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nicht an Wert verlieren, daß sie von den Buren im Zustande dec Defensive vollbracht wurden; denn zur Offensive gegen dm anfänglich 100000 Mann und jetzt rund eine Viertelmillion starken Gegner vorzugehen wäre für die Buren Wahnsinn gewesen. Tapferkeit aber paarte sich bei den Buren und ihren Führern mit Klugheit und das kann ihnen bei vernünftigen Leuten doch nur zum weiteren Lobe gereichen. So mag denn der Löwe am Vaal zu Boden sinken, mögen die Engländer triumphierend die britische Flagge auf den Trümmern dieser Staatengebilde auf pflanzen, — der Buren Ruhm wird fortleben und zu gleich der Wunsch, daß ihnen ein Rächer erstehen möge. Deutsche- Reich. — Die letzte Militärvorlage wurde vom Reichs tage bekanntlich unter Abstrich einer Forderung von 7006 Mann mit der Maßgabe bewilligt, daß auch diese Bewilligung erfolgen sollte, sobald die verbündeten Regierungen erklären würden, die erwähnten 7006 Mann nicht länger entbehren zu können. Diese Anforderung wird, wie jetzt feststeht, im Jahre 1903 beginnen, da die im Gesetz vom 25. März 1899 bewilligten Mannschaften durch die in den Jahren 1901 und 1902 aufzustellenden Formationen aufgebracht sein werden. — Der Direktor der Elberfelder Reichsbankstelle, Kalaehne ist vom 1. Juli ab zum Leiter der ReichS- bank-Hauptstelle Leipzig ernannt worden. — Sowohl seitens der amerikanischen wie der englischen Botschaft in Berlin sind an zuständiger deutscher Stelle Vorstellungen erhoben worden gegen das vom Reichstage beschlossene Fleischschangesetz. Seitens der englischen Regierung wird die Erschwerung der australischen Fleischeinfuhr nach Deutschland beklagt. Es ist aber ausgeschloffen, daß infolge dieser Vor. stellungen das Fleischschaugesetz im Bundesrat noch scheitern könnte. — Tiefe Pfingstliche Ruhe Herrsä t in der inneren deutschen Politik, es giebt da einstweilen nicht das Mindeste an neuen und bemerkenswerten Vorgängen zu verzeichnen. Aber freilich wird diese Ruhe schon heute wieder nochmaligen bewegten politischen Momenten weichen, nimmt doch der Reichstag bereits heute seine Arbeiten wieder auf, und am nächsten Tage tritt auch das preußische Abgeordnetenhaus für den Rest der Landtagssession nochmals zusammen. Zweifellos wird indessen dieser nachpfingstliche Sessionabschnitt in beiden Parlamenten nur von kurzer Dauer sein. Das Abge- ordnetenhous hat nur noch einige Vorlagen in dritter Lesung zu erledigen, an eine Beratung der neuen Kano^- vorloge, selbst wenn dieselbe nach Pfingsten dem Hause wirklich noch zugehen sollte, ist selbstverständlich nicht mehr zu denken. Was den Reichstag anbelangt so tritt derselbe gleich in seiner ersten Sitzung nach Pfingsten in die zweite Lesung der Flottengesetznovelle ein; da letztere in der Budgetkommisfion einer langen und gründlichen Vorberatung unterzogen worden ist, so dürste die weitere Plenarbehandlung der Flottenvorlage wohl nur noch einige Sitzungen beanspruchen. Neben der Flottenvorlage soll der Reichstag, gemäß einem lebhaften Wunsche der verbündeten Regierungen, dann noch den in der Kommission durchberatenen Entwurf eines Reichsseuchengesetzes zur Verabschiedung bringen; doch wird sich der Reichstag mit dieser letzteren Arbeit Endlich vereint. Roman von Ewald August König. 