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78 Aus allen Erdtheilen. sul erhalten hat. Sie sagen, er sei zwar lange hier draußen gewesen, habe aber nichts gethan. Fünfzehn Ballen Baum wollenzeug, die für ihn in Unyanyembe liegen, hat er noch nicht erhalten. — Am 20. Juni erfuhr ich in Kabuga, das drei Tage reisen von Unyanyembe liegt, Folgendes vom Scheich Emir ben Sultan: Ja, es ist ein Musungu im Lande, ein alter Mann, der vom Nyassa-See und aus dem Lande der Cazembe nach Udschidschi kam. Von hier ging er nach Ma- rungu und von dort wieder nach Udschidschi zurück. Vor etwa einem Jahre fuhr er über den Tanganyika-See und begleitete einige Araber nach dem Maniema-See. Dieser ist, wie man mir erzählt, viel größer als der Tanganyika. Neulich hat eine Karawane, die aus Ukohongo kam, die Nach richt mitgebracht, daß er gestorben sei. Ich weiß nicht, ob diese Nachricht wahr oder falsch ist. — Hier in Unyanyembe habe ich folgende Aussagen erhal ten: Er ist auf der Rückreise nach Udschidschi begriffen, vom Maniema-See her, der westlich'von Ugubba liegt. Die ser See liegt 15 Lagerplätze (Tagereisen) weit vom Tan- ganyika-See in südwestlicher Richtung." — Der Nordamerikaner schließt seinen. Bericht: „Ich nehme für ihn nach Udschidschi mit: 15 Ladungen Baumwollen zeug, 8 Ladungen Glasperlen und 12 Kisten mit Wein, Zucker, Thee, Gewürzen und allerlei kleinen Sachen, dann auch Kleider, Bücher und Zeitungen. Wenn ich in einem Monate in Udschidschi bin und ihn sehe, kehre ich um, aber, wo er auch sein möge, ich werde mein Suchen nicht aufgeben. Lebt er noch, so sollen Sie hören, was er zu sagen hatte, ist er todt, dann will ich seine Gebeine aufsuchen und sie Ihnen bringen." — Man steht, alle Aussagen der Araber stimmen darin überein, daß Livingstone mehrmals in Udschidschi gewesen sei, wohin doch so manche Araber kommen und der Verbin dung mit Sansibar nichts im Wege steht. Um so auffallen der bleibt, daß er binnen 30 Monaten auch nicht eine Zeile an die Küste hat gelangen lassen und daß, was man im Innern über ihn wußte, unbestimmt und verschwommen ist. Aus allen Erdtheilen. Der Plan zu Weyprecht's und I. Payer's neuer Polarexpedition. Wir wurden zu Anfang Januars sehr angenehm durch einen Besuch des Herrn Lieutenant Julius Payer aus Wien überrascht, und hatten mit demselben eine eingehende Bespre chung über die Polarprobleme. Es war uns gewissermaßen eine Genugthuung, zu finden, daß zwischen Herrn Payer und uns die Ansichten vollkommen übereinstimmten und eine Ver ständigung sich sehr leicht ergab. Herr Payer, ein thatkräftiger, lebhafter Mann von starker Energie des Willens, argumentirte mit großer Ruhe ohne jede sanguinische Aufwallung; er ist mit seinem Freunde Weyprecht darüber einig, daß man zwar ein ideales Ziel im Auge haben solle, aber vor allen Dingen nach dem Erreichbaren trachten müsse. Wir baten Herrn Payer um eine schriftliche Mittheilung in Betreff der neuen Polar expedition, welche von den beiden muthigen Männern für 1872 und die folgenden Jahre vorbereitet wird. Der Plan zu der selben ist in dem nachstehenden Schreiben enthalten. „Wien, 15. Januar 1872. Das Princip, jedem polemischen Kampf mit theoretischen oder persönlichen Gegnern, ja selbst mit Freunden absolut aus dem Wege zu gehen — ein Princip, welches durch die der