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Runst und Moral. Wir wollen heute prüfen, auf welche Weise die Kunst die Sittlichkeit oder den ethischen Zustand der Menschen vervollkommnet. Vervollkommnet, wohlgemerkt — nicht erzeugt. Zu erst müssen Sie sich im richtigen sittlichen Zustand befinden, sonst können Sie die Kunst nicht haben. Ist aber die Kunst einmal erworben, so erhöht und festigt ihre Rückwirkung den sittlichen Zustand, dem sie ent sproß, und insbesondere theilt sich die von ihr aus gehende Anregung anderen Gemüthern mit, die für ihre Einwirkung bereits empfänglich gemacht worden sind. Nehmen Sie, z. B., die Kunst des Singens und die schlichteste und innerhalb der Grenzen ihrer Natur vollendetste Meistersängerin, die man finden kann —