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daß in allen höheren Schulen, öffentlichen Badeanstalten und Kranken- und Irren-Anstalten vom 31. Dez. d. I. ab das Celsius-Thermometer eingeführl wird. Da wir einmal das Dezimalsystem für Geld, Maß und Gewicht besitzen, so ist es ganz in der Ordnung, daß wir auch unsere Wärme nach einem auf das Dezimal system aufgebauten Instrumente messen. Ausland. Krieg in Südafrika. London, 14. Juni. Feldmarschall Roberts tele graphiert aus Pretoria unter dem 13. Juni 10 Uhr vormittags: General Methuen marschierte nach HoningS- spruit und fand alles ruhig. Kroonstad wird von uns mit starker Macht gehalten. Methuen kehrte heute nach dem Rhenoster-Flusse zurück, wo die Eisenbahn auS- gebefsert wird. Wir waren gestern den ganzen Tag mit General Bothas Heer im Gefechte. Der Awd kämpfte mit großer Entschiedenheit und hielt unsere Kavallerie auf beiden Flanken fest. Die Generale Hamilton und Pole Carew machten jedoch einen Vorstoß und nahmen einen in der Front des Feindes gelegenen Hügel. Der Feind ging ostwärts nach seiner zweiten Stellung zurück. Diese hält er gegenwärtig noch. Die wette Ausdehnung des Gebietes, über das sich der Kamps erstreckt, bewirkt, daß die Fortschritte nur sehr langsame sind. — Eine drei Stunden später aufgegebene Depesche des Feld« marschalls berichtet, daß der Feind während der Nacht seine starke Stellung geräumt und sich in der Richtung nach Osten zurückgezogen habe. Krankreich. Von einer Brandstiftung in der Weltausstellung wird aus Paris berichtet: In dem Zubehör der Weltausstellung in Vincennes bemerkten in der Nacht die Wächter einen Feuerschein im Innern des Gebäudes, in dem Eisenbahnwagen Deutschlands und Oesterreichs ausgestellt find. Sie fanden den Holzfußboden in Flammen und alarmierten die anderen Wächter. Es gelang, den Brand zu löschen, ehe er Wagen und Maschinen erreicht hatte. Der Kommissar, der am Morgen den Ort absuchte, fand einen Holz kloben, der in eine leicht entzündbare Flüssigkeit getaucht war. Das Feuer war also angelegt. Zwischen Preußen und der Schweiz bestehen zur Zeit Streitpunkte wegen der Ausweisung schweizerischer Bürger, die ihrer Militärpflicht in der Heimat nicht ge nügten. Am Mittwoch kam die Angelegenheil im schweizer Nationalrat zur Sprache. Verschiedene Mit glieder meinten, der BundeSrat sei zu nachsichtig gewesen gegenüber Preußen. Bundespräsident Houser erklärte, der Bundesrat habe seinen grundsätzlichen Vertrags standpunkt gewahrt, er werde auch den Gegenstand weiter verfolgen. Rußland. In Wladikawksaja sand ein Zusammen stoß zweier Nachtzüge statt; 24 Wagen wurden zer trümmert und 8 Personen getötet. Ostaffen. Der Entscheidungskampf in China beginnt. Ein über Shanghai gegangenes Telegramm der „Times" aus Tientsien berichtet, daß bei Peking ein ernster Kampf zwischen den internationalen Truppen und denen des Generals Tungfuhsiang stattgefunden habe. Die Londoner Blätter bringen ein Telegramm aus Shanghai, wonach die japanische Gesandtschaft in Peking niedergebrannt und ein Gesandter getötet worden ist. Eine Bestätigung für letzteres Gerücht liegt vor. Ostasien. Die unter dem Kommando des britischen Admirals stehenden internationalen Streitkräfte trafen Iren» des ZZrot. Roman von WalterAllenstein. 