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66 Die Besessenheit. Gebetbuch legte, in diesem eine tiefe Brandspur hinterließ und ihn van da an lauge Zeit beunruhigte. Ein gebildeter Mann, mittleren Alters, in einem österr. Lande, Italiener, aber der deutschen Sprache mächtig, mit Vorliebe philoso phischen nnd theologischen Studien ergeben, schrieb mir im Juni 1879, er zweifle manchmal höchst nugern an einer weisen Lenkung des irdischen Schicksals. Seit 10 Jahren von einem bösen Geiste ge plagt, veranlaßten ihn gewisse Erinnerungen aus frühester Jugend zur Annahme, daß dieses Wesen eigentlich von jeher in seiner Nähe weilte, obschon er erst seit 10 Jahren davon wisse. Ein befreundeter Militärarzt, eifriger Spiritist, habe ihm öfters von seinen zahlreichen Erfahrungen erzählt, er aber darüber nur skeptisch gelächelt, worauf ihm jeuer gerathen, er solle im Geiste etwa einen Verstorbenen aus seiner Familie anrufeu und von ihm ein Diktat verlangen, dadurch könne er sich von der Thatsächlichkeit der spiritistischen Phänomene überzeugen. Sein Unstern wollte, daß er diesen Rath befolgte, er rief eine geliebte Schwester und es stellte sich ein Wesen ein, das seine Hand bewegte und durch sie schrieb, aber anstatt vernünftiger Antworten, die er erwartet, unendlich viel Späße, Widersprüche, ordinäre Lügen in verschiedenen Sprachen. Von der Sache keineswegs erbaut, habe er daS Schreiben unterlassen, aber der Geist fuhr fort, sich mit ihm zu beschäftige». Es begauneu, besonders zur Nachtzeit physische Einwirkungen auf seinen Kopf und umgebende Gegenstände und das daure, wenn auch nicht immer mit gleicher Intensität, nun 10 Jahre. Schreckhafte oder unreine Träume, manchmal wechselnd mit poetischen oder religiösen, unsanfte oder unsaubere Berührungen aller Art, heftige Erschütterungen innerer Körpertheile oder des Blutes, Lichterscheinungen, geräuschvolles Umherflattern in seinem Schlafzimmer, fortwährendes in ihn Hineiureden — seien nur einige seiner Anf- regungen. Die verschiedenen Deutungen von Freunden seien haltlos, es handle sich einfach um einen bösen Geist, der ans Grund seiner Bosheit ein besonderes Vergnügen daran finde, ihn zwecklos zn ver folgen. Erhebung des Geistes zu Gott, Werke der Wohlthätigkeit u. s. w. hätten nichts gefruchtet. — Man denkt in Fällen solcher Art natürlich immer zuerst an organische Störungen, Nervenleiden, Hallucinationen und ich gab diesem Herren, dessen Zustand au den in den „Blicken in das verborgene Leben" S. 46 beschriebenen erinnert, einige diätetische aber auch psychologische Vorschriften. — In einem zweiten Briefe versichert er, au Halluciuntioneu sei nicht zu denken, das geräuschvolle Umherkrabbelu nud Flattern an den Wänden finde auch oft in fremden Häusern und am Tage statt und er sei dann gezwungen zur Beruhigung der betreffenden Familien eine natürliche Erklärung zu erdichten. Sein" fester entschiedener Wille zur Zurück weisung jenes Wesens und seiner Einwirknng habe bis jetzt nicht daS