76 „Spaß!" fiel Bauerband ihr ärgerlich in das Wort, „Du übertreibst alles! Ich habe im KonservatiouS-Lexi- kum nachgeschlagen, so schlimm ist die Geschichte nicht." „Ich aber muß der gnädigen Frau beipflichten," er- widerte der Maler ernst. „Wenn das Mädchen stirbt, fällt auf Sie allein die Verantwortung, dann werden Sie Ihre Härte zu spät bereuen, und da- Konversations-Lexikon giebt Ihnen für solche Reue keinen Trost. Sie sind mit Glücksgütern überschüttet, Sie haben alle-, was Ihr Herz begehrt.. ." „Wenn er nur kein Schauspieler wäre. Ich blasiere mich vor der ganzen Stadt, wenn ich diese Verlobung zu- gede!" „Diesem Uebelstand können Sie abhelfen," fuhr der Maler fort, „Ihnen will ich's im Vertrauen sagen, daß Sie recht hatten, als Sie behaupteten, Hugo sei um einen großen Teil seines väterlichen Vermögens betrogen wor den. Nach dem Tode des Kommerzienrates sind die Pa piere gefunden worden, aber es soll nicht weiter davon geredet werden, der Kommerzienrat gehört ja zur Fami lie, und nur ein schlechter Bogel beschmutzt sein eigenesNest. Theo Wildenbrnch kann augenblicklich da» Geld nicht aus- zahlen, einstweilen bleibt Hugo bei ihm im Geschäft, und wenn Sie großmütig handeln und die Mitgift Ihrer Toch- ter den beiden anvertrauen wollten, so sorge ich dafür, daß Hugo Associe wird." „Und mein schönes, sauer erworbene» Geld holt der Teufel!" spottete Bauerband, der jetzt da» Zimmer mit großenSchritten durchmaß. „Associe eine» baukerottenHau- se», was kaufe ich nur dafür." „Bankerott ist da» Hau» Wildenbruch noch nicht, und Theo genießt die Achtung und da» Vertrauen aller, die ihn kennen. Freilich werden di» beiden rastlo» arbeiten müssen, um da» Hau» wieder auf die Höhe zu bringen, aber Arbeit hat noch keinem jungen Menschen geschadet, sehr beeilen müssen, falls seine Session in der That am 13. Juni, wie dies geplant ist, zum Abschluß kommen soll. Ausland. Krieg in Südafrika. Ein amtliches Telegramm aus Pretoria besagt: Ein schweres Gefecht fand bei Irene, 8 Meilen südlich von Pretoria, am 31. Mhi statt. Die Buren be haupteten ihre Stellungen bis Sonnenuntergang — 15 Züge mit Vorräten werden täglich von Macha- dodorp nach Lydenburg abgesandt. London, 5. Juni. Die Ueberzeugung der hiesigen militärisäen Kreise geht dahin, daß der Plan der Buren der ist, ihre Leute zu schonen, sich in die Berge zurückzuziehen und damit eine stete Gefahr für die englischen Eroberer zu bleiben. Die Ausführung dieser Absicht dürfte die Engländer zwingen, ein ständiges Heer von mindestens 125000 Mann in Südafrika zu lassen, die aber dort immer in großer Gefahr wären. London, 5. Juni. (W. T- B.) Amtliche Meldung. Pretoria ist von den Engländern besetzt worden. Frankreich. Ein hiesiges Blatt meldet aus Dün kirchen, daß die Bevölkerung den Besuch des Zaren erwartet, der von dort zur Ausstellung fahren werde. Ein festlicher Empfang ist schon vorgesehen. Frankreich. Die Zahl der Ausstellungsbesucher am Pfingstsonntag betrug 515700; in Folge des dabei> entstandenen Gedränges sind Maßregeln getroffen worden, etwaige Verkehrsstörungen zu verhindern. Rußland. Ueber einen entsetzlichen Straßenbahn unfall wird aus Budapest gemeldet : Gestern in später Abendstunde entgleiste im Auwinkel ein mit heimkehrenden Ausflüglern überfüllter elektrischer Straßenbahnwagen und fiel neben die Geleise in einen Graben. Bisher sind fünf Tobte gesunden, fünf schwer Verwundete und zahlreiche leichter Verwundete sind ins Hospital geschafft worden. Rußland. Von der Selbstverwaltung Finnlands geht ein Stück noch dem anderen verloren. Soeben hat der russische Minister des Innern bestimmt, daß vom 18. August ab auf Briefen aus Finnland nach dem Ausland nicht mehr finnische, sondern ausschließlich russische Postmarken Verwendung finden dürfen. Nach dem 14. Januar 1901 haben auch im Jnlandsverkehr die jetzigen eigenen Briefmarken Finnlands wegzufallen. Oertttches und Sächsisches. Naunhof, den 7. Juni 1900. Naunhof. Wohl selten sind die Aussichten auf schönes Festtagswetter so schlechte, ja so hoffnungslose gewesen, als gerade diesmal zu