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leichten Verletzungen, welche er im Kampfe mit Michael davongetragen, stürzte er sich dann ans den Grafen, als dieser heimkchrte. Mit dem altersschwachen Greise wurde er schnell genug fertig. Er kam da dem Tode, der doch bald sein Opfer gefordert hätte, nur um kurze Zeit zuvor. Vor einer Entdeckung durste er umso sicherer sein, als er, wenn wirklich ein Ver dacht rege wurde, denselben auf Michael hin- zulcnkcn entschlossen war. Der nächtliche Auf enthalt desselben im Schlosse mußte stets ge nügen, dasi man ihm den Mord am Grafen Wach zur Last legen durfte. „Herr Gott, wie wunderbar," murmelte Michael. „Meine Hände sind also reinl Ich bin kein Mörder!" „Hossentlich wirst Du endlich einmal daran glauben," sagte Fabian. „Damit Du jedoch in der so wunderbar wicdcrgcgcbenen Freiheit sofort eine Freude autrisfst, erlaube ich mir, Dich zu meiucr Vermählung mit Leonie fcier- lichsl cinznladcn!" l alle Lästerzungen in Bewegung sehen, wen» ich so schnell an ein neues Ehebündniü dächte." Michael mußte, so hart es ihn, ankam, diesen Entschluß billigen. „Wohin wirst Du Dich wenden?" fragte er. „Ich weiß es nicht," versetzte Hertha. „Dort will ich am liebsten rasten, wo Dich meine Gedanken am ungestörtesten umschweben dürfen. Wahrscheinlich gehe ich zunächst nach Italien. Ich möchte nochmals jene Orte be suchen, welche durch die Erinnerung an unsere Liebe geweiht sind. Jedes Gemälde, jede Statue soll mir jeue holden Augenblicke zurück rufen. Vor jedem Torio werde ich mich dessen erinnern, wie Du mit feinen» Künstlcrsinn das Verlorene nachschusst. Auch in die Grotte eines Einsiedlers will ich treten. Sic liegt hart am Meere und Orangcngcbüsch überwölbt ihren Eingang. Leise flüstere ich meinen Gruß. Und während ich mich verneige, um deu Saum i seines weißen, faltigen Gewandes zu fassen, er- j kennt mich sein kluges Auge —" Du doch im Grunde nie begangen. Du warst eben besser, als ich. Aber bevor ich vor dem Altar Dein Weib werde, will ich Deiner wür dig sein, lind ich denkc^ daß ich mich dazu nirgend besser vorbcreilen kann, als durch die Lehren des weisen Maunes, die Dich wapp neten, der ganzen Wucht des Geschicks die Stirn zn bieten." Ihre Worte klangen feierlich wie ein Schwur, wie ein Gelübde. Michael sah ein, daß es vergebens sein würde, daran zu rütteln „Geh," sagte er, seine Lippen auf Herlhac Stirn pressend. „Und wenn Du die Zeit füi gekommen hältst, so rufe mich. Fra Anselmc soll unseren Bund segnen. Diesmal, Hosse ich, wird er nicht Bedenken tragen, wie damals, wo wir ihn zuerst darum gebeten. Denn wir sind in der Schule des Leids gereift nud haben einen Anspruch darauf, daß uns die Gottheit souuige Tage spendet." lindc. Im Sic fand schon wenige Tage darauf statt. Aach den Ereignissen, die vorausgegangen waren, mied man die lärmende Freude. Nur die cugsteu Frcuude wäre» zugegen. Arel, der merkwürdigerweise in der Vermählung Leonies mit Fabian, der Grafenlochter mit dem Bauern sohn, keine Mesalliance erblickte, iondern sich zu dem juugeu Arzt auf das iuuigste hinge- zoge» fühlte, der Justizrat mit Paula, der freilich diese Hochzeit überaus langweilig war, weck sie nicht wußte, für wen sie große Toilette machen solle — und Michael. Hertha fehlte. Nachdem sic wahrhaft mütterlich für Leonies Aussteuer gesorgt, war sic einige Tage vor der Vermählung in aller Stille abgereist. „Laß mich fort," bat sie, als üe Michael diesen Entschluß mittcilte. „Wahl weiß ich, daß Du mich liebst, wie Du mich stets gc- ! liebt . . . lind wenn ich dem Wunsche meines I Herzens folgte, so lehnte ich mich au Deine ^rusl und bliebe bei Dir. Allein die Augen der Wett sind auf uns gerichtet, und ich würde Nlaslerolrlirr. Noch dem Äcmöldc von Vincenzo Voh „Fra Anselmo," flüsterte Michael. „Was führt Dich zu ihm, Hertha?" Mit gedämpfter Stimme, als sehe sie eine Vision, fuhr sic fort: „Fra Ansclmo," werde ich sagen, „es naht ein Wcib, deren Brust vou schwerem Fehl be drückt ist. Da sic den Mann, welchen sie liebt, nicht ihr eigen nennen durfte, schauderte sie nicht davor zurück, ihn zu verderben. Lehre mich jene allmächtige Liebe, auf welcher für den elenden Staubgcborencu allein alles Glück beruht. Lehre mich entsagen, denn die wirt liche Liebe besteht darin, daß man nötigenfalls sogar den Verzicht kcunt. lind sic ist größer, göttlicher als die, welche nur nach dem Mit- gcnuß strebt —" „Welche Marter ladest Du auf Dich, Hertha!" „Nein," entgegnete sie fest. „Jede Schuld ! verlangt eine Buße. Sie hängen zusammen § wie Ursache und Wirkung. Nach diesem Ge setz, das ungeschrieben in unserer Brust wohnt, bekanntest Du Dich eines Frevels schuldig, den 22v Der Glm'kenzW. Voll Emil Peschlmi. (.ltadsrii k u. rlwtctt.' Als ich vor Jahren nach Berlin übersiedelte, ging ich mit dem Gedanken um, mir irgeuv ivo in der Umgebung ein kleines Häuschen zu kaufen. Ich las die Inserate in deu Zeitungen, fragte bei den Agenten nach und wanderte durch die Straßen der Vororte, eifrig Ausschau Hal teud nach den gewissen Täfelchen. Aber ich Halle kein Glück. Wo cs mir behagt hätte, war alles in festen Händen, und was zu haben war, konute ich nicht brauchen. Ich wollte nichl meinen siebzigsten Geburtstag nbwarten, bis die Bäume vor meinem Fenster rauschten, und andrerseits bedurfte ich doch wieder einer bc- gucmcu, raschen Verbindung mit der Stadl. Schon ivar ich im Begriff, cin Ende zu machen und eine Wohnung zu mieten, als mir im letzten Augenblick noch eine Anzeige in die Hände fiel, die besseres erwarten ließ. Es ivar aus drücklich betont, daß zu der Villa ein alter von »den tihe- hlen 120 Dee «lleS