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ist immer geöffnet, kein einziges hat eine Pforte. Als er in demselben war, kauerte er gelassen ganz nahe am Eingänge auf seine Fersen nieder, und zwar so, daß er frei hinaussehen, aber auch von außen gleich gut gesehen werden konnte. Der Mann war ein Mörder und hatte auf offenem Markte eben jezt erst seinen Gegner erschlagen und sich eiligst unter den geheiligten Schutz dieses Asyls begeben, denn einmal in demselben und er war unverletzlich, keine Menschengewalt selbst nicht der oberste Imam, wie ich glaube, darf ihn der heiligen Stelle ent reißen. Die ihn verfolgenden Soldaten kamen zu spät, der Flüchtige befand sich schon außer ihrem Bereiche, und obgleich sie ihn mit ausgestrekter Hand erreichen konnten, so würde doch keiner so verwegen gewesen sein, sie auch an ihn zu legen. Sv lange er hier blieb, war seine Person unverletzlich und heilig, man würde nicht einmal gewagt haben, ihn wie den'alten spartanischen König Pausanias einzumauern. Kein englischer GerichkSdiener hat wohl je mit heiligerer Scheu sich vor dem Buchstaben des Gesetzes gebeugt. Uebrigens gaben die Soldaten ihre Beute keineswegs verloren, in einiger Entfernung vom Grabe hockten sie nieder und ließen ihn nicht auS den Augen, während sie sich mit ihm unterhielten. Durch solchergestalt auf unbestimmte Zeit fortgesezte Belagerung hofften sie ihn endlich durch Hunger zum Verlassen seines Zufluchtsortes zu zwingen, er aber schien so bald noch keine Lust zur Uebergabe zu zeigen und wahrscheinlich wird eS ihm auf die eine oder die andere Art gelungen sein, sich aus dieser Geschichte mit heiler Haut zu ziehen. Einige von irgend einer Hand empfangene Unzen reichen hin, um hier den wachsamsten Argus einzuschläfern. Ich weiß übrigens nicht, welches Ende das ganze Stück nahm, weil ich vor der Entwickelung des Knotens abreiste. Der Todtschläger war auch kein gewöhnlicher Mörder, er hatte allerdings getödtet, allein aus Rache und um eine unter den Arabern noch sehr hänfig vorkommende, vererbte Fgmilien-Feindschaft zu befriedigen, die nur in dem Blute des zuletzt Ueberlebenden getilgt werden kann. Der Sok rief mich wieder zu sich, ich stieg vom Hügel herab, der ringsum von im Staube niedergeknieten Kameelen und an den Füßen gefesselten Pferden umgeben war, die nur das Ende des Marktes erwarteten, um wieder auf ihre Waidplätze heimznkehren. Sie waren mit irgend xiner Handelswaare beladen angekommen, und sollten nun mit einer andern zurückkehren, denn der meiste Verkehr geschieht hier nach altem patriarchalischem Gesetze, mittelst des Tausch handels. Es gibt zwar auch baare Münze, allein nur in sehp geringer Menze und auch diese wird, um Lie Gier Les Beamten nicht zu reizen, sorgfältig ver borgen gehalten. Ein Mann hatte seine Gartenmauer wieder frisch übertünchen lassen. „Du mußt gewaltig reich sein", sprach der Kard zu ihm und sah sich schon im Besitze von Nabolhs Erbtheil. Was wäre erst geschehen, wenn Naboth Pa- taken *) hätte sehen lassen! *) Die marokkanische Palake Ist eine Koldmünze, die ungefähr zehn Franken gilt. DaS frän kische Mort ist nur daö verdorbene arabische Bou-taka, daö so viel als Baier der Kran bedeuiei. Sonst wird die Patakc auch Bu-t'ki genannt. Lewald, AtlaS. Iv isss. 1b