5 Hulda selbst war nicht recht bei der Sache und warf zerstreute Blicke nach der Thür, durch die ihr Vater hin ausgegangen war. „Meinst Du nicht, Mama," sprang sie plötzlich von ih rem Thema ab, „daß Papa von Tag zu Tag leidender aussieht?" Die Gefragte zuckte mit den Achseln. „Du übertreibst," sagte siekalt „Ein wenig blaß ist er freilich, aber das kommt nur von der Stubenluft. Er geht zu wenig ins Freie." „Ich finde, er hat etwas Sorgenvolles ..." „Bah, Geschäftssorgen! Die hat jeder Kaufmann Ich habe ihm oft genug geraten, sich vom Geschäft znriickzn- ziehen. Er hat'S doch wahrhaftig nicht nötig, sich zu quä len, wie der erstbeste Buchhalter." „Aber hört er denn aus mich? Da heißt er immer: „Dar verstehst Du nicht!" Dein Vater weiß eben nicht zu lebe«. Er hat weiter kein Interesse, als das Comptoir und die Börse. Mein Gott, wie angenehm könnte er sich das Leben machen, sich und uns!" Hulda bemerkte nichts zu diesem ost gehörten Klage lied. Es war der ewige Schmerz ihrer jungen, vergnüg- ungslüsternen Stiefmutter, daß tue Hoffnungen, welche sie offenbar an ihre Heirat mit dem alternden Manne ge knüpft hatte, nicht in Erfüllung gehen wollten. Sie hätte gar zu gern ein glänzendes HauS gemacht und sich als die Königin rauschender Feste bewundern lasten, aber ein lärmendes Gesellschaftsleben war nicht nach dem Geschmack des Bankiers, der ganz seinem Geschäft lebte und es sei- ner Frau und Tochter überließ, sich durch den häufigen Besuch von Theatern und Konzerten Wb durch eine luxu riöse Toilette, für die er ihnen ein reichliche» Nadelgeld zur Verfügung stellte, zu entschädigen. Hulda erhob sich, um sich nach ihrem Zimmer zu be geben. nm 11. d. M. auf die Boxers, die in beträchtlicher Zahl nahe der Eisenbahn bei Langfong standen. Es entspann sich ein Kamps; die Boxer flohen und ließen 35 Tote auf dem Kampfplätze zurück. Auf Seite der Verbündeten keine Verluste. O«rtNches «nd Sächsisches. Naunhof, den 16. Juni 1900. Naunhof. Tas Königliche Ministerium des Innern hat der Brüder- und Rettungsanstalt in Moritzburg, früher in Obergorbitz bei Dresden eine öffentliche Haus sammlung im ganzen Lande bewilligt. Im Laufe nächster Woche wird der Sammelbote auch in unserer Stadt seine Sammlung vornehmen. Möge er überall willige Herzen und offene Hände finden! Naunhof. Gar viele historische Schätze ruhen oft in Bersunkenbeit und Vergessenheit. Ein recht deutlicher Beweis hierfür ist die Ausstellung für Altertümer, tue hier stattfinden wird, und zu der eine ganze Anzahl Anmeldungen schon cingegangen sind; dieselbe hat indeß noch eine weitere Bedeutung, manche Sammlung, die von ihrem Besitzer gepflegt und erweitert wird, gelangt in solcher Veranstaltung einmal vor die Augen der Oeffentlichkeit. Die Gegenstände einer früheren Zeit zeigen uns nicht nur, daß wir in vieler Hinsicht unseren Vorfahren über sind, sondern sie weisen oft Kunstwerke auf, deren Herstellung mit den früher jedenfalls primi tiveren Hilfsmitteln, Maschinen und Werkzeugen daran gemahnen, daß Fleiß und Intelligenz auch früher unserem Volke zu eigen waren. Gar manches Stück Hausrat, dem entweder ein Ehrenplatz im häuslichen Kreise oder aber auch ein beschauliches Dasein in ver nagelten Kisten beschieden ist, betritt ein Stück Geschichte der Familie, wie früherer Kunst und früheren Gewerbe- fleißes. Wenn all die Hunderte Sachen, denen oft vom Laien keine Bedeutung freigemessen wird, die aber wert sind, die Ausstellung zu schmücken, derselben zugewiesen werden, so dürfte sich wohl ein ebenso vielseitiges als interessantes Bild ergeben, deshalb versäume niemand, alles was geeignet erscheint, zur Anmeldung in der Ge schäftsstelle des Gewerbe-Vereins, Markl 79 zu bringen, damit das Komitee zunächst den Umfang des Materials beurteilen, und danach seine Dispositionen treffen kann. Naunhof. Einen ebenso interessanten als lehrreichen Sommerausflug unternimmt an diesem Sonntage der Obst- und Gartenbauverein Erdmannshain und Umgegend Als Ziel desselben ist Wurzen gewählt, wo neben einem angenehmen Beisammensein der Mitglieder, deren Frauen und Gäste ein Besuch des Schulgartens, der Lehrmittel» sammlung der Landwirtschule, der Dampsmolkerei und des Stadlparkes stattfindet. - j- Eine interessante Entscheidung hat das königl. Landesverfichernngsamt in seiner letzten Spruchsitzung gefällt Ein mit Pflasterarbeiten am Elbdamm bei Königstein beschäftigter