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WMl G Urißteii ßrtrkN für Drchchin, Amelshm, Kcherrftiil, Zeuch, Asrs-srf, M, WmuMßmn, Juchhain 8»Wiidni, Siii». Wi, SltWu, Slnchiikli, MPUt, Pmßeii. WkWin, CMtüitz. ki»m, WWii«. ZNaftrth uni IlWM. Mtt einer illustrierten Sonntags - Beilage. Dieses Blatt erscheint in Naunhof jeden Dienstag, Donnerstag und Sonnabend, Nachmittag 6 Uhr, mit dem Datum des nachfolgenden Tages und kostet monatlich 35 Pfg., vierteljährlich 1 Marl. Für Inserate wird die gewöhnliche einspaltige Zeile oder deren Raum mit 8 Pfennigen, für solche außerhalb der AmtShauptmannschast Grimma, sowie für Anzeigen am Kopfe und im Reklameteile, mit 10 Pfennigen, berechnet, bei Wiederholungen tritt Preisermäßigung ein- Nr. 75. Freitag, den 29. Juni 1900. 11. Jahrgang. >6 rn^rits. Wie bekannt, hat der oberste Kriegsherr der deutschen Marine dem Kapitän des Kanonenbootes „Iltis", Korvettenkapitän Lans, den Orden kour 1s msrits verliehen, und damit die höchste Ordenö-Aus- zeichnung, die einem Offizier für hervorragende Leistungen vor dem Feinde erteilt werden kann. Zum Vergleich sei erwähnt, daß König Wilhelm I. von Preußen dem Kronprinzen denselben Orden am Abend der Schlacht von Königgrätz überreichte, und es wird da wohl er kennbar, daß der Kaiser mit dieser Dekoration nicht bloß den tapferen Offizier, sondern die ganze Marine hat auszeichnen wollen. In jedem Fall ist diese Ordens verleihung eine seltene, besitzt doch der Monarch selbst nicht den Orden, der nur vor dem Feinde erworben wird. Verliehen ist er auch s. Z. dem Fürsten Bismarck; in seiner Ordre sprach der alte Kaiser aus, daß der eiserne Kanzler diese Auszeichnung wohl verdient habe, da er sich im Felde auch in militärischer Beziehung durch klugen Rat ausgezeichnet. Doch erfolgte diese Dekoration erst in den letzten Lebensjahren des greisen Kaisers. Der Kampf der „Iltis" gegen die chinesischen Forts von Taku ist das erste wirkliche Gefecht eines Schiffes unserer Marin« gegen moderne Geschütze, und zwar ist es ein recht ernstes Gefecht gewesen, mehr als der sechste Teil der deutschen Streiter war tot oder verwundet. Zu Lande haben unsere Blaujacken sich in Samoa, Deutsch-Ostafrika und Kamerun hinlänglich bewährt, 1870 fand auch schon ein Gefecht zwischen dem deutschen Kanonenboot „Meteor" unter dem heutigen Admiral Knorr mit dem französischen Aviso „Bouvet" statt, die modernen Geschütze „ziehen" aber anders, wie die damaligen. Vor allem war bei Taku ein viel härterer Widerstand zu überwinden, es bedurfte der allergrößten Kaltblütigkeit, um im feindlichen Feuer auszuhalten. Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß das deutsche Schiff, dessen Führer die Seele der ganzen Expedition war, auch den gefahrvollsten Posten inne hatte und wahrscheinlich den Hauptangriff ausführte. Diese Leistung hat der Kaiser anerkennen und be lohnen wollen. Das Gefecht von Taku, dem wohl noch manches andere, hoffentlich aber minder verlustreiches folgen wird bis der Krakehllust der Chinesen ein Ende gemacht ist, hat uns gezeigt, woran wohl auch niemand gezweifelt hat, daß unsere Seeleute sich unter den ungünstigsten Verhältnissen ebensogut zu schlagen wissen wie die die Landarmee, daß auch für sie das Wort gilt: „Wir müssen siegen und wir werden siegen!" Es soll den Blaujacken anderer Nationen keine geringere Quali fikation zuerkannt werden, aber es steht doch fest, daß heute die Berichte aller fremdsprachigen Zeitungen an erkennen, was von den Unseren vollbracht worden ist. Die Deutschen haben beim ersten Zusammenstoß den Vogel abgeschossen, und die Wirkung einer solchen That- sache, der Respekt, welcher aus derselben folgt, wird so bald nicht vergessen. Daß Deutschland in der Ordnung der Dinge in China diejenige Rolle spielen wird, auf welche es einen gerechten Anspruch hat, davon können wir fest überzeugt sein. Uns