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80 Aus allen Erdtheilen. Neuseeland macht Fortschritte. Zu Wellington sind ganz > vortreffliche Proben von Flachs (kUoriniuin tenax) ausgestellt ! worden, deren Zubereitung nichts zu wünschen übrig läßt. Alle srüheren Schwierigkeiten, die Faser durch Absonderung des grü nen Pflanzenfleijches und der holzigen Theile ganz rein herzu stellen, sind beseitigt. Es stellt sich heraus, daß dieselbe, aus diese Weise präparirt, dem Manilahanse weit vorzuziehen ist.— Der Stahlsand, welcher bei Taranaki gewonnen wird, bildet schon jetzt einen wichtigen Handelsartikel. Man gewinnt aus demselben durch ein höchst einsaches Verfahren den vorzüglichsten Stahl. Man gräbt ihn am Meeresufer und mischt ihn mit einem gleichen Quantum Thon und gewöhnlichem Seejand, wel cher viel Theile zerriebener Muscheln enthält. Aus dieser Masse verfertigt man Backsteine, die in einem Ösen gehärtet und nach her in unregelmäßige Stücke zerschlagen werden. Diese bringt man zum Schmelzen in einen Kuppelofen und gewinnt auf diese einsache Art den ausgezeichnetsten Stahl. Der Vorrath an diesem Taranakisand ist unerschöpflich. Lage und Umgegend der Stadt Meinel. 0- Die Umgegend der Stadt Memel wird in den meisten geographischen Werken als eine Sandwüste bezeichnet. Diesen Jrr- thum zu beseitigen, möge nachstehende kurze Beschreibung dienen. Memel liegt, wie ein Blick auf die Karte lehrt, am Nord ende des kurischen Hasses, da, wo der aus Szamaiten kom mende Fluß Dange (spr. Dannje) sich in dasselbe ergießt. Das Hass, das sich am Südende 7 Meilen ausdehnt, bildet an der Mündung des genannten Flusses eine etwa 1500 Schritt breite Rinne — ein Tief —, welche gegen 2000 Schritt nördlich der Stadt in die Ostsee führt. Der Stadt gegenüber liegt die kurische Nehrung, welche, in eine Steinmulde auslaufend, die genannte Rinne, die zugleich den Hafen bildet, vom Meere ab trennt. In der Nähe der Nordspitze der Nehrung liegt ein Fort, das vor acht Jahren erbauet wurde. In der Nähe dessel ben zeigt die Nehrung festen Boden und Graswuchs, auch kleine Anpflanzungen. Man hat nämlich den beim Baggern geschöpf ten Schlamm aus dem Haffe hinaufgebracht und so den Flug sand sest gemacht. Man will auf diese Weise der Versandung steuern; da dies aber große Kosten verursacht, kommt man nur sehr langsam vorwärts und mittlerweile ist der nach Süden ge legene Wald schon zum größten Theil vollständig begraben wor den. Andere Erfolge hat die Stadt Memel erzielt. Früher mündete die Dange unmittelbar in die See, bis gegen Ende des vorigen Jahrhunderts die See eine Sandbank quer vor die Mündung legte, die Spitze der Nehrung dadurch verlängerte und die jetzige Rinne bildete. Nun begann der Stadt die Gefahr zu erwachsen, daß ihr Hafen ganz versanden könne. Um derselben vorzubeugen, legte man die Molen an, welche jetzt die beiden Ränder der Rinne bis zum Ausflusse in die See begrenzen. Damals war die Gegend nördlich der Stadt in der That eine Sandwüste. In srüheren Jahrhunder ten, hatte ein dichter schöner Wald den ganzen Strand bis Nimmersatt und darüber hinaus bedeckt. Aber man hatte, wie auf der Nehrung, diesen Wald ausgeholzt und dadurch der See freies Spiel gegeben, ihren Flugsand gegen eine Meile weit ins Land zu treiben und den srüheren sruchtbaren Boden in eine Wüste zu verwandeln. Damals standen nördlich der Dange, da, wo heute ein beträchtlicher Theil der Stadt, die Neustadt und Bommelsvitte, liegt, nur elende Fifcherhütten, und alte Leute wissen noch zu erzählen, daß da, wo jetzt der herrliche Kirchhof und die schöne Lindenallee mit ihren stattlichen Gebäu- > den liegen, ein großes sumpfiges Gelände sich hinzog, das die > Dange in jedem Frühjahr überschwemmte. Bor etwa 40 Jahren fing man endlich an, der überhand nehmenden Versandung zu steuern. Es bildete sich eine Gesell schaft, die dieses schöne Werk in die Hand nahm, und der Ma gistrat steuerte bereitwillig dazu bei. Durch lange Fangzäune aus Strauchwerk, die man in dreifacher Reihe