Maurer halte am 5. August v. I. beim Äusbruch eines Gewitters mit anderen Ar beitern in einem in der Nähe befindlichen Laubgebüsch Schutz gesucht. Dort hatte er sich an eine hohe Pappel gelehnt und war von einem in diese einschlagenden Blitze getroffen und getötet worden. Die Unfall- versicherungSansprüche der Witwe und ihrer 5 Kinder hatte die Wosserbaudireklion abgelehnt, weil kein Be- tricbsunfall vorliege; auch treffe den Getöteten insofern ein Selbstverschulden, weil er seinen Standort unter einer hohen Pappel einnahm. Auch das Schiedsgericht wies die eingelegte Berufung ab, weil Unfälle durch „Weißt Du, Kleine, wir haben eben von Dir gespro chen, der Papa und ich," sagte die Mutter mit gewinnen dem Lächeln. Hulda blickte verwundert auf. Sie war solche zärtliche Anrede von ihrer sonst so gleichgiltigen Stiefmutter gar nicht gewohnt. „Von mir?" fragte sie, stehen bleibend. „Ja, von Dir," entgegnete Frau Könitzer mit bedeut ungsvollem Lächeln „Komm', setze Dich her und beant worte mir einige Fragen." Hulda kam nur zögernd der Aufforderung nach. Ihre Augen ruhten forschend auf dein seltsam erregten Antlitz ihrer Stiefmutter. „Fragen," sagte sie in starker Beklemm ung, „ich bin bereit, Dir Antwort zu geben!" Frau Könitzer schaute einen Augenblick verlegen vor sich nieder. Dann den Blick voll zu ihrer Tochter erhe bend, sagte sie mit gezwungenem Lächeln: „Wie denkst Du über Herrn Steinberg?" Hulda fuhr erbleichend zurück. „Ueber Herrn Stein- berg, Mama?" rang es sich schwer atmend von ihren Lippen. „Nun ja, mein Gott, Du brauchst doch nicht so zu er- schrecken!" gab ihre Stiefmutter verweisend zur Aulwort. „Herr Steiuberg ist sehr geachtet und sehr reich Er ist der vertraute Geschäftsfreund Deines Vaters, ein Grund mehr, ihn Deinen Augen beachtenswert zu machen. Hast L» denn noch gar nicht bemerkt, daß er Dir jede Auf merksamkeit erweist, daß er stets bemüht ist, in Deine Nähe zu gelangen und daß eS ihn beglückt, wenn Du nur das Wort an ihn richtest? Ihr Mädchen seid doch sonst nicht so blind gegen Euch bewiesene Huldigungen, am allerwe- nigsten in Deinen Jahren Es scheint mir, daß er Dir nicht sonderlich sympathisch ist?" fragte sie lauernd und jedes Wort abwHaend. Bor HuldaS Blicken lag es wie ein Schleier Mit dem seinen Instinkt des Weibes erkannte sie sofort, worauf ihre Mutter hinsteuerte. Der Diener hatte ihre Frage nach einem etwaigen Blitzschlag nur dann Betriebsunfälle seien, wenn der Getroffene durch seine Thätigkeit im Betrübe ktt Blitz gefahr in erhöhtem Maße ausgesetzt sei, was im vor liegenden Falle nicht als zutrHend zu erachte« wäre. Auf den von den Hinterbliebenen emgelegten Rekurs wurde vom Landesversicherungsamt das Urteil des Schiedsgerichts aufgehoben und der Staatsfiskus ver urteilt, der Witwe und den Kindern eine Rente von zusammen jährlich 565,61 M. (60 Prozent des Jahres- arbeitsverdienstes des Verunglückten), sowie das gesetz liche Begräbnisgeld zu gewähren. Als der Verunglückte Schutz vor den Regen unter der Pappel suchen mußte, geschah es mitten in der Arbeit, und zwar mit der Absicht, die Arbeit nach dem Aufhören des Regens fortzusetzcn. Die Beziehungen des Arbeiters zum Be triebe seien also nicht aufgehoben gewesen und es sei auch weiter nicht zu verkennen, daß der Verunglückte bei seiner Beschäftigung (Arbeit im Freien) einer er höhten Blitzgefahr ausgesetzt gewesen sei. Für Fälle solcher Art aber sei das Vorliegcn eines Betriebsun falles bei Verletzungen durch Blitzschlag anzuerkennen. - j- Fernsprechbetrieb bei Gewitter. Die Einstellung des Fernsprechbetriebes erfolgt, sobald sich Gewitter neigung ankündigt. Während aber in früheren Zähren die Unterbrechung erst erfolgte, wenn das Gewitter bereits zum Ausbruch gelangt war oder unmittelbar bevorstand, scheint die Verwaltung noch einen Schritt weiter gehen zu