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Die „Sächsische Gtbzeltimg" erscheint DimStng, Donners tag und Sonnabend. Die Ausgabe des AlatteS crsolgt Tags vorher Nachm. 4 Uhr. AbonnenientS - Preis viertel jährlich l Mk. 60 Pf., zwei- ttioiiatlich I Mt., cininonat- lich 60 Pf. Einzelne Nummern 10 Pf. Postzeilungsbestellliste 6978. Alle kaiscrl. Postanstalten, Postboten, sowie die ZeitungSträger nehmen stets Bestellungen ans die „Sächsische Elbzeitung" an. MW IBiH. AmtsbllrU slic S»s liönlgl Abllsgeriih! und K» ZlildlmIH jb Sihmiluui, sowie silr den KtnNcimctedclNH sil HshMein. Mit „Illustrirt. So»rntagsbtcrtt". Mit Humor. Beilage „Soifonb basen". Mit „LarrdtvirthscHafib. Woibage". Inserate, bei der weiten Verbreitung d. Bl.von grosier Wirlnng, sind MontagS, MitltvochS und Freitags bis spätestens vormittags 9 Uhr auszugcbcn. Preis für die gespaltene CvrpnSzeilc oder deren Naum 10 Pf. Inserate unter säns Zeilen tuenden init 5g> Pf, berechnet (tabellarische und complicirte nach licbercinlunsg. „Eingesandt" nnterni Strich 20 Pf. die Zeile. Bei Wiederholungen ent sprechender Rabatt. In ser a t cn-A n na h me stc l l cn: In Schandau: Expedition Zankcnslraßc 134, in Hohnstein: bei Herrn Stadlkassircr Reinhard, in Dresden nnd Leipzig: die Annoncen-BureauS von Haasenstein L Vogler, Jnvalidendank nnd Rudolf Mosse, in Frankfurt a. M.: G. L. Daube L Co. nnd in Hamburg: Küroly L Liebniatin. Schandau, Dienstag, den 12. März 1895. 30. IllhlMY. Amtlicher Theil. Bekanntmach tt n g. Wir erilineril hiermit an die Verpflichtung der Besitzer, Pächter und Administra- tHren von Grundstücken, bei Glätte die Trottoirs beziehentlich Fußwege mit Saud, Asche oder dergleichen zu bestreuen. Die Nichtbcfolgnng dieser Vorschrift wird nach ß 366,10 des Neichsstrafgesetz- buches bestraft, außerdem setzen sich die Betreffenden nach Befinden empfindlichen Schäden- ansprüchen ans, wenn Passanten vernnglücken sollten. Schandau, am Ä Mör/ 189^. - Der Stadt rat. Wieck, Bürgerin. Bekanntmach « « g. Die Lieferung des Oeles für die städtische Straßenbeleuchtung und die stadt- rätlichen Expeditivnslocalitätcn, reines penshlvanisches Petroleum, soll auf die Zeit vom 1. April 1895 bis 3I. März 1896 an den Miudcstfordernden vergeben werden. Angebote sind unter Angabe des spccisischen Gewichts des Oeles nnd des Preises für 1 Icg längstens bis zum 23. dieses Monats in hiesiger Natskanzlei verschlossen einznreichcn. Die Auswahl unter den Bewerbern bleibt Vorbehalten. Schandau, am 9. März 1895. Der S t a d t r a t. Wieck, Bürgermeister. Zum Bußtage. Der Bußtag wird wieder im ganzen Lande bedangen. Mit seinem schwarzen Tranergewande mitten in der Passivnszeit gebietet er dem Drange des Lebens Still stand nnd mahnt ernst: „Laßt uns forschen und suchen unser Wesen nnd uns zum Herrn bekehren!" Wie viele Bußtage hast du wohl schon in deinem Leben gefeiert, da da dn dich aufrichtig zu deinem Gott bekehrtest, oder sind sie alle fruchtlos an dir vorübergegangen, einer nach dem anderen? Soll er abermals unbenutzt vorübergehcn, indem dn gleich vielen andern denkst, daß später noch Zeit ist? Aber kannst du mir sagen, wann dn sterben wirst r Ach, der Tod kommt morgen, vielleicht heute noch. Die Glocke — sie ist gewiß schon gegossen, die dir den trüben Ab schiedsgruß von der Erde, das letzte Geläut bringt. Viel leicht auch -- wer mag's wissen! — werden schon die Bretter geschnitten und gehobelt zn deinem