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Die Stempelsteuer-Novelle. Noch vor Eintritt in die Osterferien hat der Reich s- Hgsausschnß, der mit der Vorberatung der Stempel- Aeuer-Gesetznovelle betraut war, seine Arbeiten beendet und seinen Bericht drucken lassen. Da anzunehmen ist, daß das Plenum des Reichstages im großen und ganzen den Aendcrungen des Ausschusses zustimmen wird, so Wßt sich fetzt bereits ein Bild von den Abänderungen gewinnen, die der Reichstag an der Stempetsteuer- Nomue oornimmt. Allgemein bekannt ist ja schon, daß Quiltungs-, Check- und Frachtbrief st euer abgefthnt worden sind. Bei der Besteuerung der Lotterielose sind «nige Aendcrungen vorgenommen. Einmal ist der Steuer' satz von 8 auf 10 Mk. vom .Hundert erhöht und zwar bei ansländischen 'Losen von dem Preise der einzelnen Lose in Abstufungen von 50 Pfennig (statt 40 in der Vorlage) für je 5 Mk. oder einen Bruchteil dieses Be trages. Sodann sind den Spieleinlagen die Wetteinsätzc bei öffentlich veranstalteten Pferderennen und ähnlichen öffentlichen Veranstaltungen gleichgestellt. Die Steuer befreiung für Lotterien zu wohlthätigen Zwecken ist aller dings wesentlich ausgedehnt. Die Vorlage schließt solche Lotterien von der Besteuerung aus, sofern der Gesamt preis der Lose die Summe von 5000 Mk. nicht übersteigt; die Kommission hat diesen Bettag auf 25 000 Mk. erhöht. WeseMlich mannigfaltiger sind die Umgestaltungen, die die vorgeschlagene Reform der Börs ensteuer er fahren hat. Es sei hervorgehoben, daß, was zunächst die Besteuerung der Aktten, Renten- und Schuldver- schreibungen betrifft, die Bestimmung über die Befreiung von der Besteuerung der Aktien im Tarif so gefaßt ist, daß inländische Aktien und Aktienanteilscheine, sowie Jnterimsscheine über Einzahlungen auf diese Wertpapiere befreit sind, sofern sie von Aktiengesellschaften ausgegeben werden, die nach der Entscheidung des Bundesrats ge meinnützigen Zwecken dienen, den zur Verteilung gelan genden Reingewinn satzungsmäßig auf eine höchstens vierprozenttgc Verzinsung der Kapitalanlagen beschränken, auch bei Auslosungen oder für den Fall der Auflösung nicht mehr als den Nennwert ihrer Anteile zusichern und bei der Auflösung den elwaigen Rest des Gesellschafts- Vermögens für gemeinnützige Zwecke bestimmen. Die von solchen Aktiengesellschaften beabsichtigten Veranstaltungen müssen für die minder begüterten Volksklassen be stimmt sein. / Den Bestimmungen über Aktien sowie Renten und Schuldverschreibungen ist eine Anmerkung angenigt, ! wonach es der Aushändigung ausländischer § Wertpapiere im Jnlande gleich geachtet wird, wenn ! solche Wertpapiere, die durch ein im Auslaudc abge- schlossenes Geschäft von einem zur Zeit des Geschäfts- ! abschlusses im Jnlande wohnhaften Käufer angcschafft . sind, diesem aus dem Auslände übermüd: oder von ihm / oder von einem Vertreter aus dein Anslande abgcholt werden. — Die Vorschrift über die Genußscheinc ist dahin abgeändert, daß für solche Genußscheine, die als Ersatz an Stelle eingezogener Aktien ausgegeben werden, 50 Pf., für alle übrigen und zwar inländische st Nik., ausländische 5 Mk. von feder einzelnen Urkunde ge steuert werden sollen. Bei den Vorschriften über die Kaus- und sonstigen l Auschaffungsgeschüfte ist zunächst neu, daß bei Geschäften l unter tausend Mark die Steuer von einem Werte von tausend Mark berechnet werden soll. Sodann ist für die Tarifnummer 4a 1 und 2 eine Ermäßigung dahin festgesetzt, daß, wenn ein Künstr nachweislich im Arbi- j trageverkehr unter diese Tarifnnmmer fallende Gegen- i stände unter diese Tarifnnmmer fallende Gegenstände im Jnlande gekauft und im Anslande verkauft oder umgekehrt oder an dem einen Börsenplätze des Auslandes gekauft und an dem andern verkauft, sich die Stempelabgabe von jedem dieser Geschäfte, soweit deren Wertbcträgc sich decken, zu Gunsten dieses Käufers um 's«, vom Tausend