Enthält Anstreichungen und Anmerkungen Karl Mays im Text und auf den Nachsätzen, ein Verlagsprospekt (zwischen Seite XII und XIII) und auf Seite 103-108 Knickspuren als Leseanmerkung
sondern weil er wahrer zeichnet. Dürer zeichnet das, wovon er weiß, daß es da ist; Holbein jedoch nur das, was er sieht. Und wie ich Ihnen früher schon oftmals sagte, ist der wahrhaft wissenschaftliche Künstler der, der nicht nur veranschaulicht, was er sieht, sondern ehrlich eingesteht, was er nicht sieht. Man darf nicht alle Haare eines Augenlids zeichnen, nicht weil es erhaben ist, sie zu generalisieren, sondern weil man sie unmöglich sehen kann. Ein Strichmaler oder Anatomist mag die Haare zählen; wie wenige man sehen kann, zählen oder wissen nur die größten Meister: Carpaccio, Tintoretto, Reynolds und Velasquez. Dies also war die Wirkung auf dasDürer'scheSchön- Heits-Jdealund auf seine Portrait-Malerei. Was war die Wirkung auf seine künstlerische Stimmung und die Zahl seiner Werke im Vergleich zur Thätigkeit des unwissenden Holbeins? Von Dürer giebt es nur drei Portraits von großen Männern seiner Zeit, alle drei sind nicht gut, indessen er seine Seele abarbeitet, um die Hufe von Satyren, die Schweinsborsten und die entstellten Züge gemeiner Weiber und verkommener Männer zu zeichnen. Was hat hingegen der unwissende Holbein geleistet? Shakespeare und er sind es, die in Wort und Bild England's Geschichte unter Heinrich und Elisabeth unter sich vertheilen.