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382 Aus allen Erdtheilen. Ascension trennenden Meeresarin blicken konnten. Die Länge dieser geräumigen, an beiden Seiten offenen, sehr malerischen Höhle ließ sich selbst nicht annähernd schätzen. Sie erstreckt sich aber durch die ganze Breite der Felsenmasse. Weder der Ca- pitän noch einer der Steuerleute unseres Schiffes hatten dieses Thor jemals srüher bemerkt, obgleich sie wiederholentlich an Ascension vorbei gefahren waren. Freilich hatten sie sich früher niemals in einer solchen Nähe von dieser Insel befunden. Ich felbst habe in keiner der j mir bekannten Reisebeschrei bungen, worin über Ascension gesprochen wird, das Felsenthor auf Bootswain's Bird Island erwähnt gefunden. Dasselbe kommt mir aber merkwürdig genugs, vor, um seiner in dieser kurzen Notiz zu gedenken. — Wie verbringt der Kaiser von Japan seinen Tag? Die Antwort lautet: In jeder Beziehung musterhaft und preiswürdig! In das gejammte öffentliche Leben der Japaner ist be kanntlich eine mächtige Strömung aus Westen gekommen, abend ländische Ideen und Gebräuche finden mehr und mehr Gunst und auch das Privatleben wird von denselben berührt. An der Spitze der Reformer steht der altlegitime Erbkaiser, der Ab kömmling der Götter, welcher seinen Stammbaum positiv bis ins siebente Jahrhundert vor Christus hinaufführen kann, — der Mikado oder Tenno. Noch vor zwei Jahren war seine geheiligte Person unsicht bar für das Volk; der Mikado lebte innerhalb seiner Paläste. Heute dagegen zeigt sich Seine Majestät sehr ost im Publicum unverhüllt und offen; er verkehrt mit seinen Japanern und mit den Leuten aus dem Abendland in sreundlicher Weise. Schon darin liegt eine förmliche Revolution; der Abkömmling der Göt ter verschmäht es nicht mehr, Mensch zu sein wie andere Leute. Morgens um 7 Uhr steht er auf und studirt zuerst clas- sifche japanische Schriftsteller, welche der gelehrte Herr Fukuba erläutert. Nach einer Pause, etwa um 10 Uhr, studirt er Sprachen und Literatur des Abendlandes, auch Deutsch; in diesem Fach ist Herr Katoh sein Lehrer. Seine Lieblingsstudien sind Geographie, Völkerkunde und Physiologie. Nach einer abermaligen Pause empfängt er den einen oder andern Minister, der Vortrag hält. Der Kaiser nimmt an allen Verwaltungsgegenständen ein lebhaftes Interesse und geht, um sich gründlich über die Zustände im Lande zu unterrichten, in die Details ein. Diese Sitzungen nehmen täglich mehrere Stunden in Anspruch; erst nach Beendigung derselben macht der Mikado sich körperliche Bewegung, reitet oder fährt spa zieren, gewöhnlich mit einem kleinen Gefolge in den Straßen von Peddo und in den Vorstädten. Zuweilen macht er auch incognito Ausflüge, um ungestört und unerkannt beobachten zu können. Nach der Heimkehr liest er mit dem gelehrten Herrn Saito chinesische Classiker und Abends versammelt er einen Kreis wissenschaftlich gebildeter Männer, na mentlich folche, die Europa besucht haben. Auch höhere Offiziere des Landheeres und der Seewehr zieht er in diesen Kreis, da mit sie wohlthätige Anregungen erhalten. Ehemals bestanden derartige Versammlungen nur aus Männern der allerhöchsten Rangstufen, gegenwärtig kommt auf Geburt, Adel und Rang gar nichts mehr an, nur die wissenschaftliche Bildung und das Verdienst um Land und Volk wird in Betracht gezogen. Man sieht, daß der japanische Abkömmling der Götter an Cultur sich reichlich mit jedem europäischen Potentaten messen kann, von denen ohnehin keiner sich rühmen kann, Nachkomme von Götterheroen zu sein. Der Tenno ist etwas größer und schlanker gewachsen als durchschnittlich die Japaner; er trägt bis jetzt noch die landesübliche Kleidung der Samurai, Edel leute, nur sind seine Hosen nicht dunkelfarbig, sondern weiß. Wahrscheinlich wird er, gleich vielen seiner höheren Beamten, künftig auch europäische Kleidung tragen; beim Spazierengehen trägt er schon längst