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56 Halden und Trümmerkaaren aufragen. Vor allem fällt uns der stolze, mächtige, 3123m, hohe Felsthurm des Crozzon di Brenta zur Rechten auf, hinter welchem, durch das Eis der steilen Vedretta di Crozzon ge schieden, sich firnübergossen die Königin der Gruppe, die lange Zeit für unersteiglich angesehene Cima Tosa, 1) 3176 m, erhebt. Erschrecklich jäh stürzen auch ihre Wände zur Tiefe ab! Ihr reiht sich das schöne Prisma der C. Margherita, 2891 m, und die Brenta bassa, 2808 m, an. Nun klafft die Scharte tief hinab, ganz unten nur 21 m breit. Jenseits der selben erhebt sich die Brenta alta, 2967 m, der Torre, der Obelisk des Campanile di Massodi, es folgen die phantastischen Zacken und Spitzen der F u 1 m i n i, 3024 m, dann steigt schnee- und eisgekrönt die Cima Brenta, 3155 m, auf, von welcher hoch oben die Gletscherzunge in die Valle Sinella herunter hängt. Steil stürzen ihre Eisfelder zur BoccaTuckett, 2656 m, als Vedretta di Brenta, hinab. Wiederum folgen bizarre Zinnen und Basteien, welche aus den Firn feldern sich erheben: die spitze Zacke der C. Sella, 2856 m, mit der schneegebänderten C. Falkner, 2989m, und, von ihr durch einen tiefen firnerfüllten Einschnitt getrennt, der abgestumpfte Kegel der C. Marie Valerie, 2897 m, (C. Groste), welche sich zum weiten Karenfeld des Groste-Passes, 2561 m, hin unter senkt! Wer vermöchte all die märchenhafte Pracht dieser, bei untergehender Sonne roth aufflammenden, gletscherübergossenen Schroffen, Zinnen und Thürme *) Compton bemerkt: „Tosa kann auf den kahlen Scheitel des Berges bezogen werden, oder man kann im poetischen Sinne darunter die „Jungfrau“ verstehen.“ „La tose“ heissen auch die kahlen in die Val d’Agola abstiirzenden Felswände, welche von der den Gletscher tragenden Spitze nach Südwesten abzweigen. Im Venetianisehen wird „toso“, unbehaart, geschoren, auch in der Bedeutung „Kind“ gebraucht; so heisst aber auch das „halb erwachsene Mädchen, die Jungfrau“. Wir haben also, wie in der Schweiz, auch in unsern Bergen eine Jungfrau.