ermäßigt, wenn die beiden einander gegenüberstehenden Geschäfte zu festen Kursen an dem- Men oder an zwei unmittelbar aufeinanderfolgendenBörsen- tagen abgeschlossen sind. Es macht keinen Unterschied, obder Käufer die Geschäfte im AuslandeselbstoderdurcheineMeta- verbindung abgeschlossen hat. Unter den gleichen Vor aussetzungen tritt diese Steuerermäßigung ein, wenn An- und Verkäufen von ausländischen Banknoten oder aus ländischem Papiergeld Geschäfte über Kontanten oder Wechsel gegenüberstehen. Eine einmalige, längstens halb monatige Prolongation im Auslande abgeschlossener Ge schäfte dieser Art bleibt steuerfrei. Die Geschäfte sind zunächst nach dem vollen Betrage zu versteuern. Der Bundesrat erläßt die näheren Vorschriften darüber, auf Grund welcher Nachweise die Erstattung des zuviel ver wendeten Stempels erfolgt. Des weiteren ist festgesetzt, daß Kauf- und sonstige Anschaffungsgeschäfte über Waren auf eine fest bestimmte Lieferzeit oder mit einer fest bestimmten Lieferungsfrist, wenn dieselben gemäß seitens einer Börsenbehördc für solche Geschäfte festgesetzten Geschäftsbedingungen abge schlossen werden, und wenn für die an der betreffenden Börse geschlossenen Geschäfte solcher Art eine Feststellung von Terminpreisen erfolgt, einem Steuersatz von vom Tausend, alle übrigen Kauf- und sonstigen Anschaffungs geschäfte über W a r e n, wenn dieselben gemäß seitens einer Börsenbehörde für solche Geschäfte festgesetzten Geschäftsbedingungen abgeschlossen werden, mit einem Satze von vom Tausend unterliegen. Schließlich ist noch neu, daß diese Abgabe nicht erhoben wird von den zur Versicherung von Wertpapieren gegen Verlosung ge schlossenen Geschäften, unbeschadet der Stempelpflicht der nach erfolgter Verloosung stattfindendeu Kauf- oder sonstigen Anschaffungs geschäfte. Politische Rundschau. Deutschland. Der Kaiser hat dem Kriegsminister Bronsart v. Schellendorff den Schwarzen Adler orden verliehen und dem Minister die Auszeichnung persönlich überreicht. Kaiser Wilhelm ließ am Montag nachmittag gegen 3 Uhr die ganze Berliner Garnison alarmieren und hielt mit derselben auf dem Tempelhofer Felde eine Felddienst übung ab. — Am Dienstag vormittag ist der Kaiser nach Abbazia abgereist. Prinz Reuß, der d e u t s ch e B o ts ch af ter in Wien, wird nach Neberreichung seines Abberufnngs- schreibens seinen Wohnsitz zu Trebschen in der Mark Brandenburg, eine Meile von Züllichau entfernt, nehmen. Nnnmehr wird auch im ,Neichsanzeiger' bekannt ge macht, daß auf Bundesratsbeschluß von der Forderung eines besonderen U r s p r u n g s u a ch w e i s e s für die aus meistbegünstigten Ländern eingehenden Waren mit Ausnahme von Wein und Most in Fässern sowie von getrockneten Mandeln von: Zeitpunkt des Inkrafttretens des russischen Handelsvertrages an, also vom 22. d. an, abgesehen wird. Nach dem Rcichshaushalts-Etat für 1894/95 belaufen sich die U e b e r w ei su n g e n an die Bundesstaaten aus den: Ertrage der Zölle und der Tabaksteuer, aus dem Ertrage der Verbrauchsabgaben für Branntwein und des Zuschlags dazu, sowie ans dem Ertrage der Neichs- stcmpelabgaben auf 355 450 (?00 Mk., die Matriku- l a r - B e i t r ä g e hingegen auf 397 497 420 Mk., sodaß die Bundesstaaten 42 047 420 Alk. mehr an das Reich herauszahlen müssen, als sie von diesem erhalten. In den: Etat des laufenden Etatsjahres betragen die Matri- kularbeiträge 380 064 145 Alk., sodaß sich die Matrikular- beiträge für l 894/95 um 17 433 275 Mk. gegen das lausende Etatsjahr erhöhen. Mit dem 1. April tritt eine neue Bestimmung des Strafgesetzbuches in Kraft, nach der solche Familien väter strafrechtlich verfolgt werden können, die in der Lage sind, ihren Angehörigen den notwendigen Unter halt zu gewähren, cs aber vorziehen, den Verdienst für sich zu behalten und die Familie der Armenver waltung zu überlassen. Die Armenverwaltungen werden ohne Zweifel mit