10. Kapitel. Über Gefühle. Schlußbetrachtungen. Im 4. Kapitel war von den Gefühlen die Rede, welche die Sinnesempfindungen begleiten. Wir wollen uns jetzt in aller Kürze mit den Gefühlen beschäftigen, welche unserem Vor stellungsleben zugeordnet sind. Das Lustgefühl, welches ich beim Empfinden des Rosendufts habe, steht in unmittelbarer Ver bindung mit der Sinnesempfindung. Ein etwas schwächeres Lustgefühl kann schon die bloße Vorstellung einer Rose begleiten. Nicht immer sind die gleichzeitig mit den Vorstellungen auf tretenden Gefühle schwächer als solche, die in Begleitung der Sinnesempfindungen vorkommen. Die Erinnerung an eine er littene Kränkung z. B. kann noch nach Jahren die stärksten Unlustgefühle auslösen. Wie unser ganzer Besitz an Vorstellungen auf Sinnes empfindungen zurückzuführen ist, so sind auch sämtliche Gefühle von den die Sinnesempfindungen begleitenden Gefühlen ab zuleiten. Dem psychologisch geschulten Leser ist dies bekannt. Für die anderen möchte ich wenigstens an einem Beispiel die Richtigkeit der Behauptung nachzuweisen suchen. Das Wort Vaterlandsliebe z. B. bezeichnet den Gefühlston einer Summe von bestimmten Vorstellungen. Und zwar ist dieser Gefühlston ein sogenannter positiver. Diesem positiven Gefühlston ver leihen wir dadurch Ausdruck, daß wir die Vaterlandsliebe eine Tugend nennen. Wir wollen uns nun klar machen, in welcher Weise die Vaterlandsliebe ihren Ursprung in den Gefühlen bei Sinnesempfindungen hat. Alle Empfindungen, die wir bei den