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besser als viele unserer eigenen Bewohner, das beweist -der nachfolgende Artikel, der von dem früheren Ehest redakteur des General-Anzeigers für Leipzig, Herrn E. Winterfeld in einem Leipziger Blatte veröffentlicht wurde. Derselbe lautet: Viel zu wenig beachtet Leipzig all da- Gute, was ihr in seiner Umgebung in so überreichem Maße geboten wird. Wir haben an dieser Stelle schon ein gehend auf eine Quelle des Segens hingewiesen, welche unsrer halben Millionenstadt in der Dürrenberger Sool- quelle stießt, die sür die Kinderwelt geradezu Wunder wirkt und für all da- Gute, was sie stiftet, leider noch viel zu wenig beachtet wird. Aber für die, welche einer besonderen Mineralquelle noch nicht bedürfen, um ihre bedrohte Gesundheit zu festigen, liegt vor einer andern Schwelle Leipzigs ein anderes geradezu idyllisches Fleckchen Erde, umwoben vom herrlichsten Zauber des Waldes, von holdseeligster Poesie, wie sie nur gedeihen kann unter dem geheimnißvollen Schutze alter Baumriesen, mit deren Wipfeln Menschenalter spielen und zu deren Füßen Generationen kommen und gehen, Alle das eine Sehnen im Herzen, einmal auf Stunden, To^e und Wochen auSruhen zu können von dem herben Kampfe um's Dasein. Ein reicher Kranz von duftigem Grün hat Lipsias Lenden umgürtet, aber die lieblichste Blüte darin ist das entzückende Naunhof mit seinem unabsehbaren WaldeSdom, in dem Nadelholz und grünes Laub stimmungsvoll mit einander abwechseln und jene Farben harmonie schaffen, die kein Maler in ihrem ganzen Zauber wiederzugeben vermag. Tönendes Erz und klingende Schelle sind die schönsten Gemälde gegen die- Meisterwerk der Schöpfung. BesünderS jetzt an der Scheidegrenze des Wonne mondes, nach langen, bangen Regentagen, verklärt von den Strahlen der Pfingstsonne, geht ein Leuchten durch das junge Grün und die lachenden jungen Triebe des Nadelholzes, übergossen von dem Glanze der Morgen sonne, geschmückt mit Milliarden von Thautropfen, das ist ein Bild so überwältigend, daß ein unsagbarer Melodienreichtum durch die rauschenden Zweige jubelt: die ganze Welt ein lyrisches Gedicht. Dem verdienten StaatSmanne verleiht Erdengunst die Brillanten zum höchsten Orden, dem Walde, dem verdienstvollsten Wohlthäter der Menschheit, verleiht des allmächtigen Schöpfers Huld mit jedem Morgen thau und jedem Wendsegen Milliarden von Brillanten auf'S Neue und streut seinen Glanz in ungemeffener Fülle über die Erde aus, die nur die Thorheit so mißachten kann. Gewiß hat die Welt gar gewaltige Bilder der Schönheit aufzuweisen in ihren himmelhohen Bergen und im wogenden Meere, aber die stille An- mut des Waldes bleibt darum dennoch unvergleichlich schön, und wird ihren Zauber nie versagen. Unter seinem Blätterdach wohnt der Frieden, wie in keinem Gottesdome, der von Menschenhänden geformt ist, hier preist die unverständ'ge Kreatur ihren Schöpfer mit unverfälschten Zungen, hier hat kein Egoismus, keine Engherzigkeit, keine Falschheit Raum, Gottes Ordnung ist hier Gesetz, Drum, willst Du, Mensch, Dich auf Dich selbst besinnen, Such' vor dem Menschentum im Wald Entrinne». — Die Perle der Wälder in dem reichen Schmuck um Leipzig her ist unstreitig der Naunhofer Wald; Iremdes Arot. Roman von Walter Allenstein. 