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Ueber die Meteoriten. 379 neu eigentümlichen Aushöhlungen, welche an den gewöhn lichen erratischen, von dem Wellenschläge geformten Blöcken niemals angetroffen werden, beinahe modellirt nach der einen Seite des zuvor erwähnten in Braunau herabgefallenen Eisen meteoriten. Nach der Rückkehr der grönländischen Expeditionen sind mit dem Eisen selbst und dem dazu gehörenden Steine etwa 30 Analysen ausgeführt worden thcils in dem mineral-ana lytischen Laboratorium des Reichsmuseums, theils von dem berühmten Mitgliede der Akademie, Professor Wöhler in Göttingen, von Dr. Nordström und Candidat Nauckhoff. Außerdem sind bei der mineralogischen Abtheilung des Reichs museums Hunderte von Schleifproben angefertigt und sorg fältig geprüft worden. Wie gewöhnlich hat auch hier die Dctailforschung eine Menge von unerwarteten Aufklärungen geliefert, welche alle Zweifel über den wirklichen Ursprung dieser Eisenblöcke zu heben scheinen. Durch eine Analyse von Wöhler an einem in dem zuvor erwähnten Trappfelsen eingesprengten Eisenblock hat sich ge zeigt, daß dieses scheinbar metallische Eisen Eiscnoxydul oder vielleicht einen neuen Oxydationsgrad von Eisen, Eisensub oxyd, nebst Kohle enthält. In Uebereinstimmung mit den Forderungen der chemischen Gesetze, und ich brauche wohl kaum hinzuzufügen, in Uebereinstimmung mit dem Resultate directer Versuche, reducirt diese Kohle das Eisenoxydul schon bei einer gelinden Erwärmung, so daß die Kohle in Ver bindung mit dem Sauerstoff des Eisenoxyduls als Kohlen oxydgas entweicht, — ein Umstand, welcher deutlich zeigt, daß das Eisen nie einmal zu einem gelinden Rothglüheu er hitzt gewesen ist. Beim Schleifen zeigt es sich, daß das grönländische Eisen genau dieselbe innere Structur hat, wie die wirklich herab - gefallenen Meteoreisen, d. h. daß es gebildet ist von regel mäßig neben einander gelegten verschiedenen Nickeleisenlegi- rungen, zwischen denen man sparsam eingemischte, scharf be grenzte Partikeln von Schwefeleisen bemerken kann. Beim Umschmelzen bilden diese verschiedenen Eiscnlegirungen, wie jeder Bergmann bei uns vorherzusagen im Stande gewesen sein würde, eine homogene Maste, in welcher das Schwefel eisen nur mit chemischen Reagentien entdeckt werden kann. Das in die begleitende Bergmaste eingehende, stark nickel haltige Schwefeleisen ist von Nauckhoff analysirt worden, und er hat dasselbe zusammengesetzt befunden ganz so wie ein in den Meteorsteinen oft vorkommendes Mineral Troilit, nicht wie die tellurischen Mineralien Schwefelkies oder Mag netkies. Schon die ersten Schleifproben zeigten, daß die Vergärt, welche Füttern und Kugeln von metallischem Eisen enthält, sich wesentlich von dem gewöhnlichen grönländischen Basalt unterscheidet, eine Verschiedenheit, welche mehrere von Nauck hoff und Lindström ausgeführte Analysen sowie auch eine mikroskopische Untersuchung noch mehr bekräftigt haben. Es hat sich nämlich hierbei gezeigt, daß die dem Eisenblocke zu nächst befindliche in meteorsteinähnlichen Knollen abgeson derte Steinart, welche Füttern und Körner von metallischem Nickeleiscn führt, weit weniger kieselsäurehaltig ist, als der eigentliche grönländische Basalt, wogegen sie sich in ihrer Zusammensetzung den Meteorsteinen von Juvinns, Jonzac, Staunern und Petersburg in Tennessee nähert. Um fortdauernd zu behaupten, daß die bei Ovifak in Grönland gefundenen Eisenblöcke einen eruptiv-tellurischen Ursprung haben, muß man daher annehmen, daß sie durch einen wunderbaren Zufall gerade die Form erhalten haben, welche Meteorsteine charakterisirt; daß sie durch einen nicht weniger merkwürdigen Zufall gerade die Structur und die Zusammensetzung erhalten haben, welche diese kosmischen Körper