Volltext Seite (XML)
Weiss- und Rothtanne, sowie auch der Lärche ge ¬ wonnene Holz wird schon im Thale, durch die zahl reiche Arbeiter beschäftigenden Sägemühlen, zu Bau holz hergerichtet und zum grössten Theil über den Gardasee nach Oberitalien verfrachtet. Dass dieser Gewinn aus dem Walde und die Her ¬ richtung und Abfuhr des Holzes die zahlreiche, sonst nur Viehzucht treibende Bevölkerung — das Boden ergebnis der Thalsohle und Lehne fällt seiner Menge nach kaum in Betracht, — nicht nähren kann, ist einzusehen und so kommt es, dass die Auswanderung über das grosse Wasser, besonders nach Südamerika, bedeutend ist. Sie beträgt im Durchschnitt den dritten Theil der männlichen und den vierten Theil der weiblichen Bevölkerung. Hievon ist das Wandern der Rendeneser als Messerhändler und Scheerenschleifer (arrotini), zu unterscheiden. Sie bilden hierin ein Gegenstück zu ihren östlichen Landsleuten, den Bilderhändlern aus dem Tessintheile. Wo immer man in der Fremde, sei es in Wien, München, Berlin, in St. Petersburg, Con- stantinopel, in London und sogar in New-York einem wandernden Scheerenschleifer begegnet, ... er ist sicherlich aus dem Redenathal. Noch in jungen Jahren und auch als verheirateter Mann, oft schon einige Tage nach der Hochzeit, zieht er fort und durchwan dert, abgehärtet von Haus aus, anspruchslos in seinen Lebensbedürfnissen, arbeitsam und ehrlich, die weite Welt, um den ersparten Groschen den zu Hause zu rückgelassenen Angehörigen heimzubringen. In diesem Unternehmen herrscht geradezu System, indem die Einwohner bestimmter Ortschaften nur bestimmte Länder und Städte besuchen und sich gegenseitig, nach ein bis zwei Jahren Fernbleibens, ablösen, um sich die Kundschaft zu sichern und fremdem Wettbewerb zu begegnen. Doch wer könnte es, bei den soeben angedeuteten Eigenschaften, mit einem Scheerenschleifer aus dem Redenathal aufnehmen!