8 Erst die nächsten Tage brachten den Angehörigen des verstorbenen BaEerS völlige Aufklärung über die Ur sache seines plötzlichen, gewaltsamen Ende-. Schon seit Jahren hatte das einst glänzend dastehende Bankhaus mit einer wachsenden Unterbilanz gearbeitet, und Bankier Kö nitzer hatte dieselbe zu verschleiern verstanden. Daß er das auf Anraten und mit Mitteln seines Geschäftsfreun des Steinberg, den er sich damals anvertraut hatte, ge- than, wußte niemand außer diesen beiden. Da» war Könitzers Schuld, und Steinbergs Mitwissen schafthatte diesem dann jenes Uebergewichtüver den Ban kerotteur gegeben, welches nachmalig Hulda, die Stein berg zum Weibe begehrte, so bitter empfinden sollte Stein berg allein ahnte auch, war selbst Hulda in ihrein Schmerze nicht bedachte, daß Könitzer diesen Zeitpunkt zu seinem Selbstmorde gewählt hatte, um sein einziges, geliebte» Kind nicht einem ungeliebten und unwürdigen Manne ge ben zu müssen. Steinberg hatte mit Enthüllungen gedroht. Kaum war die Kunde von dem schrecklichen Ende Kö- nitzerS zu den Ohren dieses Buben gedrungen, als er eine längere Reise ins Ausland unternahm. Hulda, das wußte er, war ihm nun doch verloren. Um seine Verluste wieder wett zu machen, hatte sich Könitzer in umfassende, großartige Transaktionen einge laffen, denen weder sein Geschick, noch seine Mittel gewach- sen waren. Wie ein Verzweifelter hatte der Bankier, wie au» seinen hinterlassenen Aufzeichnungen hervorging, ge- kämpft, sich Tag und Nacht keine Ruhe gönnend, dabei von unablässigen Seelenqualen gefoltert, die um so schwe- rer zu ertragen gewesener stillerer sie in sich verschlossen hatte. Aber alle» Mühen war vergeben» gewesen, die Kata- strophe hatte sich zwar aufhalten, aber nicht abwenden lassen, und so hatte der unglückliche Geschäftsmann denn in einem besonder» dazu geeigneten scheidenden Augen- blick zur Pistole gegriffen mehr und mehr beginnt man ja da» auch zu begreifen, wenn man auch immer noch viel zu wenig die Be strebungen unterstützt, durch welche einsichtige Männer seit Jahren bemüht gewesen find, den Besuchern deS Waldes von Naunhof den Aufenthalt so angenehm wie möglich zu machen. Das Kurhaus Lindhardt ist feit Jahren bestrebt, für allen erdenklichen Komfort zu sorgen. Die ver wöhntesten Ansprüche finden dort ihre Rechnung, und der vorurteilsvollste Leipziger „kann sein Haupt dort kühnlich legen". Ausgezeichnetes Menu, vortrefflicher Keller, behagliche Zimmer, Alles, Alles ist vorhanden zumal unter der neuen Regie der Frau Bertha Birkiegt. Der Befitzer ist peinlichst bemüht, dafür Sorge zu tragen, daß kein Großstädter hier irgend etwas ver misse. Und dann die Mühle Lindhardt! Was für ein schmuckes Anwesen ist hier durch Fleiß und Intelligenz entstanden. Seit Jahrzehnten muß sie stetig gewachsen sein in der Gunst des Publikums, das sieht der auf merksame Beobachter auf den ersten Blick, ohne ihre Vorgeschichte zu kennen. Sehr freundliche Zimmer und vorzügliche Verpflegung findet der Besucher hier, sowie als besondern Schmuck deS Hauses eine peinliche Sauber keit. Sowohl vom Kurhause, wie von der Mühle Lindhardt aus erreicht man den herrlichen Wald in 3 Minuten, beide Grundstücke aber sind obenein von schattigen Gärten umgeben. Der hübsche Mühlenteich erhöht noch die Idylle und ist als Gondelplatz der Jubel von Jung und Alt. Im Laufe der Zeit sind noch zahlreiche andere Wirtschaften entstanden, die sich bemühen, ihren Sommer gästen den Aufenthalt angenehm zu machen und mit jedem Jahre wächst die Zahl der reizenden Villen, die aus dem lauschigen Grün herauslugen wie die zierlichsten Bauten vom Ankersteinbaukasten unter dem Weihnachts baum die fröhliche Kinderwelt an lachen und unvergeß liche Eindrücke Hervorrufen. Mit einem Worte, Naun hof ist emsig bemüht, den rastlos schaffenden Leipzigern eine idyllische Heimstätte zu bereiten, an der sie aus- ruhen können von dem heißen Kampfe ums Dasein. Mich wundert nur das Eine, daß dies entzückende Fleckchen Erde nicht schon längst in weit größerem Maße Villenstadt von Leipzig geworden ist. Die Leipziger wissen diese Perle in ihrer nächsten Umgebung eben noch viel zu wenig zu schätzen". In gleich schmeichelhafter und überzeugender Weise dürfte so leicht keine andere Sommerfrische ohne ihr Dazuthun, also ganz unparteiisch, der