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Mit besonclerer Berücksirsitigung iler Antinoxologie und EtknoloZie. Än Verbindung mit Fachmännern und Künstlern herausgegcben von Karl Andree. JuNl Monatlich 4 Nummern. Halbjährlich 3 Thlr. Einzelne Nummern, soweit der Vorrath reicht, 4 Sgr. 1872. Im Weißen Meer und an der Dwina. i. Die Einfahrt zum Weißen Meere und die Voraebirae — Der Corridor oder die Gurgel. — Gefahren der Schifffahrt. — Das Mündungsdelta der Dwina. — Der Maimaksarm — Sauet Nikolaus als Schutzpatron. — Weliki Ustjug und defsen Pro- ductenhandel. — Die Stromfahrzeuge und deren Bemannung; fromme Gebräuche. — Archangel. — Herberge für die Pilger. — Zur Kennzeichnung der Wallfahrer. — Nach dem folowetzkischen Kloster im Onegabusen. Das sogenannte Weiße Meer, welches von, nördlichen Polarkreise durchschnitten wird, bildet eine tiefe Einbuchtung des Eismeeres. Man nimmt seine Küstenausdehnung auf etwa 240 deutsche Meilen an; der Golf, wenn diese Be zeichnung erlaubt ist, hat drei größere Baien: die Kandalas- kajabucht dringt im Süden der Halbinsel Kola nach Westen hin weit ins Land; die Onegabucht, in welche der Onega fluß mündet, bildet den südlichen Theil des Weißen Meeres; die Dwinabucht den östlichen. Diese letztere, an welcher der wichtige Hafenplatz Archangel liegt, wird von Mai bis September von vielen fremden Schiffen besucht. Sie steuern um das Nordcap in südöstlicher Richtung, bis sie Kanin Noß erreichen, das Vorgebirge, welches die Nordwestspitzc der Halbinsel Kanin bildet; dort erhebt sich ein etwa 90 Fuß hoher Signalthurm. Ihm gegenüber an der Westseite, auf der sogenannten murmanskischen Küste, steht das hei lige Vorgebirge, Swiätoi Noß, als eine Landmarke. Zwischen beiden Caps ist die Einfahrt etwa 18 deutsche Meilen breit, sie führt zu dem sogenannten Corridor oder der Gurgel, welche die Straße zum innern Weißen Meere bildet. Das Land an der Westseite, die ganze Halbinsel Kola, auf welcher Lappen umherziehen, hat eine flache, einförmige Küste, die keine Einschnitte darbietet und einen imstern trau rigen Anblick gewährt. Nicht minder traurig ist die Region Globus XXI. Nr. 23. (Juni 1872.) im Osten des Weißen Meeres, die Halbinsel Kanin, eine eisige Einöde, Heimath der Samojeden, deren Zahl rasch sich vermindert und die wahrscheinlich bereits nach drei oder vier Menschenaltern völlig verschwunden sein werden. Jetzt streifen sie von der Dwinabucht nach Osten hin bis zum Obischen Golf. Das Weiße Meer hat eine beträchtliche Tiefe, die bei der Einfahrt 80 und vor der Kandalaskajabai 160 Fuß beträgt; die Küste ist jedoch nirgends steil. Der Onegagolf ist mit Felsen und Inseln gleichsam besäet; unter diesen letzteren sind allein die folowetzkischen Eilande wichtig, über welche wir weiter unten mehr sagen werden. Bor der Barre der Dwina steht ein 80 Fuß hoher Leuchtthurm, des sen Feuer jedoch in dieser so oft von Nebeln überzogenen Gegend nicht zu sehen ist. Die Dwina entsteht aus der Bereinigung des Jug mit der Suchona bei Weliki Ustjug; sie wird ein mächtiger Strom, nachdem sie etwas unterhalb dieser Stadt die Wh- tschegda ausgenommen hat, im Gouvernement Wologda. Von Mitte Octobers bis in den Mai hinein ist sie für die Schifffahrt durch Eis gesperrt, in den übrigen Monaten ist dieselbe ungemein lebhaft. Der Strom bildet an der Mündung ein Delta mit vielleicht einem halben Dutzend Armen, von welchen vier als Hauptarme gelten. Alle jedoch 45