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guten, lieben Augen in die ihren, daß ihr so wohl um's Herz wurde. August ging leise hinan« und hielt vor der Thüre Wache. „Frieda, mein süße«, einziges Lieb, Du bist so blaß, willst Du cs mir nicht sagen?* er flehte so innig, so schmeichelnd. Sie entzog die Hand ihm nicht leise, ganz leise und zagend sagte sie: „Ro bert, heißt Deine Schwester Grete?" Ihre Augen waren auf seine Lippen ge richtet und durch ihren Körper ging ein Beben, der Puls flog. Robert Wartenberg erfaßte außerordent lich schnell, doch in diesem Dunkel sah er keinen Zusammenhang. „Meine Schwester heißt Grete, antwor tete er schnell, da sie ihn so flehentlich an blickte. — Ein wetßgelbe« Papier lugte aus ihrer Tasche hervor, ahnungsvoll erfaßte es Ro bert mit Hast und warf einen Blick ans seiner Schwester Schreiben, er stieß einen unartikulierten Laut hervor. „Das war'ü, was Dich so erregte," rief er in leidenschaftlichem Tone, meine Frieda, komme zu Dir, sich, beim Leben meiner guten Eltern, nur Dich, mein Glück und meine Freude, lieb ich, nur Dich allein." Er hatte sich aufgerichtet, sie in seine Arme genommen und bedeckte ihr Antlitz mit Küssen. Die Farbe lehrte in ihren Waügen zurück und sie lächelte ihn schon wieder an; ihre Händchen griffen in sein Haar und sie zog seinen Kopf wieder an den ihren. Das Zittern ihres Körpers hörte auf, doch die Erregung war zu mächtig gewesen, sie sank in den Stuhl zurück, ein seliges Lächeln lag auf ihrem Gesicht. Oh, — sic verstand sich selber nicht — wie hatte sie nur dem Gedanken Naum geben, an ihm zweifeln können. Tausendmal wollte sie es wieder gut machen. Sie hatte sich so weit gefaßt, daß dem bald darauf cintretenden Max nur ihre Bläffe aufsiel und er besorgt fragte, ob sie sich nicht ganz wohl fühle, was ihr fehle. Als sic dann fast in dem alten fröhlichen Tone meinte, die Seeluft, ob er nicht Seeluft schassen könne, fragte er scherzend, ob's nicht ein Seemannslied thäte, damit könne er dienen. Bald war alles versammelt, Robert hatte August bei Seite genommen und instruiert, dann hatte man dem Hirschberger Frühstück alle Ehre angethan und die Reise nach Warmbrunn zu per Wagen fortgesetzt. Frieda sprach wenig, aber der gute Burgunder beim Frühstück hatte ihr wohlgethan und sie hatte ihr Gleichgewicht wieder gewonnen. Man passierte kleine Dorfschaften und erreichte gegen Mittag das Bad. Frau Gebauer freute sich über die hüb schen, reinlichen Wege, das frische Grün in der Kurpromenade, die schöne Luft und die Aussicht auf die nahen, doch in Nebel ge hüllten Bergkuppen. Das Vergnttgungskomitce trat zusammen, und es wurde beschloßen, am nächsten Tage eine Tour nach der Burg Kynast zu machen, bekannt durch die schauerliche Mär von der grausamen Burgherrin Kunigunde mit den Rittern, die auf der schrecklichen Höhe die Burgmauern umreiten sollten, um die Herrin zu gewinnen. Martin und August beantragten, über Josephinenthal und all' den Bauden weiter nach dem hohen Rad Sturmhaube und Schncckoppe zn gehen, aber mit Rücksicht auf die Frau Gebauer als Oppositionspartei ließen die Antragsteller den Plan fallen und man versprach sich einen angenehmen Auf enthalt im Bade selbst. August war tu einiger Aufregung, es kitzelte ihn in allen Gliedern, seinem Mut willen an Martin auf Kosten Frieda'« ein wenig die Zügel schießen zu laßen. „Ich möchte meinen Freund Martin doch gar zu gerne ein bischen auf den Leim füh ren, wenn ich nur wüßte, wie ich e« an fange, — und seine Stirne zog sich kraus und legte sich in Falten — ja, wenn ich Maxen in's Geheimnis ziehen könnte, der wüßte schon Nat, aber nein, ich bin Robert diese Rücksicht schuldig," und er versank wieder in tiefes Brüten. Plötzlich hörte er eine bekannte weiche Stimme neben sich sagen: „Herr Flamberg, ich bin Ihnen noch meinen Dank für Ihre freundliche Hülfe heute Morgen schuldig," er hatte sie nicht eintreten hören, sie sprach verschämt lächeltid, „haben Sic nochmals vielen Dank." „Bitte Fräulein," sagte August auf's Angenehmste berührt, „ich bin sehr erfreut, daß — Sie in Herrn Wartenberg einen Doktor gcfnndcn, der Sie so schnell kurierte." DerScherz warmehr gutmütig als fein, Sie hatte ihn ja auch richtig beurteilt, er war noch ein bischen Naturmensch. „Fräulein Gebauer, bitte geben Sie mir Ihre Hand darauf, daß Sie mir nicht übel nehmen, was ich Ihnen sage." Er rang sichtlich mit einem Entschluß, sie mußte lächeln. „Ist es denn gar so etwas Schlim mes?" fragte sie. „Oh, nein, nein" — und es drängte ihn, es mußte heraus — „Fräulein, wißen Sie, warum ich hier so sitze und grüble, grab' wie Faust im ersten Akt? Ich wollte, ich möchte — Freund Martin — Sie wißen doch Martin Bolten, — er — aber Fräu lein, Sie