Sarge. Siehe, dort draußen gingst du an einem offenen Grabe vorüber. Nebenan vielleicht graben sie das deine! Darum: Heul' lebst du, heul' bekehre dich! Eh' morgen kommt, kcum's ändern sich, Wer heul' ist frisch, gcsuud und rot, Ist morgen krank, ja wohl gar tot. Schläfst du in deinen Sunden ein, Fährst du dahin zur cw'gen Pein. Wie verhältnismäßig wenige sind's doch, die recht schaffene Buße thnn! Sieh' nnr hin auf das Thun und Treiben des Einzelnen, richte deinen Blick ans den Zustand des ganzen Volkes! Dn stimmst mit ein: „Mich jammert herzlich, daß mein Volk so verderbet ist." Prüfe das religiöse und kirchliche Leben in unseren Tagen! Mnß dich nicht der leichtsinnige Abfall vom Glauben der Väter und von dem Bekenntnisse der Wahrheit schmerzen? Gottes Wort wird von vielen verleugnet nnd verspottet, Kirche und Predigt sind bei vielen in Vergessenheit ge raten, Sonn- und Feiertage werden entheiligt, alle Äelt läuft dem Vergnügen, den sinnlichen Genüssen nach, und nur die materiellen Interessen ziehen noch die Aufmerk samkeit auf sich. Blicke hinein in unsere bürgerlichen Verhältnisse! Welch' tiefer Schmerz muß uus ergreifen, wenn wir so oft Zerrüttung nnd Verwüstung derselben sehen, dazu die allgemeine Unzufriedenheit, bei der es aber niemand in den Sinn kommt, sich selbst zur Rechen schaft zu ziehen. „Wie murren denn oie Leute im Leben also? Ein jeglicher mnrre wider seine eigene Sünde." Und aus wie vielen Familien ist der Geist der Gottes- urcht geschwunden und der Geist des Leichtsinns, des Unglaubens und der Weltlust eingekehrt! Wohl ist man unerschöpflich in Vorschlägen von Mitteln zur Heilung der Krankheiten und Schäden unseres Volkes, Vereine über Vereine treten zusammen zu Be- rathungen, um diesem oder jenem Uebel abznhelfen, und mau richtet dabei ganz besonders sein Augenmerk auf die bürgerlichen und socialen Verhältnisse. Aber ersinnet und erdenket noch so viele Mittel nnd Wege zur Abhülfe und Heilung der Gebrechen; eins ist not: Ein anderer Geist mnß unser Volk nnd Leben durchdringen. Es giebt nur einen Arzt, der gründlich helfen kann; es ist in keinem andern Heil. Es giebt nur eine Salbe, die alle unsere Schäden heilen kann; nur eineArzenei, dadurch wir genesen können: Hinkehr zn Gott, Bnße, Bekehrung. Unser Volk muß erst wieder ein gläubiges Christenv'vlk werden. Aber freilich mnß ein jeder bei sich selbst den Anfang machen, sich demütigen vor dem, der unser Arzt und Heiland ist, und sich zu ihm bekehre». Selbstschau führt zur Selbsterkenntnis und zum Selbst gericht in der Buhe. DaM sollst du ermahnt sein am Bußtage: Erkenne dich sichst! Prüfe dich! Du bist der Manu! Gott rufet noch! Sollt' ich nicht endlich kommen? Ich hab' so laug' die treue Stimm' vernommen! Ich wußte wohl, ich'war nicht, wie ich sollt';, Er winkte mir, ich habe nicht gewollt. Nichtamtlicher Theil. Gott locket noch — mm länger nicht verweilet! Gott will mich ganz; - nun länger nicht gcteilet! .Fleisch, Welt, Vernunft, sag' immer, was dn willst, — Mir Gottes Stimme mehr als deine gilt! Hast du schon zwei Augen in bitteren Knmmerzähren um dich weineu sehen? Hast dn schon zwei Augen gesehen, überströmend von den Thräncn süßer seliger Freunde, daß sic dich Wiedersehen und wiederhnben, Vater, Mutter oder sonst eine treue geliebte Seele? Der aber dich mehr liebt als Vater und Mutter, Bruder und Schwester, Bräutigam und Braut, das ist dein Vater in der Höhe, der dich wieder