wollen. Sie teilt nämlich mit, daß die Einstellung des Betriebes nicht nur im Interesse des den Beamtenpersonals, sondern auch in dem des den Fernsprecher benutzenden Publikums unbedingt be reits dann geboten ist, wenn sich die Einwirkungen atmosphärischer Entladungen bei den Vermiitlungs- anstalteu bemerkbar machen. Bei der Empfindlichkeit der Apparate könne dies allerdings schon sein, in der die Bildung eigentlicher Gewitterwolken in nächster Nähe noch nicht erfolgt. Zu diesen wcitciehendcn Maß nahmen will die Behörde durch die Erfahrungen des vergangenen Jahres veranlaßt worden sein. - j- Um wiederholt ausgetretene Behauptungen, daß in Fabriken mit weiblichen Arbeitern zum Teil beacht liche Mißstände auf sittlichem Gebiete herrschten, auf ihre Richtigkeit hin stufen zu können, hat das Ministerium des Innern beschlossen, vom 1. Juli d. I. ab weibliche Vertrauenspersone« sür die staatliche Gewerbeaufsicht zu bestellen, welche die Aufgabe haben sollen, Be schwerden, welche die Arbeiterinnen den männlichen Gewerbeaufsichtsbeamten nicht mitteilen mögen, ent gegenzunehmen und der Kreishauptmannschaft zu über mitteln. f Dem Sächsischen Gemeindetag wird außer der Stadtvertretung von Zittau auch noch die Gemeinde vertretung von Ebersbach fernblciben. Die dortigen Gemeinderatsmitglieder lehnten cs einstimmig ab, einen Delegierten dorthin zu entsenden. -j- Sanitätswesen. Von den im Königreiche Sachsen bestehenden 43 Freiwilligen Sanitäts- (Krankenträgers- Kolonnen vom Roten Kceuz haben sich 22 für die Not wendigkeit der Begründung eincs Sächsischen Verbandes dieser Kolonnen ausgesprochen. Entsprechend dem am 16. April in Leipzig gefaßten Beschluß der Vertreter ist dieser Verband nun ins Leben getreten. H Die Lederhändler Sachsens sind zu einem Ver bände zusammengetreten, der seinen Sitz in Leipzig hat, und eine Unterabteilung des Zentralverbandes der Lederhändler Deutschlands (Sitz Berlin) bildet. Besuch verneint. Und doch mußte Steinberg da gewesen sein, zwar nicht hier iin Salon, aber im Privatcomp toir. Und ihr Vater war es, der sich durch den Mund der Mutter zum Sprachrohr seiner ihr angedeuteten Wün sche machte. „Unsere Lebenswege sind enger verschlungen als Sie ahnen!" klang eS ihr in den Ohren nach. Nun verstand sie den Sinn dieser geheimnisvollen Worte. Sie strich sich mit der Hand Uber die Stirn. „Sympa thisch? Nein," entgegnete sie mit mühsam errungener Fass ung „Im Gegenteil, Herr Steinberg ist mir sehr unsym pathisch." Frau Könitzer krauste die Stirn. „Und doch will Dein Vater, daß Du seinen Aufmerksamkeiten die ihnen gebüh rende Beachtung schenkst." „Das wünscht mein Vater?" „Ja, und ich teile seine Meinung. Herr Steiuberg ist ein Mann von vielseitigen Talenten, ein angenehmer Ge sellschafter und eine sehr begehrenswerte Partie. Ich wun dere mich, daß Du Dir das nicht selbst gesagt hast. Du bist zwar noch jung und unerfahren, und darum solltest Du um so mehr auf die Ratschläge Deiner weltklugen Eltern hören, die natürlich nur Dein Bestes wollem Wahrschein lich hast Du romantische Grillen, wie alle jungen Mäd chen Deines Alters, aber Du solltest doch wissen, daß die Welt nicht von solchen, sondern von praktischen Gedanken beherrscht wird. Dein Vater verdankt seinem Geschästs- srennde viele Gefälligkeiten, wie er mir sagte, und aus allen diesen Erwägungen heraus hält er eS für klug und angeniessen, Herrn Steinberg ..." „Mit meiner Hand eine Gegengefälligkeitzu erweisen!" brach eS mit Ungestüm aus Huldas heftig wogendem Busen hervor. „O, wie wenig kennt er und Du diesen Manu, den ich Haffe, den ich verabscheue, den ich verachte !" Das junge Mädchen war aufgesprungen. Mit geröte- ten Wangen und blitzenden Augen stand sie vor ihrer Stief mutter. Auch Frau Könitzer hatte sich jäh erhoben.„Aber,Hulda," rief sie verweisend, „diese Sprache!' 70,18