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384 Aus allen Erdtheilen. als einmal Ketzerei sehr scharf bestraft, doch kommt dieselbe nur selten vor und die Orthodoxie braucht nicht unruhig zu sein. So schreibt das zu Rio de Janeiro erscheinende Blatt „Anglo Brazilian Times". — Wir meldeten vor einiger Zeit, daß in der sogenannten Republik Uruguay die beiden Parteien der Blancos und der Colorados endlich sich mit einander vertragen Hütten, weil keine stark genug war, um die andere zu bezwingen. Um Principien- fragen handelte es sich nicht, nur darum, wer die besoldeten Aemter inne haben solle. Nun theilen sie sich. Aber während des dritthalbjährigcn Krieges sind, nach einem Ueberschlage des „Buenos Ayres Standard", etwa 4000 Soldaten in den ver schiedenen Gefechten getödtet worden und 2000 an Krankheiten gestorben; die Zahl der Pserde im Lande hat sich um ungefähr 100,000, jene der Ochsen und Kühe um 144,000, die der Schaft um 1,140,000 vermindert. Dazu kommt, eigentlich auch für nichts und wieder nichts, eine große Menge zu Grunde gerich teten Eigenthums, eine allgemeine Demoralisation und die ver lorene Arbeitskraft von 10,000 bis 12,000 Menschen, denn so viele standen zusammengenommen auf beiden Seiten im Felde. — In Brasilien nimmt die Emancipation ihren all- mäligen Fortgang. Am 31. Januar hat der Gouverneur der Provinz Piauhy Freibriefe an nicht weniger als 1000 Sklaven vertheilt, welche zu den Domänen theils der Provinz, theils zu jenen der verwittweten Kaiserin gehörten. — Die im Besitze der Engländer befindliche Stadt Aden in Südarabien hat gegenwärtig etwa 35,000 Einwohner, die ein ungemein buntes Völkergemisch bilden. — Schwerlich herrscht in irgend einer andern großen Stadt ein so beträchtlicher Unterschied in der gegenseitigen An zahl der Geschlechter wie zu Lima in Peru. Die jüngste Zählung, von 1871, hat ergeben, daß die Ziffer der männlichen Bewohner jene der weiblichen um nicht weniger als 38,704 Köpft übersteigt. Diese Stadt, welche jetzt 160,056 Seelen zählt, hat ihre Bevölkerung binnen neun Jahren nahezu verdoppelt, und der Handel, der zum großen Theil in den Händen von Euro päern und Nordamerikanern sich befindet, gewinnt großen Auf schwung. Dem Antriebe der vielen thätigen und einflußreichen Ausländer ist es beizumessen, daß Lima gute Wasserleitungen, eine wirksame Polizei, eine prächtige Markthalle, Abzugsschleu sen und Gasbeleuchtung hat. Aber der Mangel an Frauen ist sehr empfindlich. — Die Vo lksm e nge in der australischen Colonie Queens land wächst verhältnißmäßig rasch an. Sie stellte sich 1860 auf 28,056 Köpfe und es waren nur erst 3353 Acres Land unter Anbau; 1870 betrug die Seelenzahl 115,567; in Anbau waren 52,210 Acres, und die Zahl des Rindviehs betrug 1,076,630 Häupter, jene des Wollviehs <3,168,802 in 1860) war auf 8,163,818 gestiegen; die Wollaussuhr betrug 1870 nahe an 21,000,000 Pfund (gegen 5,000,000 in 1860). Von Baum wolle sind 1,630,755 Pfund exportirt worden; der Gesammt- export von Landesproducten stellte sich auf ungefähr 2^ Mil lionen Pfd. St. Etwa 11,000 Menschen sind in den Gold feldern beschäftigt, darunter nahezu 2000 Chinesen; die Gold ausfuhr stellte sich 1868 auf 14,867,900 Francs, 1870 auf 12,238,475. — Die Eisenbahnen haben eine Länge von 331 Kilometer, die Telegraphen von 3573; letztere werden bis an die Nordkllste fortgesetzt. — Queensland ist berüchtigt, weil die aus den Inseln der Südsee angeworbenen „freien Arbeiter" in der That wie Sklaven zu betrachten sind. Bis 1870 hatten die Pflanzer etwa 3360 solcher Slldseeinsulaner eingefllhrt; viele davon sind durch Menschenraub ihrer Heimath entzogen worden. Angeblich sind 1057 auf ihre Inseln zurückgefllhrt worden. — Zu Sydney in Neusüdwales ist eine Expedition nach Neu-Guinea