wird niemand den Rang da abloufen, wo wir unsere Interessen zu wahren haben. Man hat bei uns im deutschen Reiche wohl kaum gedacht, daß sich so bald eine Gelegenheit für die Marine finden werde, zu zeigen, was sie kann. Und wäre heute nicht die ReichStagssession bereits geschloffen, so würden die bis zum Jahre 1907 gestrichenen Auslandsschiffe wahrscheinlich doch noch bewilligt worden sein. Es ist leider eine Thatsache, daß heute die internationalen Karambolagen in der Luft liegen, es rumort an allen Ecken und Enden und der Tanz hebt an, bevor man sich dessen versieht. Deutsches Reich. — Das Denkmal Kaiser Wilhelms I. in Holtenau, am Nordostseekanol, ist in Gegenwart des Kaisers ent hüllt worden. — Die Einführung eines Signals, wodurch die Fernsprechteilnehmer von der Einstellung des Betriebes bei Gewitterneigung benachrichtigt werden, ist nach der „Nordd. Allg. Ztg." von der Reichspostverwaltung in Erwägung gezogen worden. Die Einführung ist sehr wünschenswert. — Den Truppenteilen ist auf höhere Weisung hin auch in diesem Jahre wieder gestattet worden, im Hinblick auf den Mangel an Landarbeitern während der Erntezeit Soldaten zu den Landwirten abzukomman dieren. Es dürfen jedoch nur solche Leute kommandiert werden, die im Exerzieren und Felddienst, vornehmlich aber im Schießdienst genügend ausgebildet sind, und bei denen nicht die Gefahr vorliegt, daß sie durch das vierzehntägigc bis dreiwöchige Kommando an den er langten Dienstfertigkeiten Einbuße erleiden. Gute Führung ist indessen die Grundbedingung für einen Ernteurlaub. — Die Einführung einer obligatorischen Leichen schau für das ganze Reich ist bekanntlich vom deutschen Reichstage gefordert und auch vom deutschen Aerztetage empfohlen worden. Trotzdem hat der Bundesrat, wie die „Augsb. Abendztg." wissen will, beschlossen, die Resolution des Reichstags zum Reichsseuchengesetz, die die obligatorische Schau fordert, kurzer Hand abzu lehnen. — Der Landwirtschaftsminister, Freiherr von Hammerstein, hat die LandwirtschaftSkamm-ern auf- gefordert, je einen hervorragenden Sachverständigen nach Paris zum Studium der landwirtschaftlichen Teile der Weltausstellung und weiterhin der landwirtschaft lichen Verhältnisse Frankreichs zu entsenden. — Während in Preußen wie auch in Sachsen unbedenklich zum Mittel der Warenhaussteuer gegriffen wird, wollen andere Bundesregierungen mr Süden des Reiches von diesem angeblich dem Schutze des Klein gewerbes dienenden steuerfiskalischen Experimente noch immer nichts wissen. Der als volkswirtschaftliche Autorität geltende badische Finanzminister Buchenberger hat sich in der badischen Kammer erneut gegen die Warenhaussteuer ausgesprochen. — Die Novelle zur Gewerbeordnung, welche u. a. die wichtige Bestimmung betreffs des 9 Uhr Laden schluffes enthält, ist nun auch vom Bundesrat genehmigt worden. Das Gesetz tritt am 1. Oktober dieses Jahres in Kraft. Die bezügliche Bestimmung lautet: Von 9 Uhr abends bis 5 Uhr morgens müssen Verkaufs stellen für den geschäftlichen Verkehr geschloffen sein. Die beim Ladenschluß im Laden schon anwesenden Kunden dürfen noch bedient werden. Ueber 9 Uhr abends dürfen Verkaufsstellen für den geschäftlichen Ver kehr geöffnet sein: 1) für unvorhergesehene Notfälle, 2) an höchstens 40 von der OrtSpolizeibehörde zu be stimmenden Tagen, jedoch bis spätestens 10 Uhr abends, 3) nach höherer Bestimmung der höheren Verwaltungs behörde ländlicher Gemeinden, in welchen der Geschäfts verkehr sich in der Hauptsache auf einzelne Tage der Woche oder auf einzelne Stunden des Tages beschränkt. — Deutschlands Arbeit auf dem sozialpolitischen Gebiete hat auf dem Kongreß für soziale Arbeiter versicherung, die gelegentlich auf der Weltausstellung in Paris abgehalten wird, ehrenvolle Anerkennug ge funden. Der französische Handelsminister erklärte dort auf ein von dem deutschen Vertreter