nehmen's mir doch nicht übel" — er sprach in seiner Verlegenheit so drollig, daß Frieda übermütig herzhaft lachen mußte — „er sähe für sein Leben gerne ein wenig Gegenliebe bei Ihnen, wie machen wtr'S, um unsern Possen an ihm zu haben?" vollendete August schnell. Es war heraus, Frieda lachte noch immer. „Ja, Herr Flamberg, das muß ich wohl Ihrem Scharfsinn überlaßen." „Bitte, bitte, Fräulein, geben Sie mir einen Nat!" „Nun, sagen Sie ihm doch, er solle mor gen vor meinen Augen um die Mauern des Kynast reiten." Frieda kämpfte nur mit Mühe die immer wieder aufsteigende Lachlust nieder. „Na, Martin, wenn Du es nicht glauben willst, Du hast allein den Schaden," und August'S Hand legte sich gewichtig auf des Anderen Schulter; mit seinen hübschen, blauen Augen machte er Versuche, den Anderen zu durchbohren." „Ach, laß mich," sagte Martin, scheinbar gelangweilt, in der That fing er an, sich für diese sonderbare Sache zu interessieren. Er kannte diesen Flamberg wohl mit seinen Schelmenstreichen und sah in ihm seinen, d. h. des gezierten Salonmenschen, natür lichen Gegner. Als ihn vor einer Viertelstunde Flam berg unter vier Augen zu sprechen wünschte, es handele sich um etwas sehr Interessantes und Dringliches, wie er sagte, hatte er das Gefühl, er thäte am Besten, sich dieser Auf forderung gegenüber ablehnend zu verhalten; doch August sing die Sache raffiniert an, er spielte den Gleichgültigen und damit täuschte er den Anderen — er war neu gierig geworden, und jetzt saßen sic Im Gar ten und hielten Zwiesprache. „Na, Martin, nun höre mal, ich will Dir d e ganze Geschichte erzählen. Als ich heute morgen nach unten in das Hirschberger Hotelzimmer ging, war Fräulein Gebauer allein da und schien sehr unwohl; ich holte Wasser, öffnete die Fenster, um frische Luft hereiuzulaffen, wollte eigenhändig, d. h. mit eigenen Füßen den Doktor rufen — um kurz zu sein, das Fräulein erholte sich bald von ihrem momentanen Unwohlsein und fühlte sich nun zu Dank gegen mich ver pflichtet; wir kamen uns auf diese Weise näher, wie cs sonst wohl in vielen Tagen nicht geschehen wäre. Ich brachte das Ge spräch auf unsere Gesellschaft und da musste ich — ich sag' das unverhohlen zu meinem Schmerze — bemerken, daß sie von Dir mehr als von irgend einem Anderen sprach, sich einmal sogar bis zu dem Ausdruck „lie benswürdig" verstieg. Darauf sagte ich ihr denn mit meiner bekannten Unverfrorenheit in größter Gemütsruhe: „Nun, Fräulein, halb besitzt uztser Herr Volten ja Ihr Herz, wie wird er'« denn anzufangen haben, um es ganz zu verlangen — unterbrich mich nicht, hör' weiter. Sie wurde dann sehr verschämt und unwillig, wollte fortlaufcn, ich redete ihr zu, um sie zu beruhigen, alles vergebens, sie wollte nichts mehr von mir wißen, da murmelte ich so halblaut vor mich hin „dann wird also Bolten schon nichts übng bleiben, als Dora Schlüter in Wandsbeck zu hei raten" — das wirkte. Sie drehte sich um und nahm die Verhandlungen wieder auf — das Internstem nahm seinen Fortgang. Die Sache ist nun die: sie scheint mir einen starken Beweis für Deine Liebe zu fordern, sie scheint viel überspannte Romane gelesen zu haben, die nicht ohne Wirkung geblieben. Ein liebenswürdiger Mann müße nicht blo« auf dem Parquetboden der Held sein, son dern auch anderswo zeigen, daß er ein ganzer Mann, kurz sie werde keinem die Hand reichen, der sich nicht durch Unerschrockenheit und Tapferkeit ausgezeichnet, — dies waren so ungefähr ihre Worte, dann spielte sie auf den Kynast an, das wäre ja die beste Ge legenheit zu zeigen, wer man wäre uud, da die Liebe heute nicht minder groß zu sein behaupte, als zu unserer Altvordern Zeiten, so müße man auch dasselbe wagen können. Gelänge der Ritt um die Mauern nicht, so wär's doch sicherlich bcßer tot sein, als ohne das, was man liebt, ferner zu leben. (Schluß folgt.) Eisberge vor Neufundland. An der Küste Neufundlands trifft inan zu jeder Zeit große Eisberge an. ES ist das «in prachlvollev Schauspiel, zumal, wenn ein Nordlicht am Himmel zu sehen, was in dieser arktischen Zone sehr oft vor kommt. Die See geht hoch und die Wogen brechen sich schäumend an den schwimmenden Eismassen. Großartig aber — unheimlich ist der Anblick, wenn die arltische Sonn« mit ihrem fahlen Lichte die ganze Scenerie übergießt. prost Mahlzeit! Welch' urgemütliche Stimmung liegt auf unserem Bilde nach Rudolf Jordans schönem Gemälde! Das treuherzige alte Ehepaar, dem man die lange glück liche Ehe vom Gesicht abliest, wie gut hat es ihm im Frieden seines behaglichen Heims geschmeckt! Wie traulich ist's Stübchen, während draußen der Winter seine kalten Hände auf Stadt und Land legt und der Schnee vor dem Fenster liegt! Prost Mahlzeit und möge es den biedern Alten wohl bekomme».