6. Kapitel. Über Vorstellungen und ihre anatomisch physiologischen Grundlagen im allgemeinen. Preyer berichtet über folgenden Vorgang bei einem eben ausgeschlüpften Hühnchen: „Denn wenn ich ihm gekochtes Eiweiß, gekochte Eidotter und Hirse vorsetzte, pickte es nacheinander an allen dreien, wie nach den Eierschalenstückchen, den Sandkörnchen, den eigenen Exkrementen, den Flecken und Ritzen des Holzbodens, jedoch nur am Eigelb oft und eifrig. Als ich das letztere fortgenommen und eine Stunde nach der ersten Probe wieder hingesetzt hatte, sprang das Hühnchen gerades Wegs darauf zu und nahm davon, während es bei jener Probe nur einmal das Eiweiß gekostet und nur ein Hirsekorn verschluckt hatte, das übrige nach wie vor hartnäckig verschmähend." Das Beispiel zeigt zunächst, daß das eben geborene Hühnchen zwischen den verschiedenen Geschmacksempfindungen unterscheiden konnte. Die von den verschiedenen Dingen aus gehenden Geschmacksreize wurden als einander unähnlich empfunden, und der des Eigelbs war offenbar für das Tierchen mit besonderem Lustgefühl verknüpft. Mit der Bevorzugung des Eigelbs vollbrachte es einen Wahlakt. Denn mit dem Wesen des bloßen Reflexes wäre es nicht vereinbar, daß es am eifrigsten vom Eigelb pickte. Als das Hühnchen nun zum zweiten Mal in seinem Leben das Eigelb sah, eilte es sofort darauf zu. Hierdurch bewies es einmal, daß es die Sehempfindung des Eigelbs als eine schon dagewesene wahrnahm, daß es also über das im