anfnimmt zu Gnaden. Siehe, er eilt dir entgegen, dich zu Herzen nnt dem Knß der ewigen Liebe. Ein frommer Mann hat gesagt: „Je mehr du Gottes Güte erkennst, von ihr gerührt bist, desto mehr muß dich Scham durchdringen; desto mehr mnßt du dich beugen nnd deine Unwürdigkeit erkennen, deinen Undank! Er ist so gütig, so reich an Erbarmen gegen nns, nnd wir so kalt, so unempfindlich, so fremd, so undankbar gegen ihn, ja so ungehorsam! Je tiefer der Mensch die Liebe Gottes gegen ihn atmet nnd nnn sieht, wie er dagegen gegen Gott gewesen: o da wird er ganz zerbrochen/ zermalmt; da durchdringt ihn ein empfindlicher Schmerz, dn fühlt er's bei sich: Wie gütig ist Gott gegen dich gewesen, wie viel Böses hat er von dir abgcwendet, wie viele Wohl- thaten dir erzeigt, — und du hast es noch uie erkannt, bist ihm undankbar gewesen, ja hast oft, unzufrieden mit seinen Schickungen, gemurrt, hast sein Gebot hinter dich geworfen! Ach, das erregt bittere Scham, die tief das Innerste durchdringt. Das ist das Regen eines besseren Sinnes, das treibt zur rechten Demüthignng vor Gott. Da werfen wir uns auf unsere Kniee und bekennen mit Thränen der Bnße unsere Schuld." Möge es bei dir auch so seiu! Politisches. Der Kaiser ist im besten Wohlsein am Spätabeud des Freitag von seinem winterlichen Ausflügen nach der Nvrdseeküste wieder in Berlin eingetroffen. Der AnSflng erlitt in seiner Ausführung gegenüber dem festgesetzten Programm insofern eine Abänderung, als der prvjcctirt gewesene Aufenthalt des Kaisers auf der Insel Helgoland Wegfällen mußte, der hohe Seegang an der Helgoländer Küste ließ eine Landung nicht rathsam erscheinen. Im Uebrigen ist die Fahrt programmgemäß verlaufen, der hohe Herr hat nach dem Besuche im Wilhelmshafeu die Schlenßenbanten und sonstige Canalanlagen bei Bruns büttel besichtigt und dann auch die neuen Hafenanlaaen im Bremerhafen in Augenschein genommen. Der Ansflng fand mit einem zweistündigen Besuche des Kaisers in der alten Hansastadt Bremen am Freitag Nachmittag seinen Abschluß; hier nahm der Monarch als Gast des Senats ein Frühstück in dem berühmten Nathskeller ein, worauf er nach Berlin znrückrciste. Der Rücktritt oder eigentlich die Entlassung des bis herigen Oberpräsidenten Grafen Stolberg, bildet wegen der den Vorgang begleitenden Umstände noch immer mit einen Theil des politischen Tagesgespräches. Mit unge wöhnlicher Schnelligkeit ist die amtliche Bekanntgabe des Ereignisses erfolgt, noch in seiner Freitagsnnmmer theilt der „Reichsanzeiger" die vom 7. Mürz datirte allerhöchste Ordre mit, wonach der bisherige Oberpräsident von Ost preußen unter Gewährung des gesetzlichen Wartegcldes in den einstweiligen Ruhestand versetzt wird. Die „Kreuz zeitung" weiß zu versichern, daß Graf Stolberg nicht wegen seiner materiellen Zustimmung zum Anträge Kanitz zur Disposition gestellt worden sei, sondern infolge seines m der ganzen Angelegenheit bekundeten auffälligen Ge sinnungswechsels, der an maßgebender Stelle peinlich be rührt habe. Die Vermuthung liegt in der That sehr nahe, daß den Kaiser bei seinen bekannten Anschauungen über Charakterfestigkeit der Plötzliche Wandel in den politischen Gesinnungen eines so hohen Beamten, wie es Graf Stolberg war, sehr verstimmt hat, und bedarf das Näthsel, wie sich Graf Stolberg ans einem warmen Be fürworter der Handelsverträge über Nacht in einen An hänger des Antrags.Kanitz verwandeln konnte, offenbar ja auch noch der