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IaNUel G KEÄleii SnßWdn», SliW, W», SlniflS»», SleWidn,. LW-M, Picht». W1W11, St«»)!»!-, Wm, Älfshii». ZMeOrth ml lI»iM MU einer illustrierten Sonntags - Vellage. Dieses Blatt erscheint in Naunhof jeden Dienstag, Donnerstag und Sonnabend, Nachmittag 6 Uhr, mit dem Datum des nachfolgenden TageS und kostet monatlich 3b Pfg., vierteljährlich l Marl. Für Inserate wird die gewöhnliche einspaltige Zeile oder deren Raum mit 8 Pfennigen, für solche außerhalb der Amtshauptmannschaft Grimma, sowie für Anzeigen am Kopse und im Reklameteile, mit 10 Pfennigen, berechnet, bei Wiederholungen tritt Preisermäßigung ein. Nr. 65.Sonntag, den 3. Juni 1900. 11. Jahrgang. d" Pfingsten. Jetzt heißt die letzten wintersorgen Hinaus in alle Lüfte zieh'n — Laßt vor dem gold'nen pfingstesmorgen Nun auch das letzte Leid entflieh'» — Beseeligend im Lenzesrauschen Grüßt er die Welt so wonnesam — Sie soll der Offenbarung lauschen, Die je in seinem wehen kam! Dem überall ein emsig Regen In Hain wie Au und Wald wie Flur, Und überreich von künft'gem Gegen Ouillt's hoffnungsfroh in der Natur — Ein Blühen, Duften, Schwellen, werden, Wohin das Äuge staunend späht — Es herrscht erneut nunmeher auf Erden Des Frühlings volle Majestät. So prangt in märchenhafter Hülle Rings wieder die verjüngte Welt — Umströmt von so viel Lebensfülle, Fühlt ihr auch eure Brust geschwellt — Mahnt's euch doch jetzt auf allen wegen In kargbemefs'ner Stunden Flucht: Aus Liebeswerken sprießt der Gegen, Im Strahl der Sonne reift die Frucht! Wohl, sei willkommen jetzt der Maien Zieh' ein in deiner Lenzespracht — Magst alle, alle du erfreuen Durch deine Blütenzaubermacht — Ein frisches Hoffen sollst du bringen Uns ja zur frohen Rosenzeit, Mit gnadenreichem Hauch durchdringen Die Herzen alle weit und breit! Zu Pfingsten. Es sind fast 25 Jahre her, da schlenderte Schreiber dieses durch den Hafen von Triest am Adriatischen Meer^. Er hatte Zeit dazu. Zwei Tage mußte er, hei abgestiegen von dem rauhen Karstgebirge in Istrien, warten, bis das Schiff ging, das ihn weiter nach der Küste von Italien tragen sollte. Lange Weile hat er nicht gehabt. Häfen sind stets interessant und der von Triest ist es noch mehr als etwa der von Hamburg oder Kopenhagen. Die großen Schiffe mit indischem Weizen, ausgeladen von blos mit Lendenschurz umkleideten Arbeitern, die vielen' kleinen Schiffe von den nahen griechischen Inseln beladen mit Wein» und Oelschläuchen, die eigentümlichen Seetiere, die auf dem Fischmarkte verkauft werden, u. a. m., dazu die ganze südliche Landschaft bieten ein anziehendes Bild, das auf einen, der Augen zum Sehen hat, immer wieder einen großen Reiz ausübt. Eines Mittags aber — eben hatte Schreiber einen riesigen halbnackten Neger zum Meer hinabsteigen sehen, um das Angesicht gen Mekka ge wandt seine Gebete zu verrichten — hat er ganz be sonders die Augen bei Etwas aufgethan, das er noch nie geschaut. Er sollte die Pfingstgeschichte sich wieder holen sehen. Gerade gegenüber nämlich einem der größten Molos, jener gewaltigen Steindämme, die weit ins Meer hinausgehen, sah er ein großes Schaufenster. Angeklebt an dieses waren große Plakate in den ver schiedensten Sprachen und Schriftzeichen. Man las englisch: Por 6loä so loveci Isis vorlä, tkat de gavs Kis ooh hsFottsii 8on, tkat ^bososvsr dolisvstk in Kim skoulä not psrisk, kni bavo ovsrlusting Uks. Und man las weiter italienisch: ksroioosdd lääio da tanto aniato il monäo, ok'sZli ka äato ii sno uni^snito I^iAliuoIo, aoeiooodö okiungus orsäs in lui non porisoa, wa akdia vita otsrna. Und man las weiter französisch: