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17 - des Evangeliums; ich bin so unfähig, ein heuchlerisches Schweigen zu be obachten, als zu lügen. In jeder Lage, geehrt oder erniedrigt, bin ich ent schlossen, das Evangelium zu predigen, meinem Gewissen gehorchend. Wehe mir, wenn ich das Evangelium nicht verkündige! A. Philippot, Pfarrer von Plomion." Nach solch einem Bekenntnis konnte Abbä Philippot freilich nicht mehr römischer Priester bleiben. Der Brief, mit dein er dasselbe an den Bischof von Soissons sandte, hatte mit den Worten geschlossen: „Wenn Sie an das Evangelium glauben, werden Sie mich segnen, wenn Sie nicht daran glauben, werden Sie mich verdammen." Am folgenden Tage, den: 19. Juni, bereits empfing der tapfere Mann einen einge schriebenen Brief seines Bischofs, in dem wegen dieser „ketzerischen" Ansichten die „große Exkommunikation" und Amtsent setzung über ihn ausgesprochen wurde. Dies Glaubensbekenntnis Philippots läßt sich für die französische Bewegung mit den 95 Thesen Luthers vergleichen. Ob es freilich eine ähnliche Bedeutung erlangen wird für die katholischen Romanen, wie jene für die heute evangelischen, meist germanischen Völker oder nicht, muß erst die Zukunft lehren. Jedenfalls trat die evangelische Bewegung in der katholischen Geistlichkeit Frankreichs durch dieses offene Schreiben aus ihrer bis herigen Verborgenheit ans Helle Licht des Tages. Dieses Glaubens bekenntnis war es nämlich, daß eine Gruppe katholischer Geistlicher sich als Schibboleth wählte, die am 1. Oktober 1897 in Paris eine eigene Zeitschrift gründete: „Der französische Christ („lls 6ür5tikn ll°ranyai8"), Bericht der evangelischen Reforni im Katholizismus, herausgegeben von einer Gruppe von Priestern." „Wir sind alle Priester/ sagten die Herausgeber in ihrem Vorwort, „Weltpriester, Mönche und Ordensgeistliche. Die einen schon ausgetreten aus der römischen Kirche, die anderen noch in ihrem Schooß und unter der Hierarchie, wollen wir alle eine religiöse Reform, einen verjüngten Katholi zismus, ein Christentum, wie es die Apostel aufgerichtet Haber, die ein zigen authentischen Ausleger der Predigt Jesu. „Das Papsttum ist für uns nichts als eine menschliche Einrichtung, ehr würdig, wenn es verzichten will auf eine Vergangenheit voll von Irrtümern und dogmatischen Erfindungen, verwerflich, wenn es sich verstockt in dem Stolz seiner antichristlichen Vorrechte. „Die „Einheit" ist ein Uebel, wenn sie sich auf den Trümmern christlicher Liebe und der Vereinigung in Jesus Christus erhebt, nachdem sie das Hei ligste aller Heiligtümer, das des Gewissens, entweiht hat. . . „Wir appellieren an die Katholiken und die Protestanten, an alle die, welche eine religiöse Annäherung auf dem apostolischen Gebiete erstreben, an alle die, welche am Heile Frankreichs arbeiten wollen mit Hilfe des Evangeliums. „Wir haben Anhänger in fast allen Diözesen der Kirche von Frankreich, in allen Rangstufen der Geistlichkeit, in mehreren Klöstern und religiösen Brüderschaften. Wir haben sogar Symvathiebezeugungcn von einer in der Hierarchie sehr hochstehenden Persönlichkeit empfangen.