Or. Boedicker, ge gebenes Referat, daß Deutschland an der Spitze der Arbeiterfürsorge unter allen Staaten marschiere und bahnbrechend gewirkt habe. ««sland. Krieg in Südafrika. Berlin, 26. Juni. Das „Berl. Tgbl." bringt einen Brief seines Kriegskorrespondenten über das beim Vormarsch des Feldmarschalls Roberts auf Kroonstad am Zand--River stattgehabte Gefecht, worin das deutsche Korps im Burenheere nahezu aufgerieben sein sollte. In Südafrika haben die Buren einen Ueberfall auf das Derbyshire-Regiment ausgeführt. Die Engländer haben dabei 35 Tote und 111 Verwundete verloren; die übrigen sind gefangen genommen worden. Der Aufstand in China. Es kann einem Zweifel kaum noch unterliegen, daß die bis jetzt von den Mächten unternommenen Operationen sich als durchaus unzulänglich zur Be wältigung der Schwierigkeiten in China erwiesen haben. Sämtliche Großmächte schicken sich deshalb an, das Versäumte nachzuholen. Wie versichert wird, besteht in den Kabinetten die Absicht, eine kombinierte Heeresmacht von rund 100000 Mann an der Peihomündung zu- sammenzuziehen, während an Japan das Sondermandat erteilt werden soll, mit einem Heere von ebenfalls 100 000 Mann südlich von Tientsin vorzugehen. Die vereinigten Flotten der Mächte sollen außerdem sämt- liie größeren chinesischen Häfen blokieren oder unter Bewachung stellen, die den angeblich fremdfreundlich gesinnten Vizekönigen zugehörigen Häfen eingeschlossen. Shanghai und Nanking sollen von englischen Schiffs brigaden besetzt werden. Außer diesen gemeinsamen Vorkehrungen sollen auf jetzt ergangenen direkten Befehl des Zaren 150 000 Russen vom Amur-Gouver nement aus in Marsch gesetzt werden, um das nördliche Aufruhrgebiet Chinas zu säubern. Deutschland wird es bei der Absendung der beiden Seebataillone, der Artillerie- und Matrosenabteilung sowie des Kreuzers „Bismarck" nicht bewenden lassen. Es sind sehr er hebliche weitere Truppensendungen beziehentlich Marine transporte nach China thätsächlich auf Betreiben Kaiser Wilhelms ins Auge gefaßt. Berlin, 26. Juni. Nach hier eingetroffenen Telegrammen sind jetzt auch in Shantung, nahe der Grenze des deutschen Reichsgebietes, Unruhen ernster Art eingetreten. Berlin, 26. Juni. Wolfs's Bureau erfährt: Nach einem am Vormittag hier emgetroffenen Telegramm des deutschen Konsuls in Tschifu soll Seymour 20 Kilo meter von Tientsin mit den Gesandten, bedrängt von Boxern und Soldaten, sich befinden. Ein Hülfskorps zur Aufnahme Seymours verließ am 24. dss. MtS. Tientsin, nachdem das Ersatzkorps von Taku am 23. d M. Nachmittag in Tientsin eingezogen ist. Wien, 26. Juni. Wie verlautet, sollen infolge der bedrohlichen Lage in China zwei weitere österreichische Kriegsschiffe nach dort abgehen. Madrid, 26. Juni. Spanien ist entschlossen, ebenfalls in Ostasien vorzugehen und zum Schutze seiner dort lebenden Staatsangehörigen den Kreuzer „Carlo Quinto" mit 400 Mann zu entsenden. Berlin, 27. Hum. Wolffs telgraphifches Bureau meldet: Ein heute früh eingetroffenes Telegramm des Kaiserlichen Konsuls in Tschifu meldet: Admiral Seymour ist 14 Kilometer von Tientsin umzingelt, hat 62 Tote und 200 Verwundete, ist sehr bedrängt und verlangt ca. 2000 Mann Hilfstruppen, die am 25. d. M. von Tientsin vom russische» Oberbefehls haber ausgerückt sind. — Ergänzend wird hierzu weiter gemeldet: London, 27. Juni. Das Entsatzkorps traf am Sonntag Abend vor den chinesischen, Seymour einschließenden Stellungen ein nnd stellte die Ver bindung mit Seymour, welcher Mangel an Nahrungs mittel» signalisierte, her. Die kolossalen Rüstungen, die Rußland Chinas wegen trifft, beunruhigen die Börsen. Man befürchtet weitgreifende politische Verwickelungen, ja die Aufrollung der Chinafrage selber. Rußland versichert zwar fort gesetzt, daß eS in China keine Sonderinteressen verfolge, trotzdem befindet sich Großbritannien in fieberhafter Aufregung.