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M»iiW G Ichlißten Ärkölatt für Mchchin, AmesrljM, NchmhM, KBa, Aorsdorf KM, Minmchin, Kchhai« 8r«tzStinin«. Ws, MWii, Amstminl, Süipiil. Pmßm. SrifMhm, NiMtz, Arm, Wslsshsi», Zkmftch M ÜMWiri. Mtt einer illustrierten Sonntags - Vrilage. Dieses Blatt erscheint in Naunhof jeden Dienstag, Donnerstag und Sonnabend, Nachmittag 6 Uhr, mit dem Datum des nachfolgenden TageS und kostet monatlich 35 Pfg., vierteljährlich 1 Marl. Für Inserate wird die gewöhnliche einspaltige Zeile oder deren Raum mit 8 Pfennigen, für solche außerhalb der Amtshauptmannschaft Grimma, sowie für Anzeigen am Kopfe und im Reklameteile, mit 10 Pfennigen, berechnet, bei Wiederholungen tritt Preisermäßigung ein. Nr. 50 Sonntag, den 29. April 1900.11. Jahrgang. Wert der militärischen Erziehung. Die Gegner des Heeres reden mit Vorliebe von der Nutzlosigkeit der militärischen Erziehung, und be haupten, durch die Militärlasten würden die Staaten zu Grunde gerichtet. Selten sind diese oberflächlichen Schlagworte so gründlich widerlegt worden, wie neulich in einer Soldatenversammlung von Professor Dr. Gustav Jäger, einem Lehrer der Hygiene am Stutt garter Polytechnikum. Dr. Jäger ist einer der ersten, der sich mit dem Wert der militärischen Erziehung be schäftigte. Seit mehr als 30 Jahren hat er dieser Frage sein Interesse zugewandt. Die Ergebnisse seiner Forschungen sind von um so größerer Bedeutung, als er sie nicht nur theoretisch, sondern auch durch fortge setzte Untersuchungen an Soldaten und Turnern ge wonnen hat. Zunächst stellt Professor Jäger den abhäctenden Einfluß der militärischen Schulung fest. Unter Ab härtung ist nicht etwa nur die Widerstandsfähigkeit gegen schädliche Witterungsetnflüsse zu verstehen. Der abgehärtete Mensch hat ein härteres, zäheres und zugleich elastischeres Fleisch als der Weichling. Seine Muskeln fühlen sich in gespanntem Zustande bretthart an, und Eindrücke haften darin nicht. Durch die gesunde Trainierung wird ein hoher Grad von körperlicher Leistungsfähigkeit und eine bemerkenswerte Widerstands, fähigkeit gegen Krankheiten erzielt. Die offiziellen Krankenlisten des deutschen Heeres liefern dafür den vollgilt'gen Beweis. Nie ist der Krankenstand niedriger als im September, d. i. während der Manöver. Er geht durchschnittlich gegen den August um ein volles Drittel zurück. Der günstige Gesundheitszustand unserer Truppen muß also in erster Lmie dem ausgedehnten Aufenthalt in frischer Luft zugeschrieben werden. Das ist ein Vorzug der militärischen Erziehung, der in unserer sitzfrohen, industricreichen Zeit nicht hoch genug angeschlagen werden kann. Wie sehr dann die ausgiebige Bewegung, besonders beim Exerzieren und beim Marsch, verbunden mit der möglichst allseitigen Uebung der Gliedmaßen, dem Allgemeinbefinden der Truppe zu Statten kommt, zeigt schon ein oberflächlicher Blick auf bas Aussehen der Mannschaften. Mit zunehmender Uebung wachsen die Kräfte, nimmt die Beweglichkeit des Körpers zu, erfährt die Schnelligkeit und Gewandtheit der Bewegungen eine bemerkenswerte Steigerung. Dabei hat der sogenannte militärische Drill auf den gesamten Organismus einen überaus wohlthuenden Einfluß. Herz- und Lungen« thätigkeit steigern sich, der Brustumfang nimmt zu, der Blutumlauf und die Verdauung werden besser. So gewinnt der Soldat durch die in Folge der militärischen Schulung erlangte Gesundheit ein Kapital, das ihm im späteren Leben reiche Zinsen trägt. Ist er durch die militärische Schulung arbeitsfähiger, geschickter, flinker, findiger und ausdauernder, vor allem aber ge sunder geworden, so kann er auch mehr erwerben. Tritt auch thatsächlich die Steigerung seines Verdienstes nicht in dem Umfange ein, wie sich theoretisch erwarten läßt, so ist es doch außer allem Zweifel, daß selbst nach Ab zug des Ausfalls an Verdienst während der zwei oder drei in Betracht