Allgemeinheit empfohlen worden sein, und wir sind uns deshalb schuldig, auch unsrerseits alles aufzubieten, um Naunhof, Lindhardt und Umgebung bekannt zu machen. Wir richten deshalb schließlich noch an alle unsere geschätzten Leser die höfliche Bitte, den Prospekt als Drucksache mit 3-Pfennig frankiert Ihren Bekannten in Leipzig und anderen Orten, von wo aus sich der Besuch unserer Umgegend als Sommerfrische eignet, zu verschicken. Weitere Exemplare zu diesem Zwecke stehen in unserer Expedition gern unentgeltlich zur Verfügung. Vermischtes. * Die in Schwerin erscheinende „Meckl. Ztg." schreibt: Ein Reise-Abenteuer eigener Art wird uns von einem Herrn erzählt, dem wir sonst alle Glaub würdigkeit beimessen. Trotzdem müssen wir ihm aber für nachstehende Begebenheit die alleinige Verantwortung überlassen, die im übrigen zum Wiedererzählen reizt: An dem Sarge des Verstorbenen trafen diese über raschenden Enthüllungen die beiden Frauen um so schmerz licher Während sich bei der Witwe ihre Erschütterung in lau ten, bitteren Klagen äußerte, aus denen sogar hie und da ein Wort des Vorwurfs gegen den Selbstmörder heraus- klang, trug die Tochter ihr Leid stiller und innerlicher, und sie war ihrem Schmerz so ganz ausschließlich hingegeben, daß sie vorläufig noch keine Empfindung hatte für die Ver änderung, die in ihrer Umgebung und mit allen über haupt, die während der Unglückstage im Hause zu thun hatten, vorgegangen war. Die Dienerschaft legte nicht mehr die frühere Ehrerbietung und Schnelligkeit in der Aus führung ihrer Obliegenheiten an den Tag, ja er kam vor, daß ein erteilter Befehl zwei oder dreimal wiederholt wer den mußte, ehe man sich herbeiließ, zu gehorchen Mit we nig respektvollen Mienen begegnete man den Angehöri gen des Hause», das, wie man aus den Zeitungen erfah ren, bankerott geworden, und in dem die Tage jedes An gestellten gezählt waren. Nur hin und wieder, wenn der Bruder der Witwe aus ein kurzes Stündchen bei ihnen eintrat, wurden die beiden Frauen unsanft an den Umschwung der Verhältnisse ge- mahnt Herr Bittner, der im Osten Berlin» eine kleine Fabrik besaß, war seit dem Unglückstage unablässig im Comptoir des Bankhauses thätig, um mit dem Prokuristen und dem gerichtlichen Verwalter den Stand des Geschäfts festzustellen Seine Miene wurde von Stunde zu Stunde finsterer, und am Abend vor dem Begräbnis kam nun der in ihm kochende Grimm und Aerger zum offenen Aus bruch. „Alles .. alle» verloren!" rief er, blaß und verstört bei den Frauen erscheinend „Nichts, rein gar nichts mehr zu retten!" „Aber wie, wie ist denn da» möglich?" fragte Frau Könitzer mit bebenden Lippen. „Wie?" Der Sprechende machte eine Geberde heftigen Unwillen». „Wenn man sich wie ein Unsinniger benimmt „Sitzt da auf dem hiesigen BsWof in einem Abteil 2. Klaffe eines nach Gadebusch zur Abfahrt bereit stehenden Zuges ein Herr, als kurz vor Ablassung des Zuges noch eine Dame mit einem kleinen Hund im Arm in den Wagen steigt, ohne weiter von dem Herrn Notiz zu nehmen, welch' letzterer sich denn auch an das Fenster setzt und von der Betrachtung der Umgegend ganz ein- genommen wird. Hinter Warnitz zündete der Herr sich eine Zigarre an, wird aber sofort von der Dame energisch ersucht, das Rauchen einzustellen, da sie den Tabaksrauch nicht vertragen könne. Der Herr, durch den Ton der Dame verletzt, erklärt, er befinde sich in einem Abteil in welchem das Rauchen statthaft sei und werde sich hieran auch nicht behindern lassen. Durch Rede und Gegenrede gerät die Dame jedoch in Harnisch und kurz vor Einfahrt deS Zuges in Friedrichsthal reißt sie dem Herrn die Zigarre aus dem Munde und wirft sie aus dem offenen Fenster. Ohne weiteres Besinnen aber ergreift mit Blitzesschnelle der Herr den Hund und wirft ihn der Zigarre nach. Mittlerweile