Pfingsten, denn noch am Nachmittage des Sonnabends gab es Regenschauer; trotzdem hatten wir während der Feiertage ein so prächtiges Wetter, wie es nur vereinzelt vorkommt, ohne jeden Regen, ohne Gewitter, nur eitel Sonnen- schein. Was Wunder auch, daß da Alt und Jung vornehm und gering, alles aus den Beinen war, um sich am Lenze ein Genüge zu thun. Es war auch eine Lust, am Morgen hinauszupilgern in den schönen Wald, dem munteren Gezwitscher der gefiederten Sänger zu lauschen, in das sich, fern hinschallend die melodischen Klänge der zahlreichen Gartenkonzerte mischten. Im Woldesfrieden, welch ein ungestörter Genuß der schönen und der Herr Schwiegersohn kann später Geheimer Kom- merzienrat werden. Sie habe» auch in früheren Jahren Wohl einmal unter dem Dache gewohnt und an einer har- ten Brotkruste genagt, um den Hunger zu stillen, jetzt woh nen Sie in einer Billa." „Jawohl, und mir hat mein Schwiegervater nicht dazu Verholfen!" unterbrach Bauerband ihn. „Wenn er e» gekonnt hätte, würde er e» sicherlich ge- than haben!" „Da» weiß der Himmel," seufzte die Gnädige. „Wirf nur keinen Stein auf meine Eltern, Bertram, sie haben Dich unterstützt, wo sie konnten." Bertram Bauerband wanderte rastlo» auf und nieder, der Maler wechselte mit der Gnädigen einen bedeutungS- vollen Blick, er wußte jetzt, daß er in ihr eine Verbündete hatte. „Ein Herr Baron al» Schwiegersohn klänge freilich besser," spottete Wildenbruch, „wenn der Herr auch in Saus und Brau» lebt und sich um die Gattin wenig kümmert, die Mittel sind ja vorhanden, und wenn alles verposa- mentiert ist, hat man doch einige Jahre herrlich und in Freuden gelebt. Ich kenne von Vieser Sorte einige . ." „Ich auch," fiel Bauerband ihm abermals in» Wort, „bin in anderer Weise noch verwandt mit ihnen und habe auf mein Geld längst verzichtet." In diesem Augenblick trat da» Dienstmädchen ein Es sei ein Herr draußen, der nach dem Herrn Maler Wilden bruch frage, sagt« es. „Bitte, führen Sie ihn ins Empfangzimmer, ich werde sogleich kommen,"erwiderte derMaler. „E» ist meinNeffe," wandte er sich zu Bauerband, „wa» soll ich ihm sagen? Sie haben ihm ein große» Unrecht äbzubitten, und wenn wieder Friede und Frohsinn in Ihrem Hause herrschen sol- len, Valm müssen Sie den Sohn Ihre» Freundes al» Gast darin aufnehmen." „Und wenn Du e» nicht thust, so thue ich e», Bertram," sagte die Gnädige, „ich kann die Qual nicht länger mit ansehen." Gotteswelt; in den zahlreichen Gastwirtschaften, welch buntes, blendendes Bild festlich geschmückter Spazier gänger, blanker Räder, Geschirre aller Art, vom schwer fälligen Omnibus und Leiterwagen bis zur auf Gummi rädern dahinrollenden mit Wappenschildern geschmückten Equipage. Das gleiche lebensfrohe Bild aller Orten und während der ganzen 3 Tage. Ein stattliches Heer von Fremden, sowohl Familienbesuch als Touristen brachten die zahlreichen und endlos langen Eisenbahn züge und der Bahnsteig bot so recht das Gemälde einer modernen Völkerwanderung, da ein herzliches Begrüßen, dort eine „glückliche Reise" wünschen, da ein Umschauen nach der nächsten Wirtschaft, fürwahr ein Bild, das uns falt als Großstadt fühlen ließ. Auch unser Naun hofer Publikum war nicht müßig und besuchte die Pfingstveranstaltungen der hiesigen, wie der Wirte der Umgebung recht fleißig. Reichlichen und wohlverdienten Beifall ernteten die Armaninis im Stern am 1. Feier tage mit ihrem eigenartigen und wahrhaft künstlerischen Spiel und fesselten das Publikum von Piece zu Piece in immer steigendem Maße. Auch der 3. Feiertag, an dem hier so ziemlich alles wieder das alltägliche Aus sehen annahm, brachte uns noch zahlreiche Fremde, u. a. hatte Lindhardt noch eine mittels