aller Schärfe gegen die pflicht vergessenen Ehemänner und Väter vorgehen, sofern diese der an sie zunächst ergehenden Aufforderung zur Ver sorgung ihrer Angehörigen nicht nachkommen. Dem Reichstag ist der Bericht der Komrnission über den Entwurf.des Stempelgesetzes zugegangen. In der Anlage ist eine Zusammenstellung des bestehen den Gesetzes, der Regierungsvorlage und der Kom- . Missionsbeschlüsse gegeben. Die Kommission beantragt: „Der Reichstag wolle beschließen: 1) dem Gesetzentwurf wegen Aenderung des Gesetzes betr. die Erhebung von Reichsstempelabgaben vom 1. Juli 1881 bis 29. Mai 1885 in der sich aus der Anlage ergebenden Fassung die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen; 2) die ver bündeten Regierungen zu ersuchen, zu veranlassen, daß von den Börsenaufsichtsorganen Fürsorge getroffen wird, daß beinl Kommissionsgeschäft dem Kommittenten keine höheren Stempelbeträge in Rechnung gestellt werden, als vom Kommissionär selbst bezahlt worden sind; 3) die zu diesem Gesetzentwurf eingegangenen Petitionen durch die gefaßten Beschlüsse für erledigt zu erachten." Die Regierung beabsichtigt, wie verlautet, eine neue Expedition in das unmittelbare Hint erlaub von Kamerun zu entsenden. Man wartet nur erst die Organisation der neuen Schutztruppe durch Haupt mann Alorgen ab, der bereits im Mai zurückzukehren gedenkt. Oesterreich-Ungarn. Im ungarischen Abgeordnetenhaus wurde am Montag die Generaldebatte über die Ehegefetzvor- läge, die einen Monat gedauert hat, unter Eljenrufeu geschlossen. Frankreich. Zur Feierdes 18. Alärz (Jahrestag der Pariser Commune) wird aus Paris gemeldet: Im Laufe des Nachmittags fanden zur Feier des Jahrestages des Communeaufstandes einige Versammlungen statt, die jedoch ohne Zwischenfall verliefen. Auf dem Kirchhofe Pore Lachaise, wo sich zahlreiche Besucher eingefunden hatten, ist es zu keinem Zwischenfall gekommen. England. Die Regierung hat im Unterhause die Erklärung ab gegeben, in den Marine- Werkstätten die achtund vierzigstündige Arbeitswoche einzuführen. Die von Gladstone eingeleitete Bewegung gegen das Oberhaus scheint an Umfang stettg zuzunehmen. Der Premierminister Lord Rosebery hielt in Edinburg eine Rede, in der er die Ansicht aussprach, die Opposition gegen Homerule werde bei den nächsten Wahlen be deutend geschwächt werden. Das Oberhaus bilde gegen wärtig eine große Gefahr für das Land. Die Regierung rechne auf die Unterstützung des Volkes, dann werde sie vorgehen. Die Vermehrung der Flotte bedeute keineswegs eine kriegerische Absicht, sondern sei die beste Gewähr für den europäischen Frieden. Belgien. Originell ist, daß das Ministerium Beernaert sein E nt las sungsgesuch nicht an den Mann, d. h. an den König — bringen konnte; denn man wußte selbst in offiziellen Kreisen nicht genau, in welchem Bade König Leopold weilt. Das offiziöse ,Journal de Bruxelles' hatte zuerst San Remo, dann Montreux an gegeben, aber das vom Ministerium eingereichte Ent lassungsgesuch hat den König nicht in Montreux ge troffen. Endlich erfuhr man, daß er sich in Aix-les-Bains befinde und von dort aus am Mittwoch in Brüssel ein treffen wolle. Holland. Der Amsterdamer ,Staats - Courant' veröffcntcht einen von der Königin-Regentin unterzeichneten Erlaß, durch deu die Kammern aufgelöst werden. Ans dem Kabinett ist nur der Minister des Aenßern, Tien hoven, ausgeschieden, dieser wird durch den Bürgermeister von Harlem, Ritter Borel v. Hoglanden, ersetzt werden. Der SLaaLsanwatt. 