von tellurischen Mineralien unterscheiden; daß es endlich gelungen ist, in einer tellurischen Bergart eine Ver bindung des Schwefels mit Eisen, Troilit genannt, zu fin den, welche nie zuvor unter den Magnet- oder Schwefelkiesen in unseren Gruben angetroffen worden ist; daß es der plu- tonischen Schule in der Geologie endlich gelungen ist, einen rein eruptiven Erzgang zu entdecken; daß den in der Physik geltenden Gesetzen zuwider ein 50,000 Pfund schwerer Eisen block aus einer geschmolzenen Masse, deren specifisches Ge wicht um die Hälfte leichter ist, als das des Eisens, empor geschwommen ist; daß, den Gesetzen der Chemie zuwider, Kohlmeisen und oxydirtes Eisen in geschmolzener Form zu sammen existiren können; daß, ebenfalls aller metallurgischen Erfahrung zuwider, sich aus der geschmolzenen Metallmasse Schwefcleisen- und verschiedenartige Phosphornickellegirungen bei der Abkühlung in einer ziemlich gleichmäßigen Mischung abgeschieden haben, — lauter Annahmen, deren Abgeschmackt heit zeigen dürfte, daß der größte bis jetzt gemachte Nickel eisenfund die Lehrsätze, welche zuvor auf diesem Felde Gel tung gehabt haben, keineswegs erschüttern wird. Wir machen im Gegentheil wahrscheinlich hier zum ersten Male nicht allein Bekanntschaft mit einem Meteoreisenfunde aus einer vergangenen (miocenen) geologischen Periode, sondern erhal ten auch zum ersten Male eine Andeutung über den rechten Bau der Eisenmeteoriten. Es sieht nämlich so aus, als ob die großen Eisenklumpen nur Theile eines großen Meteo riten gewesen sind, dessen Grundmasse von einem eukritarti- gen Silicat mit eingesprengten Kugeln und Füttern von Eisen gebildet worden ist, und künftige sorgfältige Unter suchungen an den Fundörtern von Meteoreisen, wo viele Eisenklumpen dicht an einander angetroffen worden sind, werden vielleicht zeigen, daß dieses Bindemittel, z. B. bei Tolucca und Atakama, ebenfalls nicht gefehlt hat, wenn dasselbe auch an diesen Stellen nicht gehörig beachtet worden ist. Vielleicht hat z. B. bei Atakama das gewöhnliche olivin haltige Atakama-Eisen das Bindungsmittel gebildet, womit reine Eisenklumpen von der Beschaffenheit wie das von Tschernak neulich beschriebene Atakama-Eisen zusammenge- fügt gewesen sind. Die betrübende Eigenschaft verschiedener Meteoriten aus Grönland, an der Luft zu zerfallen, deutet ebenfalls darauf hin, daß verschiedene Blöcke weit früher zerstört worden sind, als die überliegende vulcanische Asche, welche das Material zu den Basaltlagern in Grönland geliefert hat, zu erhärten Zeit hatte, und daß also, wie jeder Mineralog, der sich mit dem Studium sogenannter Pseudomorphvsen abgegeben hat, schon zuvor vorhersehen konnte, auch hier in der Länge der Zeit verschiedene Neubildungen entstanden sind, deren Er klärung ohne Zweifel nicht so schwierig ist, wie z. B. die Umbildung des Feldspaths in den Gruben von Cornwall in Zinnerz, oder die Entstehung eines ausgebildeten Pyritkry stalles in einem Märmorblocke. Zu diesen gehören vermuth- üch auch die von Nickeleisen gebildete Spaltenfüllung, welche den ersten Anlaß zu dem Zweifel an dem meteorischen Ur sprung dieses Eisens gab, und die brecciaartigen Klumpen, welche nebst den eigentlichen Eisenblöcken angetroffen werden, und augenscheinlich in Basalt- oder Meteoritgraus bestehen, zusammengefügt mit grobkrystalünischem metallischem Eisen. In chemischer Hinsicht ist das grönländische Eisen be sonders merkwürdig durch seinen Gehalt an Kohle und Koh lenwasserstoff. In der That scheinen diese Stoffe, das Er zeugniß oder die erste Bedingung des organischen Lebens, in der Zusammensetzung der Meteoriten einen hervorragenden Platz einzunehmen, und es ist jsogar möglich, daß Stoffe von dieser Zusammensetzung öfter aus dem Weltenraume 48*