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18 der getrennten Christen verwirklichen, ohne wie jener die Freiheit der Gewissen zu beeinträchtigen und den nationalen Ge danken zu untergraben. Das Verdienst aber, dies bei aller persönlichen und nationalen Selbstbehauptung doch weltversshnen-e Christentum an des Jahrhunderts Wende in einem glänzenden Zukunftsbilde aller Welt vor die Augen gestellt zu haben, hat kein anderer als der erste Mann des deutschen Protestantismus, der Hohenzollernkaiser Wilhelm II., sich erworben, als er am Reformationsfeste 1898 in Jerusalem die protestantische Christenheit aller Lande in ihren Vertretern um sich zusammenrief um dort auch die Stellung des Deutschtums zu solch weltumfassenden Idealen treffend zu cha rakterisieren : „Von I erusalem kam der Welt das Licht, in dessen Glanze unser deutsches Volk groß und herrlich geworden ist. Was die germanischen Völker geworden sind, das sind sie ge- woroen unter dem Panier des Kreuzes auf Golgatha, des Wahr zeichens der selbstaufopfernden Nächstenliebe. Wie vor fast zwei Jahrtausenden, so soll auch heute von hier der Ruf in alle Welt erschallen, der unser aller sehnsuchtsvolles Hoffen in sich birgt: Friede auf Erden! Nicht Glanz, r hl Macht, nicht Ruhm, nicht Ehre, nicht irdisches Gut ist es, was wir hier suchen, wir lechzen, flehen und ringen allein nach dem Einen, dem höchsten Gute, dem Heil unserer Seelen. Und wie Ich das Gelübde Meiner in Gott ruhenden Vorfahren: „Ich und Mein Haus, Wir wollen dem Herrn dienen" an diesem feierlichen Tage hier wiederhole, so fordere Ich Sie alle auf zu gleichem Gelöbnis. Jeder sorge in seinem Stande und berufe, daß alle, welche den Namen des gekreuzigten Herrn tragen, in dem Zeichen dieses Hochgelobten Namens ihren Wandel führen zum Siege über alle aus der Selbstsucht stammenden finsteren Mächte. Gott verleihe, daß von hier aus reiche Segensslröme zurückflicßen in die gesamte Christenheit, daß auf dem Throne wie in der Hütte, in der Heimat wie in der Fremde Gottvertrauen, Nächstenliebe, Geduld in Leiden und tüchtige Arbeit des deutschen Volkes edelster Schmuck bleibe, daß der Geist des Friedens die evangelische Kirche immer mehr und mehr durchdringe und heilige." Und die alten Ideale bewähren die alte Kraft. Bei den fremden Nationen sind es vor allem Priester, bei der deutschen ist's das Volk selbst, das sich auf sie zu besinnen be ginnt. Die geistige Einheit, das brüderliche Sichverstehen, welche das Papsttum ihnen geraubt, sie fordern's zurück. Alte Schranken sinken nieder. Es kommt eine neue Zeit, und ihre Losung lautet: Befreiung vom Wapsttnml II. Länder. Eine höchst bemerkenswerte Bewegung hat vor allem seit kurzem einen Teil der römisch-katholischen Geistlichkeit Lrankrei^s ergriffen.