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Erstes Kapitel. Bagdad, ia. April ib2o. Um der außerordentlichen Hitze, die während des Sommers in Bagdad herrscht, auSzuweichen, entschloß ich mich dieses Jahr zu einer Reise in die Gebirge von Kurdistan, wo wir Las Klima ganz anders als zu Bagdad treffen sollten*). Da Kurdistan ein in Europa wenig bekanntes Land ist und ich dort viele Eingeborue zu Freunden hatte, durch die mir mehr als eine dringende Einladung zu einem Besuche zu Theil wurde, so war mir Ließ eine erwünschte Gelegenheit, meinem unwiderstehlichen Drange, der mich in fremde Länder trieb, nachzugeben. Ich war noch unentschlossen, ob ich bei dieser Reise meinen offiziellen Charakter beibehalten sollte; hiedurch wäre meine Frau in die unangenehme Nothwendigkeil versetzt worden, sich in eine bedeckte Sänfte eiuzuschließen, und ich weibliche Sclaven so wie den ganzen Prunk eines Harems **) mit mir zu führen. Um ihr nun das Unbehagliche ihrer Lage so viel möglich zu erleichtern, ließ ich ein Reitpferd in Bereitschaft halten, LaS sic jedesmal besteigen konnte, so oft wir gewiß waren, weniger beobachtet zu werde». Eben so war es, in Betreff des öffentlichen Auf- ') Die vor ungefähr fünf Monaten hier herrschende Hitze wird schwerlich ihresgleichen auf der Welt baden. Sine» Begriff hievon mag der Umstand geben, daß die Eingcbornen vom April bis zum Oktober, während der Tagcöhipe gezwungen sind, in Oicwölben unter der Erde ihre Zuflucht zu suchen, und bei Nacht auf de» Dächern der Häuser zu schlascu, und daü die Zimmer >» dcu Häusern während dieser Zeit nicht zu bewohnen sind. Der Thermometer fieigt gewöhnlich bis tls» im Schatten einer Virandah; ich selbst habe ihn während der MittagShitze diS auf steigen sehen, nnd deS NachtS bis 11«", wenn wir gerade einen brennend heißen, Schwcfcldünste mir sich führenden, Wind hatten. D. HerauSg. Harem ist der weibliche Theil in der Familie deS Türken, und wird gebraucht, um, was den muhamcdanischen Sitten entgegen wäre, ein direktes AuSsprcchcn der Weiber- und Töchter-Namen zu vermeiden; eben so heißt Harem der Theil deS HauseS, wo die Wohnungen der Weiber sind. Der Türke ist hierin so gewissenhaft, dak er nie von seinen weiblichen Angehörigen persönlich sprechen wird, und wenn er im Falle ist, ihrer erwähnen zu müssen, lieber sagt: „Mein HauS ist krank," oder „Mein HauS läßt das Eurige grüßen." D. HerauSg.