ausgerüstet worden, die ein klägliches Ende ge nommen hat. Eine Gesellschaft von 75 Männern, deren jeder 10 Pf. St. einzahlte, kaufte die Brigg „Maria" und fegelte nach der Redscarbai ab am 25. Januar, also in einer sehr ungünstigen Jahreszeit. „Man sagte ihnen voraus, daß sie ent weder heftige Stürme erleben oder von Fiebern heimgesucht, eventuell auch aufgefressen werden würden, und diese Prophe zeiungen sind nur allzugut eingetroffen. Zwei Tagereisen von der Küste Neu-Guineas scheiterten sie am Bramble Riff; sie suchten sich in einem Boot und auf zwei Flößen zu retten. Einige erreichten Cardwell, den neuen Hafen an der Nord kllste von Queensland, aber zwischen 30 und 40 sind, aller Wahrscheinlichkeit zufolge, ertrunken oder von Insulanern nieder gemacht worden." — Die Handelsbewegung Großbritanniens ist so kolossal geworden, daß die Engländer selbst darüber erstaunt sind. Die Ausfuhr hat in den drei ersten Monaten des Jahres 1872 sich gestellt auf den Werth von 57,884,740 Pf. St., etwa zehn Millionen Pfund Sterling mehr als in demselben Quartal 1871. Von diesem Mehr entfallen acht Millionen auf fremde Länder, zwei Millionen aus die Co lonien. — Die Einsuhr hat noch viel größere Dimensionen angenommen; sie stellte sich auf 88,146,574 Pf. St., ungefähr zwölf Millionen mehr als indem entsprechenden Quartal von 1870. Davon entfallen auf die Importe aus fremden Ländern acht, auf jene aus den britischen Besitzungen etwa sünf Millio nen. Die Exporte englischer Fabrikate nach fremden Ländern betrugen den Werth von 45,843,117 Pf.St.; die Importe von dort 69,435,418; — die Ausfuhren englischer Fabrikate nach britischen Besitzungen 12,041,587; die Importe aus letzteren 18,711,156. Die Ausfuhr nach Rußland, Frankreich und Bel gien hat sich vermindert, aber jene nach Deutschland sich in diesen drei Monaten um 7,000,000 Pf. St. ver mehrt, also um nahezu 50 Millionen Thaler! — Das britische Budget hat als Voranschlag für das Jahr 1872 an Einnahmen 71,625,000, an Ausgaben 71,313,000 Pfund Sterling. — Die Auswanderer aus Skandinavien sind bisher vorzugsweise nach den nordwestlichen Staaten Amerikas gezogen; sie siedeln sich dort gern gruppenweis an und halten ihre Volks- thümlichkeit fest. Jetzt lesen wir, daß ein Vortrab von 70 Skan- . dinaviern zu Wellington auf Neuseeland angekommen sei. Während der Fahrt von England waren an Bord die Blattern ausgebrochen, an welchen mehrere Auswanderer starben. Bisher ist Neuseeland von dieser Krankheit verschont geblieben und man hat das Schiff unter die allerstrengste Quarantäne gestellt. — Die Provinz Buenos Ayres hat, den neuesten An gaben zusolge, etwa 65,000,000 Stück Schafe. — Jn derStadt Buenos Ayres leben, einem Consulatsberichte zufolge, nahe an 60,000 Italiener. Lombardische Ackerbauer haben sich bei Rosario niedergelassen. » — Im chilenischen Bezirk Araucania sind abermals allem Anscheine nach sehr reichhaltige Silberadern entdeckt worden. — In der Präsidentschaft Bombay erscheinen gegenwär tig 59 Zeitungen und Zeitschriften in verschiedenen Sprachen der Eingeborenen. Inhalt: Im Weißen Meer und an der Dwina. II. <Mit fünf Abbildungen.) (Schluß.) — Eine Fahrt durch die Magellans-Straße. — lieber die Meteoriten. II. (Schluß.) — Aus allen Erdtheilen: Ein deutsch-amerikanisches Spottgedicht gegen den Präsidenten Grant. — Felsenthor bei der Insel Ascension. Von Dr. O. Mohnike. — Wie verbringt der Kaiser von Japan seinen Tagt — Verschiedenes. Hcrausgegeben von Karl Andree in Dresden. — Für die Redaction verantwortlich: H. Vieweg in Braunschweig. Druck und Verlag von Friedrich Vieweg und Sohn in Braunschweig. * HieM zwei Beilagen: Ankündigung, betreffend Jahrbuch des Schweizer-Alpenclubs (I. Dalp'sche Buchhandlung in Bern). Literarischer Anzeiger Nro. 3.