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Wrede nicht ans ihr selbst geschöpft haben, da, wie gesagt, er nicht im Stande war, sic zu lesen. Wenn er uns nun eine himyarischc Inschrift aus dem Inner» Hadhramauts bringt und behauptet, er habe dieselbe in einem Orte Namens „Dbnc" gesunden, und die Orien talistcn auf derselbe» später den Namcn ,/Obnc" wirklich deutlich lesen, so gehört viel böser Wille dazu an der Anthcnticität des Fund orts zu zweifeln. Weil» aber Wrede dcu Namen ,/Obne" nicht aus der Inschrift schöpfte, woher sollte er ihn entnolmucn haben? Etwa aus früher» Reisewcrken? Kein einziges kennt diesen Namen. ,/Obne" war vor Wrede in Europa ganz unbekannt. Es bleibt also nichts anznnehmcu, als daß Wrede selbst in ,/Obne" gewesen sein muß. Auch uoch andere Umstände lassen die Vermuthung, daß Wrede seine ganze Reise nur erdichtet habe, im höchsten Nrade unwahrschein lich, wenn nicht paradox erscheinen. Wie ist es denkbar, daß ein Reisender ein ganzes System von Wädiy'S (Flußthälern), von EK birgen, Hochebenen, daß er über 100 Namcn von Ortschaften erfinden konnte, und daß diese Erfindungen vollkommen mit den Berichten der Einheimischen übereinstimmcn, welche Fresnel ein Jahr später sam melte? Ferner war Wrede nicht gelehrter Etymologist, er verstand sich nnr schlecht auf die Ableitung arabischer Namcn, und dennoch passen die 'Namen der von ihm genannten Ortschaften in vielen Fällen genau auf deu vvu ihm geschilderten topographischen Eharakter jener Oertlichkcitcn! Wäre dies Alles erfunden, so Müßten wir dein Rei senden übernatürliche Divinationsgabc zuschrcibcn. beider giebt es auch in der neuern touristischen Literatur so- gcuanutc fabricirtc Reiscbcschrcibuugcn, d. h. völlig erdichtete Schil derungen von Ländern, in die der Autor nie einen Fuß gesetzt hat. Aber diese Machwerke tragen einen ganz andern Stempel, als die Wrcdc'schc Rcisebcschrcibung. Handeln diese Büchcrfabrikanten von noch uncntdcckten Länderü, so bestreben sic sich vor allen Dingen das geographische Element in den Hintergrund zu drängen nnd unter einem Schwulst vou weitläufige«, oft romanhaften Detailerzählungen zu er drücken. So erreichen sic den Zweck, ein dickes Buch zu liefern,