6s lFortsetzmigO „Ja, was ist denn los, Karl?" fragte Vater Fritz. Der aber rief geheimnisvoll mit halblauter Stimme: „Kommen Sie nur mal her." „Na, da müssen wir doch mal hören," sagte Vater Fritz, indem er hinausging. Nach wenigen Augenblicken kam er indessen bereits mit den: Knechte zurück. „Da haben wir es schon, Herr Staatsanwalt," rief er. „Hier ist die Waffe." „Komm nur, Karl, und erzähle selbst," fügte er dann zu dem Knechte gewendet hinzu, indem er den Zögern den ins Zimmer schob. Der Knecht hatte in der Hand ein breites, etwa ein Meter langes Eisen, das an dem einen Ende glatt und gerade auslief, während es an der anderen Seite wie zu einer Angel zusammengerollt war. Das Eisen war beschmutzt und an der einen Seite, die zusammenge bogen war, klebten Haare und geronnenes Blut. Es konnte kaum ein Zweitel sein, daß dies die Waffe des Mörders gewesen war. Der Knecht hatte, als er den Stall reinigte, das Eisen auf dem Düngerhaufen gefunden. Es war halb in dem Stroh verborgen gewesen, doch nicht wie ab sichtlich versteckt, sondern offenbar nur in der Folge da von, daß es mit einiger Wucht dorthin geworfen war. Es war also ganz, wie es der Staatsanwalt vermutet hatte. Der Mörder war nach vollbrachter That die Treppe hinabgeschlichen, war nach dem Hofe hinaus getreten und hatte, da er sich unbeachtet sah, die Waffe auf den Düngerhaufen, der sich in der Mitte des Hofes befand, geschleudert. Dann war er wohl möglichst un auffällig durch das Hoflhor, das bis spät in die Nacht offen stand, hinansgetreten, ohne daß ihn jemand be merkt hatte. Einmal ans der Straße, war er aber voll kommen sicher, denn selbst wenn man ihn hinanstreten sah, würde man nicht auf ihn geachtet haben, weil man ihn für einen späten Gast gehalten hätte. Denn die Wirtsstube war beständig bis lange nach Mitternacht ge öffnet. 4. Wer aber war der Mörder? Diese Waffe mußte Zeugnis gegen ihn ablegen können. „Kennen Sie dieses Eisen?" fragte der Staats anwalt den Vater Fritz, nachdem er ebenso wie der Kriminalbeamte es lange von allen Seiten betrachtet hatte. „Haben Sie eine Ahnung, woher es stammen konnte?" Vater Fritz überlegte eine Weile und rieb sich mit der Rechten die Stirne, als wollte er dadurch sein Nachdenken schärfen. „Es ist ein Niegel, um eine Thür zu schließen," sagte er dann bedächtig, „und ich habe sie auch schon gesehen. Aber wo?" Abermals dachte er nach. „Halt," sagte er dann, als käme es über ihn wie eine Erleuchtung, „ich hab's. Es muß oben zu den Bodenluken gehören. Es ist ja da oben doch der Getreidespeicher und vor den Oeffnun- gen, durch die das Korn heraufgewuuden wird, sind Bretterverschläge, und die werden mit solchen Riegeln von innen verschlossen." Der Kriminalbeamte sah den Staatsanwalt ver schmitzt an und pfiff leise vor sich hin. „Können wir einmal hinaufgehen?" fragte der Staatsanwalt, „oder ist es verschlossen?" „Ich glaube, cs ist offen," erwiderte Vater Writz, i „wenigstens sind heute die Arbeiter gekommen. Sie > werden wohl das Korn umschütten." / „Gut," erwiderte der Staatsanwalt, gehen wir hinauf." Unterwegs fragte er dann den Wirt: „Sind die Leute gestern ebenfalls hier gewesen?" „Jawohl, sie haben den ganzen Tag Getreide hinauf- geschafft." „Und wie lange sind sie etwa beschäftigt gewesen?" „Bis zum Feierabend. Warten Sie mal, es war gerade sieben Uhr. Denn die Leute kommen gewöhn lich, wenn sie fertig sind, zu mir herein und trinken noch ein Glas Bier in der Gaststube." „Und war das gestern auch der Fall? Oder hat der eine und der andere gefehlt?" „Nein, sie kamen alle zusammen. Es sind sieben Mann; ich kenne sie alle." „Und wann gingen sie fort?" „Sie haben bloß eine Viertelstunde gesessen, dann gingen sie fort." „Alle?" „Ja, alle. Natürlich Kramer ausgenommen." „Wer ist Kramer? Und warum ist das natürlich?" „Ach, Kramer, der ist so ein bißchen was Besseres. Er arbeitet nämlich auch mit, aber er hat die Aufficht. Er ist dafür besonders angestellt." „Was ist es für ein Mann?" „Noch ziemlich jung, aber sehr tüchtig. Der ist so für seine Herren das reine Gold. Der versteht alles und macht eigentlich das ganze Geschäft." „Und dieser Kramer ging nicht mit?" „Nein, der blieb noch da. Der bleibt fast immer noch da und sitzt bis in die Nacht. Er ist nämlich in die Lina verschossen." „Ah, in die Kellnerin?"