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ll) Wesen nur dem Eingeweihten klar ist und gelehrt wird. Im Kulte, also in der Form der Betätigung der Religion, tritt das nicht zu Tage. Diese ist für das Volk, die Lehre für die Wissenden. Die Sterne sind also nur die vornehmlichste und höchste Offenbarungsform der göttlichen Kraft — und ob diese An schauung nach dem, was unsere heutige Auffassung vom Weltall lehrt, so sehr daneben schlägt, das ist wol einiger Überlegung wert. Ganz klar spricht sich diese Auffassung aus in der Er klärung einer astronomischen Tafel. Diese sagt vom Planeten JuPPiter, d. i. dem Stern des Hauptgottes von Babylon (Mero dach, Marduk): „Wenn der JuPPiter einige Grad über dem Horizonte steht, dann ist er der Gott des Merkur, wenn er höher steht, dann ist er der des JuPPiter, wenn er kulminiert der des Mars". Der Planet JuPPiter ist und bleibt derselbe Stern, gleichviel, wo er steht: aber je nach seiner Stellung offenbart sich in ihm, wirkt in ihm eine andere göttliche Kraft, eine andere Seite der göttlichen Betätigung, gerade so wie eine andere im Wasser, in der Erde, im einzelnen Stein, Baum, Metall, Tiere, Menschen u. s. w. Darum ist für den Babylonier die Wissenschaft von den Sternen, die Astronomie, die Wissenschaft der Wissenschaften, sie zeigt ihm den göttlichen Willen, und sie lehrt ihn, wie sich dieser überall sonst in der Natur offenbart. Der Sternenhimmel ist das große Buch, in dem die Geschichten von Himmel und Erde und allem, was auf dieser ist, verzeichnet sind, und aus dem man sie ablesen kann. Man wird jetzt verstehen, daß es kein Zufall gewesen ist, wenn die Babylonier die Lehrmeister der Menschheit in der Aitro^ nomie,gewesen sind. Diese Weltauffassung war eben Astronomie, und nur aus ihr heraus konnte eine Astronomie geschaffen wer den, wie auch die neue Auffassung des Weltalls von der Astro nomie ausgegangen ist. Daneben begreift man aber jetzt auch, wie es kam, daß die Schwester der Astronomie, die Astrologie, sich derselben Wert- 2*