kommenden Dienstjahre und der Kosten, die sic verursacht haben, sich in 20 bis 30 Jahren ein ganz erheblicher finanzieller Gewinn für ihn heraus stellen wird, wenn er sich mit einem Manne seiner Stellung von derselben Begabung und Berufstreue, aber ohne militärische Schulung vergleicht. Vom volkswirt schaftlichen Standpunkt aus sind allo die für das Militär- wesen aufgewendeten Summen nutzbringend angelegt; weit entfernt, die Völker zu „ruinieren", führen sie zu ihrem Blühen und Gedeihen, zu gesundem, wirtschaft lichem Aufschwung, wie schon ein Blick auf den vollendetsten „Militärstaat" der Welt, auf Deutschland, zeigt. Deutsche- Reich. Auf dem Kaiser Wilhelm-Kanal sind im Jahre 1899 an Gebühren 1809 951 M. gegen 1590485 M. im Jahre 1898 entrichtet worden. Der Voranschlag ist um 115951 Mk. überschritten worden. Die Zahl der Schiffe betrug 26279 gegen 25816. Der Reichstag beendete am Mittwoch die erste Beratung des ReichsgesundheilSgesetzes. Abg. Schrader (frs. Vergg.) bemängelte, daß man die Zuständigkeit des Reichgesundheilsamtes nicht erweitert habe. Abg. Dr. Höffel (frkons.) vermißte in dem Entwurf die gemein gefährlichen Krankheiten Schwindsucht und Diphtheritis, ferner die Geschlechtskrankheiten. Redner befürwortete Vorkehrungen für bessere Versorgung mit Trinkwasser. Abg. Dr. LangerhanS (frs. Vp.) trat entschieden für die Vorlage ein, Abg. Remboldt (Ztr.) wünschte ein Gesetz zur Bekämpfung der Schwindsucht. Hierauf wurde die Vorlage einer Kommission überwiesen. Zur dritten Beratung des Gesetzentwurfs betreffend die Schlachtvieh- und Fleischbeschau werden aus der Mitte des Reichstages erneute Schritte unternommen, um ein positives Ergebnis herbeizuführen. Wie ver lautet werden die Abgg. Graf Klinckowström und von Kardorff in Uebereinstimmung mit ihren FraktionSge- nossen sich mit den zuständigen Vertretern der verbündeten Regierungen, vornehmlich dem Reichsamt des Innern, in Verbindung setzen und erneute Kompromißoerhand lungen anknüpfen. Die Budgetkommission nahm mit 20 gegen 8 Stimmen den Antrag des Zentrums an, wonach die geforderte Schlachtflotte vollbewilligt, die Vermehrung der Auölandsflotte gestrichen wird. Die Vermehrung der Materialreserve wird herabgemindert. Als DeckungS- mittel sind die von den Blättern mehrfach gemeldeten Steuererhöhungen, also eine Erbschaftssteuer u. s. f., resp. eine Reichssteuer vorgeschlagen. Die unter dem Kommando des Kapitänleutnant Funke stehende Torpedoboots-Division verläßt Montag Wilhelmshaven und trifft am Donnerstag Abend in Köln ein. Der Kaiser hat bestimmt, daß in öffentlichen Schulen die Schüler bei dem Unterrichte am 5. Mai in geeigneter Weise auf die Bedeutung der am nächsten Tage eintretenden Großjährigkeit des Kronprinzen hingewiesen werben. Die dritte Beratung der Isx Heinze wird auf alle Fälle im Reichstag fortgesetzt werden, jedoch sollen vor der Hand noch andere Gegenstände erledigt werden. Eine Vereinigung der Cakes- und Biscuit- fabrikanten Deutschlands hat sich eben in Berlin ge bildet und Mindestpreise festgesetzt. Ausland. Krieg in Südafrika. London, 26. April. Das „Reut. Bur." meldet aus Pretoria unter dem 25. d. M.: Gestern Abend ereignete sich in der Gießerei von Begbie, die jetzt von der Regierung als Arsenal benutzt wird, eine große Explosion. Das Gebäude wurde völlig zerstört. Zehn Personen wurden getötet und 32 verletzt. Die meisten Verunglückten sind französische und italienische Arbeiter. Die Ursache der Explosion ist unbekannt. London, 25. April. Ein Telegramm des Feld marschalls Roberts aus Bloemfontein von heute meldet: Der Feind, in Stärke von etwa 4000 bis 5000 Mann, räumte in der vorigen Nacht die Umgebung vor Wepener und zog sich heute früh in nordöstlicher Richtung auf der Straße nach Ladybrand zurück. England sitzt den Buren gegenüber nach wie vor auf dem hohen Pferde. Der Handelsminister Ritchie erklärte in einer zu Crondon