oar Visu a tslls- insnt aiws ls wonäs, gu i1 a äonns son ^il8 unigus, aün gus gnioongns oroit sn Ini ns x^risss point, mais gnil ait la vis ötsrnslls. Es ist der bekannte Spruch: Also hat Gott die Welt geliebet, daß er seinen eingebornen Sohn gab, auf daß alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben, Joh. 3, 16, die Summa der ganzen christlichen Religion So ging es dann fort in etwa 10 Sprachen noch, auch in solchen aus dem Innern Afrikas, Asiens, der Völker am eisigen Pole, mit Schriftzügen, die wie große Rätsel uns anschauen. — Was ist das hier? mit dieser Frage trat Schreiber in den Laden, und nachdem ihn der Mann drinnen begrüßend, auf englisch gefragt hatte, in welcher Sprache er sprechen sollte — 6 Sprachen könne er reden — em pfing er die Antwort: Das ist ein Bibelladen, wir führen hier die Bibel in über 40 Sprachen für die Seeleute aus denfernstenLändern. — So erlebte Schreiber dieses kurz nach Pfingsten wieder das Pfingstfest eigent lich großartiger als das erste. Wie er es nun wieder erlebt hat und wie die Leser alle es wieder erleben, ist aber für einen, der die Pfingst geschichte kennt, nicht schwer zu finden. Diese erzählt: Sie fingen an zu predigen mit andern Zungen, und zählt dann 16 Völkerschaften auf, deren Sprachen in jener Stunde von den versammelten Jüngern Jesu ge sprochen wurden. Nach dem ganzen Zusammenhänge, insonderheit auch nach dem griechischen Grundtexte und dem, was die Paulinischen Briefe sonst über die Sprachenkenntnis in der ersten christlichen Gemeinde be richten, ist es nicht anders möglich, als dies so zu ver stehen, daß eben in diesen Augenblicken von den Ver sammelten in Sprachen geredet wurde, die nicht ihre Muttersprachen waren und die sie eigentlich nicht sprachen. Man hat auch gar keinen Grund, diese That- sache zu leugnen. Jst's wahr, daß der natürliche Geist des Menschen eine Fülle von Sprachen beherrscht; konnte z. B. Mithridates, König von Pontus, jeden Soldaten in seiner vielsprachigen Armee in dessen Landes sprache anreden; haben Leute im Traume fremde Sprachen verstanden, noch mehr im magnetischen Schlafe, — warum soll nicht eine wundersame Geisteskraft von Oben damals Menschengeister und Zungen zum Reden fremder Sprachen fähig gemacht haben? — Allein, es sollte mehr geschehen als damals, durch jene Kraft von Oben. Damals 16 Sprachen, dort in Triest 40 Sprachen, gegenwärtig weit über 200 Sprachen, in die die Bibel übersetzt ist. 400 aber nahezu, in denen das Evangelium gepredigt wird, — so wiederholt sich die Pfingstgeschichte, großartiger als beim ersten Pfingsten. Pfingsten ist das Fest, das den Menschen in die Ferne zieht, in Wald, Feld, in die Berge. Noch mehr weist das eigentliche kirchliche Pfingsten über die Breiten der ganzen Erde, in die gesamte große vielsprachige Völkerwelt. Und Deutschland soll da nicht zurück bleiben. Sein Kaiser hat den Blick dafür. Sein deutsches Christenvolk soll ihn auch haben. 6rs. Deutsches Reich. — Der deutsche Kronprinz ist am Mittwoch als dienstthuender Offizier in das 1. Garde-Jnfanterie- Regiment eingetreten. Der bedeutungsvolle Akt ging im Lustgarten zu Potsdam vor sich, wo das genannte Elite-Regiment der preußischen Armee Aufstellung ge nommen hatte. Der einfachen Feierlichkeit wohnten neben dem Kaiserpaare die meisten Prinzen deS König lichen Hauses, der Staatssekretär des Aeußeren Graf Bülow, sowie der österreichisch-ungarische und russische Botschafter, die fremden Militärattaches usw. bei. — Auf Befehl des Kaisers sollen ähnlich, wie im Spätherbst 1890, in der Woche nach dem Pfingstfeste mit Sachverständigen Erörterungen über die Reform