Po larforschung so höchst schädlichen Differenzen zwischen Dr. Peter mann und Capitän Koldewey gewiß gerechtsertigt ist —, hat uns bisher bestimmt, jedem bisher in den öffentlichen Blättern für oder gegen unsere jüngste Fahrt erschienenen Artikel gegenüber ruhig und unbeirrt unsern Weg zu gehen. Es haben seit unserer Rückkehr nach beiden Richtungen die extremsten Anschauungen in wissenschaftlichen wie Tagesblättern circulirt. Wir haben sie gelesen und bei Seite gelegt, ob der Inhalt derselben für uns günstig oder ungünstig, gerecht oder ungerecht war. Fast alle diese Artikel und Erörterungen waren vor der Publication unseres Vorberichtes entstanden, also zu einer Zeit, wo den betreffenden Verfassern die Basis der Beurtheilung der eben beendeten Fahrt noch gar nicht geboten war. Wir hoffen auch serner ruhig unsern Weg zu gehen und sind der festen Ueberzeugung, daß die Wahrheit durch ihr eigenes Gewicht durchdringend muß, daß alle künstlichen Operationen für oder gegen dieselbe aus die Dauer unhaltbar sind, und richten diese Zeilen nur an Sie in Folge Ihres speciellen Wunsches, um etwas Authentisches über unser Unternehmen zu erfahren. Sie gehörten bis noch vor Kurzem zu unseren Gegnern, freilich nur aus dem Grunde, weil Sie uns für Anhänger „des offenen Polarmeeres" hielten. Es ist nicht thunlich, hier auf den Verlauf oder die wissen schaftlichen Resultate unserer Expedition zurllckzukommen; diese sind im Vorberichte der geographischen Mittheilungen von Gotha und Wien publicirt und im „Auslande" wieder abgedruckt wor den. Es wird daher genügen, hier in kurzen Zügen anzudeu ten, an was wir glauben, und wie wir zur Lösung der Polar frage künftig beizutragen hoffen. Wir sind von der Annahme eines offenen Polar meeres ebenso entfernt, wie von dem Glauben an ein erfolgreichesSchlitten-oderSchlittenbootunt er nehmen zur Erreichung des Poles, und erkennen unser Ziel in der wissenschaftlichen Erforschung des noch unbe kannten Polargebietes überhaupt. Wir hoffen in dieses noch unbekannte Gebiet leichter und erfolgreicher als auf irgend einem andern Punkte zwischen Novaja Semlja und Spitzbergen einzudringen, und zwar nicht in der sanguinischen Erwar tung eines endlos offenen Wassers. Wir bauen unsere Hoffnungen ferner nicht darauf, weil wir im letzten Jahre ein weites, bisher eiserfüllt gedachtes Meer thatjächlich offen gefun den haben, sondern wegen der über alle Erwartungen leichten Qualität des von uns im äußersten Norden angetroffenen Eises. Bevor unsere Beobachtungen reiflich geprüft sind, unterlassen wir es, auf die vermuthlichen Ursachen dieses jedensalls schiff barsten Theiles des nördlichen Eismeeres einzugehen, und be gnügen uns nur mit dem Hervorheben des Faktums. Es ist bekannt, daß der unerschrockene Capitän Mack im letzten Som mer bis 81" östl. L. vorgedrungen ist, und daß dessen Beob achtungen mit den unserigen völlig übereinstimmen. (Von 40" bis 61° östl. L. und bis säst 79" nördl. B. reichend. In ganz Norwegen wird der letzte Sommer als für die Eisschisssahrt ungewöhnlich ungünstig angesehen.) Wir basiren darauf den Plan einer großen Polar unternehmung, zu welcher wir die Mittel vorzugsweise in Oesterreich zu erlangen hoffen. Dieser Plan läßt sich kurz zu sammenfassen und lautet: a. Zweck: Die arktische Forschung überhaupt und zwar