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1.68 Viablvs blvus. Erinncrung an Sedan. Von O. Elster. (Nachdruck verboten». Dichter Nebel bedeckte am frühen Morgen des 1. September 1870 die Niederung der Maas, wallte in gespenstischen Gestalten über den Fluh auf und ab, lagerte als undurchsich tige, weihgraue Wolkenschicht über der Wasser anstauung, welche sich schützend um die Mauern Sedans legte, und ballte sich um die Türme und Türmchen, um die Schlösser und Villen, die Landhäuser und freundlichen Bauerngehöste Bazailles zusammen, in denen die Bewohner noch im tiefen Schlummer ruhten. Nur auf den Straßen und einzelnen Plätzen herrschte geschäftiges kriegerisches Treiben. Am Tage vorher war die Brigade deö Generals des Pal- lieres eingerückt, prächtige Truppen, alte Sol im Süden des Ortes starke Avantgardenposteil gelegt. So ward Bazaille zu einer kleinen Festung umgewandelt, war es doch der äußerste südliche Stützpunkt der französischen Stellring, welche sich von hier nach Norden im weiten Bogen um Sedan herumzog, die Anhöhen des Gi- ronnebacheü krönend und sich mit dem linken Flügel an das Bois de la Garmen und die Höhen von Floing und Cazal anlehnend. Im Rücken der Stellung, als deren Zentrum und Zitadelle lag die Festung Sedan, umgeben von Bastionen und Wällen und breiten Wasser gräben. In Bazaille glaubte man nicht, daß die Deutschen einen Angriff auf diese starke Stell ung ivagen würden und legte sich mit einem Gefühl der Sicherheit zur Ruhe. Aber noch deckten die Schatten der Morgendämmerung Röcke, statt der Bajoncttgcwehre kurze stutzen artige Büchsen. Es waren baierische Jäger, welche die Dorfstraße entlang eilten. Diudlös blsus!" knirschten die Franzosen zwischen den Zähnen und griffen zu den Waffen, die eigenen Soldaten im Kampfe zu unterstützen. Jetzt ward das Gewehrfeuer lebhafter. Von der Kirche und dem Marktplatze herüber knatterten mehrere Salven, Hurrarufe ertönten, die französischen Avantgardcnposten eilten zurück nach der Villa Baurmann und dem Chateau MonvillerS, mit Hurra folgten die baierischen Jäger — da krachte ihnen aus der Villa Baurmann Salve auf Salve entgegen, ein Hagel von Geschaffen erfüllte die Hauptstraße, aus den Fenstern, aus den Kellern der Häuser prasselte den Blauröcken lebhaftes Schützcnfeuci entgegen, wiederum ein donnerndes Hurra, ein Polnisches Araulpanr. 'lisch dem Gcmsldc non Stanislaw MaSlowSki. daten, die, durch die Sonne Afrikas gebrannt, sich unter algierischen Kämpfen schon hervor- gethan hatten. Mit den schlanken Südfranzoscn vereint standen die braunen Söhne Nordafrikas in Reih und Glied, hauptsächlich aber traten die kräftigen Gestalten der Marinesoldaten her vor, eine Elitctruppe, auf die das Auge der Einwohner von Bazailles mit Stolz ruhte. In den Straßen des freundlichen, von Gärten und Weinbergen umgebenen Dorfes, das von dem klaren Gironnebach durchströmt wird, errichteten die Truppen Barrikaden, das reizend gelegene, von einem weiten Park umgebene Chateau MonvillerS und die prächtige Villa Baurmann, welche an dem Schnittpunkt der Straßen nach Balan und nach La Moncelle lag und die Hauptstraße gleich einer Zitadelle beherrschte, wurden zur Verteidigung hergerichtet, und in das Chateau Dorival und die Eisenbahnstation Berg und Thal, noch wogten und wallten die weißgrnuen Nebel über der Maasniederung, als man durch einzelne Schüsse jäh aus dem Schlummer erweckt wurde. Handelte es sich um Vorposten-Scharmützel? Hatten sich einzelne preußische Patrouillen zu weit vorgewagt? Un möglich konnten die Deutschen jetzt schon in beträchtlichen Massen die Maas, deren Brücken zerstört waren, überschritten haben. Neugierig lugte man aus den Fenstern. Aber erschrocken fuhr man zurück, denn die Straßen herauf, dicht an die Häuser gedrückt, pirschten sich feindliche Schützen entlang, auf merksam umherspähend, die Büchse in der Hand. In der Dämmerung des Morgens erkannte man, daß man es nicht mit den Preußen zu thun hatte. Statt der blinkenden Pickelhaube erblickte man stumpfe Naupenhelme, statt der dunkeln preußischen Uniformen, hellblaue kurze mutvoller Ansturm, abermaliges furchtbares Feuer aus den gedeckten Stellungen der Fran zosen und die baierischen Jäger preschten zurück bis zum Auögang des Dorfes, wo sie sich in einzelnen Gehöften festsetzten. Neue baierische Bataillone langten an und griffen in den sich immer lebhafter gestaltenden Kampf ein. Aber von Balan war jetzt auch die französische Brigade Thcboul eingclrosfen und die unerschrockenen Marinesoldaten des Ge nerals Pallieres und des Generals Neboul gingen nun ihrerseits zum Angriff über. Aber die Blaujacken hatten sich schon in den Häusern und Gärten fest eingenistet. Wenn sie auch hier und da von den Straßen und freien Plätzen verdrängt wurden, aus den ein mal genommenen Häusern ließen sie sich nicht mehr vertreiben, sie warfen die französischen Marinesoldaten zurück, sie gingen selbst wieder