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172 hielten sich über Kunst, Musik und Poesie, plauderten von den Leuten, die sic kannten — und überall verstanden sic sich. Als einst daS Gespräch auf Rodney kam, ergoß sich über ihn Selüna in eine Fluth von Lobsprüchen. Sein herrliches Aeußere, seine Liebenswürdigkeit im Umgänge, kurz jedes seiner Worte, jede seiner Bewegungen schilderte sie mit den glänzendsten Farben einer leidenschaftlichen Begeisterung. — „Wie glücklich bist du, liebe Alerandra," sagte sic im Lauft dcs Gesprächcs; ,,wic glücklich muß dich die Hoffnung machen, diesen schönen, edlen, großherzigen Mann bald den Deinen nennen zu können? Und ich Arme, — welche Zukunft steht mir bevor! in dem Harem eines rauhen, hochmüthigen Pascha's werde ich meine Tage hinschleppcn müssen — lieblos, ungelicbt." „Arme Sclima!" flüsterte Alerandra, beinahe unbewußt, dann aber fuhr sie tröstend fort: „Hältst du eS für möglich, daß sich kein Mann Vorstände, der deinen Werth zu schätzen wüßte? ich glaube, daß selbst der roheste Tyrann von deinen Reizen und von deinem Geiste bezähmt und hingerissen werden müsse." — „Ich danke dir, liebe Alerandra, du bist so gut und findest so viel Liebenswürdiges in mir armen Mädchen . . . ." — „Aber Selima," lachte die andere; „ein wenig mehr Selbstvertrauen mußt du doch haben; man muß den Männern zu imponircn wissen, sonst dünken sic sich gar zu schr übcrlcgcn." Nun nahm das Gcspräch cinc hcitcrcrc Wcndung. — „Sagc mir, licbc Sclima, abcr aufrichtig," sagte Alerandra schelmisch, „Hal dein Herz noch für Niemanden ge-