des höheren Unterrichtswesens stattfinden. Der Kaiser soll gewillt sein, wenigstens an den entscheidenden Tagen, die Verhandlungen selbst zu leiten. — Kaiser Franz Joses hat zur Feier des Dienst antritts des deutschen Kronprinzen beim 1. Garde- Regiment z. F. ein eigenhändiges Schreiben an den deutschen Kronprinzen gerichtet. In Emden find auf dem neuen Kabel Emden- Horta—Azoren die ersten Versuche zur Uebermittelung eines Telegramms gemacht worden. Das Ergebnis war über Erwarten gut; es wurde eine Geschwindigkeit von durchschnittlich 140 Buchstaben in der Minute, gegen 110 Buchstaben bisher, erzielt. — Eine in Metz abgehaltene Versammlung von Großindustriellen Lothringens und des Saargebiets beschloß die Bildung eines Mosel-Kanal-Berems zwecks Herbeiführung der baldigen Kanalisierung der Mosel. Auch das Saargebiet soll mit eingeschlossen werden, um auch die Kanalisierung der Saar durchzusetzen. — Das Poftdampfergesetz über die verstärkte Dampferverbindung mit Ost- und Südafrika wird im „Rcichsanzeiger" veröffentlicht. — Im April d. I. hat die Reichspost- uud Telegrapheuverwaltuug eine Einnahme von 34,4 oder 1,2 Millionen mehr als im April 1898 und die Reichseiseubahnverwaltung eine solche von 7,1 oder 0,3 Millionen mehr als im April deS vorigen Jahres zu verzeichnen gehabt. — Ueber ein angebliches Attentat gegen den Kaiser wurde am Mittwoch in Berlin viel gefabelt. In den Vorstädten und namentlich in den Vororten wurde das Gerücht mit immer größeren AuSschmück- ungen weitergegeben. Thatsache ist, daß sich eine un liebsame Szene unter den Linden vor dem Kultus ministerium abgespielt hat, als der Kaiser sich mit der Kaiserin zu Wagen nach dem Potsdamer Bahnhof begab. Ein Geisteskranker, der jedoch keinerlei Waffe bei sich hatte, führte unpassende Reden und machte, nach der kaiserlichen Equipage gewendet, unanständige Gebärden. Ter Vorgang, dem die Verhaftung des Geisteskranken folgte, wurde vom Kaiserpaare anscheinend gar nicht bemerkt. Die Polizei veröffentlicht die bereits mitgeteilte Darstellung des ärgerlichen Vorkommnisses. — Die Kosten des Empfanges des Kaisers Franz Josef in Berlin betragen nach der Abschlußrechnung für die Stadt 95000 Mk. 50000 Mk. waren schon bewilligt, sodaß die Stadtverordneten noch den Posten von 45 000 Mk. nachzuverwilligen haben werden. — Betreffs der Kanalvorlage wird jetzt nach genauen Erkundigungen an unterrichteter Stelle aufs bestimmteste erklärt, daß diese Vorlage den preußischen Landtag in der gegenwärtigen Session nicht mehr be schäftigen wird. Daran ändert auch die offiziöse Mit teilung nichts, daß die Garantieverpflichtungen für den Mittellandkanal jetzt sämtlich in einer Form über nommen worden sind, die für die Einbringung der Vorlage mehr als ausreichend angesehen werden kann. Ausland. Krieg in Südafrika. Pretoria, 30. Mai. Britische Offiziere sind in Johannisburg und diktieren die Bedingungen der Ueder- gabe. Man glaubt es werde Widerstand geleistet. Die englische Avantgarde steht auf dem halben Wege zwischen' Johannesburg und Pretoria. — Von dem Bürgermeister war heute früh eine Volksversammlung einberufen worden, in der ein Ausschuß gebildet wurde, zu dem der Richter Gregorowski gehört und der die Ordnung aufrecht erhalten soll. Pretoria, 30. Mai. Von den Forts um Pretoria sind alle Truppen zurückgezogen. London, 31. Mai. Die englischen Truppen haben Pretoria, ohne Widerstand zu finden, besetzt. Sämtliche englische Kriegsgefangene sind in Freiheit gesetzt worden. London, 31. Mai. Der Kommandant von Johannesburg bat den Marschall Roberts, HM Einzug um 24 Stunden aufzuschieben, da noch viele bewaffnete