dem Seeufer ent lang zog, wurde der Flugsand abgefangen und das dahinter liegende Land mit Bäumen bepflanzt. Da der Flugsand meh rere Reihen ziemlich hoher Dünen bis ties ins Land hinein aufgeweht hatte, war dies keine leichte Arbeit. Aber alle Ge bildeten nahmen daran Theil und pflanzten jedes Jahr eine bestimmte Anzahl von Stämmchen, ein Unternehmen, das noch heutzutage in jedem Jahre ausgeführt wird. So gewann man nach einigen Jahren großer Mühe und Ausdauer einen schma len Strich jungen Ausschlags, der gegen zwei Meilen die Küste entlang geführt wurde. Namentlich hat sich ein Bürger — Riechert ist sein Name — dabei so ausgezeichnet, daß ihm der Magistrat und die Stadtverordneten mitten in seiner Schöpfung einen schönen Denkstein gesetzt haben. Andere wanderten, in jedem Herbste !urch die Plantage und pflanzten die Kreuz und Quer Nüsse, Ouitschen, Eicheln und andere Sämereien, die jetzt als junge Stämme den neuen Wald zieren. Jetzt ist der Strich über eine Viertelmeile breit, ist ein Schatten gebender schöner Wald und erfreut Jeden, der die ultima Urals Deutschlands besucht. Noch verschreibt man jährlich Sämereien und Stämm chen aus dem Harz und aus anderen Gegenden. So finden wir dort in dem Dickicht neben Birken, Fichten, Wacholder, Ebereschen, Eichen auch mächtige Büsche von Knieholz, Lärchen und einzelne Exemplare der Zirbelkiefer. Wenn man den Weg durch den Wald verfolgt, gelangt man an einen reizenden Bade ort, Försterhäuschen genannt. Hier haben die reichen Me- meler am Abhange des mit dem neuen Walde gekrönten Users seit sechs Jahren reizende Villen gebaut, um den Sommer in angenehmer und ersrischender Kühle zu verleben. Der Strich Land, welcher zwischen dem neu geschaffenen Waldstrich und dem Flußthal der Dange liegt, ist auch schon cultivirt worden und trägt Getreide, oder wird zu Viehweiden benutzt. Jetzt gehört Memel mit seiner Umgegend zu den Städten, die sich durch schöne Lage auszeichnen. — Die weiter oben S. 76 erwähnte Expedition zur Aufsuchung Livingstone's ist nun von der geographischen Gesellschaft in London organisirt worden. An der Spitze der selben steht Lieutenant Llewellyn Dawson von der könig lichen Marine, derselbe, welcher bereits im Jahre 1869 den obern Vang-tse-kiang, dessen Stromschnellen und Schluchten, unter Capitän Koppel erforschte. Beigegeben ist ihm ein Sohn des verschollenen Reisenden, Oswell Livingstone, der vor 20 Jahren in den Wüsteneien am Ngamisee geboren wurde, wie in Livingstone's erstem Reifewerke zu lesen. Noch ein Offi zier, ein Künstler und ein Dolmetscher werden ihnen beigegeben; außerdem 50 Bewaffnete und die nöthigen Träger, welche be reits Consul Kirk in Sansibar anwirbt. Die Expeditionsmit glieder verlassen London am 2. Februar im Dampfer „Abydos" und begeben sich durch den Suezcanal nach Sansibar. Sie sollen sich nur über Livingstone's Schicksal Gewißheit verschaffen, der zuletzt in Manakoso, an den Usern des großen Sees Manjema, westlich vom Tanganyika, war. Sie sollen ihn zurllckbringen, oder, wenn er todt ist, seinen Nachlaß zu retten suchen. Die Kosten der Expedition sind aus 5000 Pfd. Sterling veranschlagt. Inhalt: Unter den Laosvölkern am Mekong in Hinterindien. Mit vier Abbildungen.) tFortsetzung.) — Dr. Albert Günther über den neuen Ganoidfisch, Osratockus bVrsteri. (Mit zwei Abbildungen.) — Ein Märtyrer der Naturforjchung, David Douglas. — Die Kultur der Gewiirzbäume auf den Molukken. (Schluß.) — Die nordamerikanische Expedition zur Aufsuchung Livingstone's. — Aus allen Erdtheilen: Der Plan zu Weyprecht's und I. Payer's neuer Polarexpedition. — Am Aukonstrom in Alaska. — Die auswärtige Handelsbewegung in den Vereinigten Staaten. — Australien und die Südsee. — Lage und Umgegend der Stadt Memel. — Expedition zur Aussuchung Livingstone's. Herausgegeben von Karl Andree in Dresden. — Für die Redactivn verantwortlich: H. Vieweg in Braunschweig. Druck und Verlag von Friedrich Vieweg und Sohn in Braunschweig. Hierzu eine Beilage: Literarischer Anzeiger. Nr. 1.