstes Bestreben dargethau, das Ansehen und den Einfluß des Reiches nach außen zn erhalten und zn erweitern, nach innen aber das Wohl des Reiches nnd seine friedliche und gedeihliche Eutwickelnng ans allen Gebieten zu fördern. Wie schon in den vvrhergegangenen Jahren, so unternahm Kaiser Wilhelm anch diesmal wieder zahlreiche kleine größere Jnlnndsreisen nnd mehrere Reisen nach dem Ans lande. Das Ziel der letzteren waren Schweden und Eng land, von seinen vielen Neiseansflügen im Jnlande sind besonders jene nach den Neichslandeu, nach Kiel nnd nach Leipzig, sowie die beiden Reisen des Monarchen nach Friedrichsruh hervorzuhebeu. Die Reise nach Elsaß- Lothriugen wurde durch den Wunsch des Monarchen ver anlaßt, der Einweihung des dem ruhmvollen Sieger von Wörth, dem edlen Kaiser Friedrich, auf dem Wörther Schlachtfelde errichteten Denkmales beiznwohnen. Die Veranlassung der Kieler Reise bildete die glänzende Er- öffunngsfeier des Nvrdostsee-Canales, bei welcher die her vorragendsten Bundesfürsten den Kaiser umgaben, ent sprechend der besonderen politischen wie nationalen Be- ihren Reichen ablegte. Nenwahlcst zu deu Einzellandtageu fanden n. A. in Baden, Württemberg und Sachsen statt.