gehaltenen Rede, die einzige Bedingung Englands für den Friedenüschluß sei die, daß die Unabhängigkeit der südafrikanischen Republiken für immer aufhöre. Petersburg, 25. April. Eine Anzahl hiesiger Aöronauten bcgiebt sich nach Transvaal, um dort einen regelrechten Luftschifferpark einzurichten. Oesterreich. In Folge andauernder Baukrisis werden demnächst sämtliche Ziegeleien in Pesi geschlossen. Mehrere tausend Arbeiter werden dadurch brotlos. Die frühere Kronpinzessinwitwe Stephanie und jetzige Gräfin Lonyay hat die Vermittelung des Papstes angerufen, ihren grollenden Vater zu versöhnen. Papst Leo hatte ergreifende Worte für ihr „hart geprüftes Herz, dem nun Gott Friede und Freude beschicken habe." Er sagte zu, seinen ganzen Einfluß aufzubieten, um die Aussöhnung zustande zu bringen. Sowohl der Gräfin, die heftig weinte, wie dem Grafen erteilte der Papst seinen besonderen Segen. Spanien. Reiche Goldminen wurden nach einer Meldung aus Madrid in der spanischen Provinz Lugo entdeckt. Die Ausbeute soll bald beginnen. Wenn die Nachricht zutrifft ist Spanien „fein heraus." Rußland. Großfürst Constantin Constantino- witsch wird als Vertreter des russischen Hofes zur Feier der Großjährigkeit des deutschen Kronprinzen nach Berlin gehen. Derselbe bringt dem deutschen Kronprinzen den russischen Andreasorden. In der russischen Korpsflotte sollen große Unter schleife entdeckt worden sein. Große Mengen von be zahltem Proviant wurden nicht vorgefunden. 42 Offiziere, darunter 2 Admiräle sind verhaftet. Der Zar ordnete an, daß alle verfügbaren Schiffe im Hafen von Sebastopol sich versammmeln behufs Untersuchung. Das pädagogische Programm der Naunhofer Schule. Die Einweisung der der Schule neu zugeführten Kleinen am Dienstag benutzte Herr Schuldirektor Schäfer als Gelegenheit, eine längere, mit großem Interesse entgegengenommene Ansprache an die ver sammelten Eltern und Angehörigen zu halten, in der «gewissermaßensein pädagogisches Programm entwickelte. Mit vieler Genugthuung konstatieren wir, daß der Chef unseres Schulwesens ganz auf modern pädagogischem Standpunkte steht, bei welchem die Psychologie (Seelen kunde) die Grundlage aller Lehr- und Erziehungsthätig- keit bildet und dem Körper wie dem Geiste gleichmäßige Sorgfalt zu Teil wird. Das Leitmotiv, das durch alle Teile seiner Darlegung hindurchklang, war der schöne Gedanke: „Es gilt nicht, das Kind zu richten, sondern es zu verstehen!" Der Herr Redner schilderte eindringlich, welche hohen Anforderungen an unsere Kleinen gestellt werden, die, eben aus dem Traumleben der ersten Kindheit er wacht, binnen Jahresfrist eine übergroße Menge Lern stoff zu bewältigen haben. Die Summe der Eindrücke, Kenntnisse und geistigen Erfahrungen, die das erste und vielleicht noch das zweite Schuljahr bringen, sei im Verhältnis viel größer und bedeutsamer, als der Fort schritt in späterer Zeit auf bereits gewonnener wissen schaftlicher Basis. Die Aufgabe, die hier gelost werden müsse, sei für den Lehrer wie das Kind gleichgroß. Dieselbe sei nur zu bewältigen, wenn außer der reinen Lehrthätigkeit auch das Verstehen und Beobachten des Kindes mit Sorgfalt geübt, wenn auf die Körper konstitution und die körperliche Veranlagung Rücksicht genommen werde. Mehr als man glaubt, wird die Geistesthätigkeit vom Körper beeinflußt; Kinder, die für unbegabt, unaufmerksam, träge gelten, zeigen oft die entgegengesetzten Eigenschaften, wenn eine körperliche Schwäche gehoben, ein organischer Fehler beseitigt wird. Die moderne Pädagogik kennt zum Beispiel Fälle, wo Kinder, die man fast für schwachsinnig zu erklären geneigt war, plötzlich geistig regsam, lebendig, fleißig und begabt wurden, nachdem sie — von einem Nasenpolypen befreit waren, der die Ursache eines Sprachfehlers, erschwerter Atmung und, durch Druck auf die Gehörgänge, von Schwerhörigkeit war. Eine weitere Forderung der modernen Pädagogik