Lösung. Der Verwaltnngsthätigkeit des Grafen Stolberg stellt es aber ans jeden Fall ein rühm liches Zeugnis; aus, daß man in der Provinz Ostpreußen allseitig den Rücktritt dieses tüchtigen Beamten lebhaft bedauert, in welches Bedauern auch die politischen Gegner des jetzigen conservaliven Rcichstagsabgevrdneten Grafen Stolberg aufrichtig einstimmeu. Noch zwei andere Rücktrittsgeschichten, in denen der preußische Kriegsminister v. Brousart und der Präsident des preußischen Oberverwaltungsgerichts, v. Persius, die Hauptrolle spielten, machten dieser Tage von sich reden. Die Stellung Herrn v. Ärvnsarts, sollte ernstlich erschüttert sein, nnd zwar wegen dessen Stellung zur Frage der Re form der Militärstrafprvceßordnnng. Da in unserer heu tigen Zeit die Minister oft über Nacht zn Fall zu kommen pflegen, so fanden die Herrn v. Brvnsart betreffenden Demissivnsgerüchte vielfach Glauben, aber eZ hat sich inzwischen gezeigt, daß sie gänzlich unbegründet sind, was auch vom „Reichsanzeiger" eigens festgestellt wird. Was aber Herrn v. Persius aubelangt, so sollte derselbe nach sehr bestimmt klingenden Mittheilnugeu des „Vorwärts" seine Entlassung genommen haben, weil er mit dem Minister des Innern v. Köller in Sachen des Polizeilichen Auf- führnngsverbotcs des Sndermauu'schen Dramas „Die Ehre" in unlöslichen Cvnfliet gerathen sein sollte. Jetzt versichern indessen Berliner halbamtliche Meldnngen, der genannte hohe Beamte habe kein Entlassnngsgesnch einge reicht und an der ganzen Conflietsaffaire sei überhaupt kein wahres Wort. In der Neichstagscommissivn für die „Umsturz-Vor lage" ist am Freitag endlich die Entscheidung über den vielnmstrittenen 8 130 (Angriffe gegen Religion, Ehe, Mo narchie n. s. w.) und die zusammenhängenden AbändernngS- antrüge gefallen. Nach nochmaliger langer Debatte wurde in einer "äußerst eomplieirteu Abstimmung zunächst der Centrumsantrag, welcher die öffentliche Leugnung des Da seins Gottes oder der Unsterblichkeit, der Seele bestraft wissen will, gegen die CentrnmsstiunWi abgelehnt. Das selbe Schicksal betraf die von eonserMiver und national- liberaler Seite gestellten Abäuderuugsanträge, ebenso 8 130 der Negiernngs-Vorlage selbst. Stur der Ceutrumsantrag auf Aufhebung des sog. „Käuzelparagraphen" (130u des Strafgesetzbuches) fand Annahme. Aus Egypteu kommen aufs Neue Allarmuachrichten. Englische Berichte wollen wissen, es solle in Kairo ge legentlich der am Dienstag stattsiudenden Beisetzung der Leiche des Ex-Khedive Ismael Pascha ein Aufstand aus brechen, zu welchem heimlich schon alle Vorbereitungen getroffen seien. Das britische Oberkommando hätte um fassende militärische Vorsichtsmaßregeln getroffen. Die Engländer Pflegen indessen ans gewissen Gründen von Zeit zu Zeit immer die Lage nm Nil als bedrohlicher hiuzu- stellen, als sie wirklich ist. ^ocnles und Sächsisches. Schandau. Die erste Aufführung des bisher über- all mit großem Beifall aufgenommenen vaterländischen Schauspiels mit Dichtung und Musik von Th. Uhlich: „Kriegs-Sceuen aus dem Feldzuge gegen Frankreich 1870/71", wird am konuueudeu Sonntag, den 17. März im Saale des Schützenhauses erfolgen und von 50 Mitgliedern des hiesigen Kgl. Sächs. Krieger- und Militärvereins unter Leitung des Herrn Direktor Werning dargestellt werden. Die großartige Aufführung besteht in drei Ab- theilungen aus 32 Nummern: 1. Prolog. 2. Germania's Wacht am Rhein. 3. König Wilhelm und Benedetti in