ab^r hält auch schon der Zug in Friedrichsthal. Beide stürzen heraus und beschwerdeführend auf den Vorsteher los. Doch siehe da, man traut seinen Augen kaum, kommt der kleine Hund angetrollt, die Zigarre im Maul. Ob er letztere auch in Brand erhalten, konnte unser Ge währsmann leider nicht verraten." * Eine grausige Fahrt. Im Hafen von Plymouth an der Südküste Englands lief am 11. d. M. das deutsche Handelsschiff „Victoria" ein, dessen Mannschaft geradezu furchtbare Leiden auf hoher See zu erdulden hatte. Das Schiff kommt von den Südsee-Jnseln, und da es unterwegs ein Leck erhielt, brauchte es 150 Tage zu der Reise, die sonst in wenig Wochen zurückgelegt wird. Sämtliche Mann an Bord waren überdies mehr oder minder schwer an Skorbut erkrankt, und so konnten die Pumparbeiten, die beständig fortgesetzt werden mußten, um das in der Stunde acht Zoll ziehende Fahrzeug überhaupt vor dem Sinken zu be wahren, nicht mit der nötigen Energie betrieben werden. Die Mehrzahl der vollkommen erschöpften Leyte, die monatelang nur von Fischen und Möven gelebt haben, wurde gleich nach der Ankunft der „Victoria" in ein Krankenhaus gebracht. Die Bemannung eines englischen Lootsenkutters hat dem schwer beschädigten Schiff nach Kräften Beistand geleistet. Astronomischer Kalender. Mittwsch, de« 20. Juni 1SVK. Sonnenaufgang 3 Uhr 39 Mn. Sonnenuntergang 8 Uhr 24 Mn. Mondaufgang 11 Uhr 56 Min. Monduntergang 12 Uhr 48 Mn. Sptelpla« der Leipziger Gtadttyeater. NeueS Theater. Mittwsch: Der Postillon von Lonjumeau. Anfang 7 Uhr. Donnerstag: DaS goldene Kreuz. Anfang 7 Uhr. AlteS Theater. Mittwoch: Der Probekandidat. Anfang ^8 Uhr- Donnerstag: Der Probekandidat. Anfang Vz8 Uhr. und höher — 12 Meter! — Porto- und zollfrei zugesandt! Muster umgehend; ebenso von schwarzer, weißer u. farbiger „Henneberg- Seioe" von 75 Pf. bis 18.65 p. Meter. 6. HonnsdsrZ'. ^ürioti. 8siüvn-f»bl-ilisnt (k. u. ü. stoß.) und sich in Unternehmungen einläßt, die man nicht über sehen kann . .. Kein Wunder, daß er zuletzt ganz und gar den Kopf verloren hat!" „Aber hat er Dich denn nie um Rat gefragt?" erkun digte sich die Witwe, während Hulda zitternd auf ihrem Stuhl saß und die Hand auf das ungestüm pochende Herz preßte. „DaS ist'» ja eben!" rief der erregt im Zimmeraus und ab Schreitende und stampfte zornig mit dem Fuß auf. „Keine Sterbenssilbe hat er gesagt. Ich hatte ja keine Ahnung, daß es so mit ihm stand, und da« . . das kann ich ihm nicht verzeihen Ich hätte ja nie zugegeben, daß Du einen Menschen heiratetest, der eigentlich schon damals hätte den Bankerott anmelden müssen!" Hulda zuckte heftig zusammen und hielt sich nur mit Mühe auf ihrem Stuhl aufrecht. Frau Könitzer erblaßte und hob ihren Blick mit dem Ausdruck eines hilflosen Kin des zu ihrem Bruder empor. „Aber ich . ich und Hulda," stammelte sie, noch immer nicht den ganzen Umfang des Unglücks erkennend, „wir können doch nicht dafür Wir können döch nicht darunter leiden, daß Für uns ist doch gesorgt? Ein Teil wird doch noch da sein von dem großen, großen Vermögen ?' Der Fabrikant lachte gellend auf. „Freilich, da ist noch etwas, natürlich, bar Geld und Forderungen. Aber Ge genforderungen sind noch weit rnehr da. Denkst Tu etwa, die Gläubiger, die ihr Geld verlieren, werden Euch noch obendrein etwas schenken? Nichts bekommt Ihr, auch nicht so viel! Alles, alles kommt unter den Hammer, die Kutsche, die Pferde, die ganze Einrichtung, alles, alles!" Die bitter enttäuschte Witwe rang die Hände. „Aber was soll denn nun aus wir werden?" jammerte sie wei nend Der Gefragte zuckte die Achseln. „ES wird Dir nicht- weiter übrig bleiben, al» wieder zu mir zurückzukehren, ärmer wie Du gegangen. Und dieMhande hast Du oben drein Mit Fingern werden sie auf Dich zeigen, auf die Frau des Bankerotteurs!" 70,18