europäische Schuhe oder Stiefel. Früher wurde der Mikado lediglich von Hofdamen bedient, der gegenwärtige Tenno hat nur männliche Aufwartung. Er, ist ein eifriger Jünger der Wissenschaft, sein Streben ist auf Cultur und Reform gerichtet, sein Fleiß ermüdet nicht und seine Lebensweise ist einfach. Der japanifche Kaiser verdient in vollem Maße Achtung und Bewunderung. In Peddo verlau tete im Januar, daß er nach Rückkehr der großen Gesandtschaft auch seinerseits eine Reise nach Nordamerika und Europa unter nehmen werde, um persönlich zu beobachten und die Könige und Kaiser zu besuchen, mit welchen Japan Verträge abge schlossen hat. Möge dem vortrefflichen Monarchen langes Leben und un getrübtes Glück bejchieden sein. -j- * 4: — Notizen über den Affenbrotbaum. Wir theilten im laufenden Bande des „Globus" über denselben die Bemer kungen Otto Kerstens mit („ein Vegetationsbild an der Küste von Mompas"). Jetzt erhalten wir durch die Freundlichkeit des Herrn Dr. Alexander Braun eine Notiz, welche derselbe von unserm fleißigen Mitarbeiter Herrn Dr. A. Ernst in Caracas erhalten hat. Dieselbe wurde in der Gesellschaft naturforschen der Freunde in Berlin am 17. Juli 1871 mitgetheilt, also acht Monate früher, als die Mittheilung im „Globus". Dr. Ernst schreibt: „Bekanntlich haben Adanson und nach ihm De Candolle für die ^äsnoonia äiKitata eine außerordentlich lange Lebens dauer angenommen. Ein einjähriges Bäumchen sollte höchstens lf/2 Zoll dick sein, nach 80 Jahren wäre der Stammdurchmesser 2 Fuß, nach 100 Jahren 4 Fuß, nach 1000 Jahren 14 Fuß, und einem 30 Fuß dicken Stamme sollte ein Alter von mehr als 5000 Jahren zukommen. Obgleich mehrfach Zweifel gegen diese Angaben erhoben worden sind, und spätere Autoren ein geringeres Alter für diese afrikanischen Riesenbäume vindicirt haben, so fehlt es doch an einschlägigen directen Beobachtungen und Messungen, und glaube ich aus diesem Grunde, daß die nachstehende Notiz nicht ohne Interesse sein dürfte. In dem in Caracas befindlichen Garten La Vineta, den General Paez angelegt, steht eine ^.äansonia, welche der Besitzer 1832 als junge Pflanze von dem englischen Admiral Fleming erhielt. Die ser Baum ist also jetzt ungefähr 40 Jahre alt und hat dabei die nachstehenden Dimensionen: Stammumfang am Boden 23 preußifche Fuß, Stammumfang 5 Fuß über dem Boden 16 Fuß 5 Zoll, Stammumfang 10 Fuß über dem Boden am ersten Aste 12 Fuß 6 Zoll. Die Hauptachse geht nach oben spitz zu und er reicht eine Totalhöhe von 34 Fuß. Die Krone ist klein, ihr Umriß elliptisch, jo daß der größte Durchmesser des von ihr be schatteten Raumes 46 Fuß, der kleinste 30 Fuß beträgt. Der größte Ast ist gegen 16 Fuß lang und an seiner Wurzel kaum 6 Zoll dick. Die Belaubung ist nichts weniger als üppig ; da gegen sind alle Aeste und Zweige mit DiUonäsia reourvats, ^ViUä, bedeckt. Der Baum blüht alle Jahre, doch sehr spärlich. Die Früchte werden höchstens 4 Zoll lang und enthalten weder Fruchtmark noch Samen. — Da sich keine ausnahmsweise gün stigen Bedingungen sür das Wachsthum dieses Baumes aufsin- den lassen, so kann angenommen werden, daß bei anderen Stämmen ein mehr oder weniger gleiches Vegetationsverhältniß stattsindet. Nach Adanson sollte ein 40 Jahre alter Stamm etwas über 2 Fuß dick sein, doch der mittlere Durchmesser des in Rede stehenden Exemplars beträgt ungefähr 5 Fuß 3 Zoll, ein Durchmesser, für welchen der genannte Forscher mehr als ein Jahrhundert in Anspruch nimmt. Es ist demnach wohl sicher, daß die früheren Altersbestimmungen von JMneonia ungemein übertrieben sind und einer bedeutenden Reduction bedürfen. Die Zunahme an Masse ist dagegen in der That sehr groß. Berech net man den körperlichen Inhalt des untern Stammtheils nach den oben mitgetheilten Zahlen als abgekürzten Kegel, so erhält man 257,7 Kubiksuß, zu denen man noch für den obern Stamm theil, Aeste rc. so viel hinzurechnen kann, daß im Ganzen 300