Extrazuges an gekommene aus 100 Personen bestehende Gesellschaft, die es sich recht behaglich machte. So sind denn die Festtagsfreuden vorüber, diesmal sicher zu allgemeiner Zufriedenheit, das Publikum hat die Feiertage in vollen Zügen genießen können und die Wirte dürften bei dem zahlreichen Besuche auf ihre Rechnung gekommen und in ihren Hoffnungen nicht enttäuscht sein. Naunhof. Bei dem gestrigen Gewitter, welches über unserer Gegend ziemlich stark auftrat, schlug der Blitz in das Stallgebäude des Gutsbesitzers Winkler in Seifertshain. Ebenso wurde die Telephonleitung zwischen hier und Fuchshain zerstört. Haltet die Wälder und Anlagen rein! Diese Mahnung verdient jetzt wieder zur Zeit der Ausflüge allseitige Beachtung. Ferner noch macht sich ein Teil der Spaziergänger in unseren Waldungen und Anlagen der Unsitte schuldig, durch das Wegwerfen von Speise hüllen und Speiseresten beliebte Ruheplätze zu verun zieren. Man sollte doch ein wenig Rücksicht auf seine Mitmenschen nehmen, denen beim Anblick eines wüsten Durcheinanders von Papierresten, Eier- und Wurst schalen, zerbrochene Flaschen u. s. w. der Appetit und auch der Aufenthalt gründlich verdorben wird. Es be darf nur des guten Willens, diese Ueberbleibsel zu sammeln und in geeigneter Weise zu beseitigen. -j- Die Schonzeit für Krebse, die am 1. November begonnen hat, ist am Freitag zu Ende gegangen. Von jetzt ab dürfen die Krustentiere wieder gefangen und zum Verkauf gebracht werden. Grimma. Die Summe der von dem Rats expedienten Thierschmann verübten Unterschlagungen beläuft sich nach den bisherigen Feststellungen auf etwa 3000 Mark. Leipzig, 5. Juni. Die Verbindlichkeiten des wegen Wechselfälschungen in Untersuchung befindlichen Bezirks-Jngeniers Blum beziffern sich auf M. 172000. Außerdem sollen gefälschte Wechsel in Höhe von 16000 Mark laufen. Für die Gläubiger -dürfte genannter Konkurs sehr wenig Erfreuliches bringen. Der zweigleisige Ausbau der Leipzig-Döbeln- Dresdener Bahnlinie ist um einen Schritt vorwärts Bauerband stand eine geraume Weile in Nachdenken versunken, sie alle erklärten sich jetzt gegen ihn, wa» blieb ihm da anderes übrig, als nachzugeben. Und wenn daS alte berühmte Bankhaus sich hielt und sein Schwiegersohn Associe desselben wurde, dann ließ sich gegen diese Partie kaum noch etwa» einwenden. „Na, ich will selbst hinauSgehen und ihm auf den Zahn fühlen," brach er endlich sein Schweigen, „ein Unmensch bin ich ja auch nicht." „Soweit wären wir jhtzt, gnädige Frau," sagte der Maler heiter, „ich denke, eS wird noch alle» gut werden, stehen Sie nur fest." „So fest wie ein Baurn!" nickte sie mit entschlossener Miene. „Wenn ich einmal wifl, dann will ich!" Der Maler stieg, ein Liedchen trillernd, die Treppen zum Atelier hinauf, Bertha erwartete ihn schon, sie kam voll Ungeduld ihm entgegen. „Was haben Sie erreicht?" fragte sie erregt. „Wird Hugo hierher kommen?" > „Geduld, liebe» Fräulein," erwiderte er, und sein über- wütiger, scherzender Ton konnte ih'r nur Mut und Ber- trauen einflößen, „Geduld überwind et alles, sogar Sauer- kraut, wie ein Bekannter von mir behauptet. Der Herr Papa möchte lieber einen Baron hab en .. ." „Ich aber nehme keinen andern cll» Hugo, und wenn ein Fürst mir seine Krone anböte!" > „Sehr edel gedacht und vortrefflich- gesprochen! Eine Fürstenkrone ist auch nicht leicht zu tragen." „Und sie allein macht auch nicht glü cklich! Hat Hugo Ihnen keine Grüße für mich mitgegeoenv" „Nein," erwiderte der Maler lakonisch, mährend er seine Palette reinigte. i „Da» begreife ich nicht," sagte Bertha enttäuscht. „Ich sehr wohl; er will ja selbst hierher kommen." „Heute?" j „So sagte er," nickte Wildenbrnch. i 78,18